die Förderung ...
der Heimatpflege zwischen den Heimatgebiet ansässigen und den außerhalb des Heimatgebietes lebenden Landsleuten
„Theodor Fontane“
Guben vor 100 Jahren
Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.
Im Online-Archiv der Gubener Zeitung haben wir für Sie einige Beiträge von 1901 bis 1921 zusammengestellt.
Dem deutschen Städtetage ist jetzt auch die Stadt Guben beigetreten.
Durch einen schrecklichen Unglücksfall ist eine hochangesehene Familie unserer Stadt in tiefe Trauer versetzt worden, haben hunderte von Arbeitern einen menschenfreundlichen Arbeitgeber, unzählige Arme ihren Wohltäter verloren, ist unsere Stadt eines ihrer edelsten und besten Bürger beraubt worden. Herr Geh. Kommerzienrat Fr. Wilke ist heute morgen, als er bei dem alle Morgen von ihm unternommenen Spaziergange das Gleis an der Eisenbahnbrücke am Turnplatz überschreiten wollte, von dem 7 Uhr 17 Min. nach Breslau abfahrenden Zuge überfahren und getötet worden und hat so ein tragisches Ende gefunden, während jeder, der den im 80. Lebensjahr stehenden Herrn gekannt hat, ihm ein ruhiges, harmonisches Ausklingen seines reichgesegneten Lebens gewünscht hat. [Es folgt eine umfangreiche Aufstellung der Verdienste von Fr. Wilke]… Die Stelle, an der der Unfall sich ereignete, ist ein sehr gefährlicher Punkt. Statt einer Barriere ist ein einfaches hölzernes Drehkreuz angebracht, das natürlich niemanden am Überschreiten des Bahngeleises hindert. Besonders gefährlich ist es, wenn sich zwei Züge kreuzen… Herr Geh. Kommerzienrat Wilke, dessen Sehschärfe nicht mehr die beste war und der sich außerdem bei dem scharfen Ostwinde den Kragen hochgeklappt hatte, sodaß auch sein Gehör beeinträchtigt war, betrat ahnungslos das Gleis; der Lokomotivführer bemerkte ihn erst mitten im Gleise, als die Maschine nur noch eine ganz kurze Strecke von ihm entfernt war; er ließ schrille Pfiffe ertönen, doch zu spät, schon hatte die Lokomotive den alten Herrn erfasst und weit fortgeschleudert.. Durch die Räder wurde ihm der Hinterkopf zermalmt. Er muß sofort tot gewesen sein. Die Kunde von dem schrecklichen Unfall verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt, und Zahllose strömten hinaus nach der Unfallstelle. Die Polizei ließ den Leichnam bald fortschaffen.
Ein Automobilunfall ereignete sich in unserer Stadt in der Nacht zum Mittwoch. Ein Automobil des Maschinenhändlers B. hierselbst, in dem sich fünf Personen, sämtlich Gubener, befanden, fuhr den Bahnhofsberg herab nach der Berliner Straße zu. Plötzlich riß der Chauffeur das Automobil, das eine Geschwindigkeit von 70 Kilometer hatte, nach rechts herum, dabei überschlug es sich zweimal, sämtliche Insassen weit hinausschleudernd. Einer von ihnen kam unter das Auto zu liegen. Wunderbarer Weise kamen alle mit schmerzhaften Hautabschürfungen, Verstauchungen und sonstigen geringfügigen Verletzungen davon, gefährlich verwundet wurde niemand. Das Auto wurde ziemlich stark beschädigt. Der Chauffeur hatte erst vor kurzem die Führung eines Autos erlernt und besaß noch keinen Fahrschein, hatte aber doch schon mehrere Wochen selbständig gefahren. Der Unfall ist lediglich auf den Versuch, die Kurve bei so hoher Geschwindigkeit zu nehmen, zurückzuführen.
Säuglings - und Kleinkinderschutz
Unsere Kaisertochter, die Herzogin Victoria Luise zu Braunschweig – Lüneburg, hat die Anregung zu einem für die Entwicklung des deutschen Säuglings - und Kleinkinderschutzes hoch bedeutsamen Unternehmens, das am Geburtstage J.M. der Kaiserin und Königin, der unermüdlichen Schutzherrin für Deutschlands Kinderwelt, ins Leben gerufen wird, gegeben und sich gleichzeitig durch Uebernahme des Protektorates die Spitze desselben gestellt.
Lehrt auch die Geschichte der Fürsorgebestrebungen für den Säugling, daß wir im letzten Jahrzehnt ein rühriges Vorwärtsgehen auf diesem Gebiete zu verzeichnen haben, so darf andererseits nicht übersehen werden, daß sich die Bestrebungen des Säuglingsschutzes nicht gleichmäßig über das ganze Deutsche Reich verteilen, sondern das mancherorts nur Unzureichendes oder sogar nichts geschieht. Das gilt für den Kleinkinderschutz noch mehr als für den Säuglingsschutz. Und gerade der Kriegszustand hat gezeigt, daß nicht alle vorhandenen Organisationen so festgefügt sind, den durch den Notstand bedingten Belastungsproben standzuhalten. So soll dieser Krieg im deutschen Volke die Entschlossenheit zeitigen, unseren Säuglings - und Kleinkinderschutz auf eine so feste Grundlage zu stellen, daß keine Katastrophe mehr imstande ist, die Erhaltung und das Gedeihen unseres Nachwuchses ungünstig zu beeinflussen. Die bisher im Deutschen Reiche vorhandenen Bestrebungen und Einrichtungen zum Schutze des Säuglings und Kleinkindes müssen weiter ausgebaut, in den Bundesstaaten und preußischen Provinzen, in denen entsprechende Einrichtungen noch nicht bestehen, müssen solche geschaffen werden. In jede kleinste Gemeinde muss der Gedanke, dass die Erhaltung unserer Kinder oberstes Gebot ist, hineingetragen, muss die Aufklärung über zweckmäßige Aufziehung der Kinder gefördert werden. Der Gedanke des Säuglings - und Kleinkinderschutzes muß im ganzen deutschen Volke Boden fassen. Zur Ausführung dieser für das deutsche Volk eine nationale Notwendigkeit bedeutenden Bestrebungen bedarf es großer Mittel. Wenn auch die heutige Zeit an die Opferwilligkeit des einzelnen die weitgehendsten Anforderungen stellt, so ist kein Zweifel, daß das deutsche Volk in dieser schweren Zeit auch für seinen Nachwuchs zu sorgen gewillt ist. Denn niemand kann sich mehr der Tatsache verschließen, daß in unserer Jugend unsere Zukunft liegt, daß das wertvollste Kapital des Staates das einzelne Menschenleben ist.
Ueber die Einzelheiten der Organisation von Deutschlands Spende für Säuglings – und Kleinkinderschutz werden in nächster Zeit weitere Mitteilungen gemacht werden. Möge jeder Deutsche bei diesem Werke mithelfen, bei der Erreichung des großen Zieles, daß unsere Jüngsten bewahrt vor allen Schädigungen zu gesunden Menschen heranwachsen.