die Förderung ...
der Heimatpflege zwischen den Heimatgebiet ansässigen und den außerhalb des Heimatgebietes lebenden Landsleuten
„Theodor Fontane“
Guben vor 100 Jahren
Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.
Im Online-Archiv der Gubener Zeitung haben wir für Sie einige Beiträge von 1901 bis 1921 zusammengestellt.
Quousque tandem? [ Wie lange noch? ]
Wie lange noch wird die Geduld der Bürgerschaft gemißbraucht werden? Den scandalösen Anblick der Steinerschen Ruine haben wir bis beste Aussicht, noch Jahre lang genießen zu dürfen. Immer neue Mittel werden ersonnen, damit diese scheußliche Verunzierung, die Guben schon zum Gespött in allen Nachbarstädten und bei allen Reisenden gemacht hat, die unsere Stadt besuchen, nur ja noch recht lange erhalten bleibt. Dem Vernehmen nach ist die Besitzerin jetzt mit der Schutzmauer nicht zufrieden, weil sie angeblich eine andere Fluchtlinie inne hat als die alte Mauer hatte. Dabei bedenke man, wer die Mauer gebaut hat, nämlich Niemand anders als die Besitzerin des Grundstücks selbst! Die Stadt hat ihr zum Bau der Mauer eine Beihilfe des Staates ausgewirkt in Höhe von 19000 Mark, die der sonst wahrlich nicht freigebige Fiskus auf Befürwortung der städtischen Behörden hergab unter der Bedingung, dass die Stadt die Garantie für eine recht sorgfältige Ausführung des Baues übernehme, den die Besitzerin selbst ausführen lassen musste, während ein staatlicher höherer Baubeamter die Oberaufsicht führte. Aus welchen Gründen die frühere Fluchtlinie nicht ganz innegehalten wurde, wissen wir nicht, vielleicht der Brücke wegen, vielleicht ist man unten auf schwer zu beseitigende Hindernisse gestoßen. Die Abweichung ist nur ganz geringfügig. Seit einem vollen Jahre ist die Mauer fertig, jetzt kommt die Besitzerin mit diesem neuen Einwand, der natürlich nur das Resultat hat, eine endliche Regelung der Angelegenheit aufs Neue ins Unabsehbare zu verschleppen. Was nach Erledigung dieses Streitpunktesausgedacht werden wird und wie lange das angenehme Spiel noch fortgesetzt werden wird, das wären wir wirklich neugierig zu wissen. Trotz des größten Entgegenkommens der städtischen Behörden sind der Stadt in dieser Angelegenheit auf Schritt und Tritt die größten Schwierigkeiten bereitet und mit einem Eifer verfochten worden, der einer besseren Sache würdig wäre, als der Erhaltung eines eingestürzten Hauses in einem Zustande, der eine gräuliche Verunzierung der Stadt bildet. Wenn die städtischen Behörden diesen Verlauf der Sache geahnt hätten, sie hätten sich bedankt, eine Garantie für den Bau der Mauer zu übernehmen; die Besitzerin wäre dann gezwungen worden, zum Schutze der Straße und der Nachbargrundstücke die Mauer aus eigenen Mitteln zu errichten. In einigen Monaten sind fünf Jahre seit dem Einsturz des Hotels verflossen, es sieht ganz so aus, als ob wir auch noch das 10 jährige Jubiläum des Bestehens der Ruine werden feiern können.

Professor Falb ist der Ansicht, daß wir einen milden Winter zu erwarten haben. Alle Anzeichen sprechen dafür. Vereinzelte kurze Kälteperioden sind selbstverständlich dabei nicht ausgeschlossen. Für die nächste Zeit verkündet Falb folgende Prognose:
1. bis 7. November. Nach dem kritischen Termin des 31. Oktober, der sich durch Regen- und Schneefälle in den Höhen bemerkbar machen dürfte, bleibt es ziemlich regnerisch. Die Temperaturen stehen allenthalben über der normalen und erreichen zuletzt eine sehr bedeutende Höhe. Schneefälle dürften kaum eintreten.
8. bis 21. November. Es wird sehr trocken. Nur um den kritischen Termin des 15. (1. Ordnung) stellen sich unbedeutende Regen ein, worauf jedoch das Wetter sofort wieder schön wird. Die Temperatur, welche zuerst meist nahe der normalen liegt, steigt zur Zeit des kritischen Termins ungewöhnlich hoch über dieselbe, fällt aber voraussichtlich bald darauf wieder. Schneefälle sind auch in diesen Tagen nicht zu erwarten. Dagegen sollen in der Zeit vom 22 bis 30. November ausgebreitete Regen, besonders in Österreich und Frankreich eintreten; in den ersten Tagen werden sich auch viele Schneefälle einstellen, an deren Stelle später Gewitterneigung tritt.
Der 30. November ist ein kritischer Termin 3. Ordnung, der auch in Deutschland stellenweise bedeutende Niederschläge bringt.
Pförten: (Der Ort mit den meisten Schankstätten.) Kürzlich ging eine Notiz durch zahlreiche Zeitungen, wonach Günburg in Bayern prozentualiter die meisten Schankstätten habe. Dem Forst. Tagebl. wird nun geschrieben. "Warum in die Ferne schweifen?" Pförten hat nach der letzten Volkszählung im Stadt- und Gutsbezirk zusammen 1089 Einwohner. Hierselbst befinden sich nicht weniger als 14 Schanklokale (Richter, Reinhard, Gattig, Scheer, Plettig, Unger, Conrad, Schulz, Märksch, Meißner, Klauke, Vogt, Rößler, Krumpelt). Mithin kommt hier schon auf je 78 Einwohner eine Schankstätte. Pförten dürfte also die Stadt sein, wo der Durst am größten ist."
Gerichtssaal Strafkammer Guben, 29.Okt. Der Arbeiter Willy B. , 1893 geboren und vorbestraft, ist wegen Widerstandes zu 14 Tagen Gefängnis und wegen groben Unfuges zu 4 Tagen Haft, der 1889 geborene Hutarbeiter Max M. aus Guben wegen versuchter Gefangenenbefreiung zu 3 Tagen Gefängnis vom hiesigen Schöffengericht verurteilt worden. Beide haben Berufung eingelegt, sie bestreiten ihre Schuld. Am 4. Juni abends während einer Vorstellung in der Arena auf dem Lubstplatz hat B. eine trockene Birke am Boden herumgeschleppt und durch den aufgewirbelten Staub das Publikum belästigt; als er dies auf Aufforderung nicht unterließ, wurde er verhaftet. M. suchte ihn zu befreien. Der Verteidiger tritt für Freisprechung des M. ein, dessen Schuld nicht sicher erwiesen sei. Die Berufungen werden verworfen, die des M. mit der Maßgabe, daß er wegen Beihilfe zur Gefangenenbefreiung zu 20 M Geldstrafe verurteilt wird.
Vom hiesigen Schöffengericht ist die Arbeiterfrau Marta B. aus Guben wegen gefährlicher Körperverletzung zu 20 M Geldstrafe oder 5 Tagen Gefängnis verurteilt worden. Sie wohnte mit der Frau N. in der Canigerstraße zusammen auf einem Flur und geriet mit ihr am 15. Juni in Streit, der in Tätlichkeiten ausartete und von beiden mit Schrubbern ausgefochten wurde. Die Angeklagte hat Berufung eingelegt, will von Frau N. gereizt und zuerst geschlagen worden sein. Nach Vernehmung von 12 Zeugen wird die Berufung verworfen.
Meisterprüfung. Seine Prüfung als Elektrotechnikermeister hat der Elektrotechniker K. Strattner hier, Pestalozzistraße 9 vor der Handwerkskammer in Frankfurt a. O. bestanden.

Unfall. Gestern abend gegen 8:30 Uhr ereignete sich an der Neißebrücke ein Unfall. Der Fuhrwerksbesitzer Karl Hoffmann, Schögelnerstraße 17, überfuhr, anscheinend im schnellen Tempo, die Gleise der Straßenbahn, um in die Straße Am Damm einzubiegen. Es brach das linke Hinterrad und beim Ueberkippen des Wagens wurde H. heruntergeschleudert. Er erlitt schwere Kopfverletzungen, die das Herbeirufen der Sanitätsmannschaften der Feuerwehr zur Hilfeleistung erforderte. Der Verunglückte wurde in das städt. Krankenhaus geschafft.
Vorsicht Kartoffelschwindler.
Von der Kriminalpolizei wurden die Kartoffelankäufer Lehmann und Jeske festgenommen. Letzterer wurde nach der Aufklärung der Angelegenheit dem Untersuchungsgefängnis zugeführt. J. hatte vom Kreiskommunalverband Jülich und auch von einem Herrn Sch. aus Jülich Auftrag erhalten, Kartoffeln aufzukaufen. Zu diesem Zwecke bekam er zusammen 25000 M Vorschüsse. Das Geld hat er mit Lehmann, den er als seinen Bruder vorstellte, verbraucht, ohne auch nur einen Zentner Kartoffeln gekauft zu haben. Ein dritter noch zu ermittelnder Aufkäufer ist mit 18000 M verschwunden.