die Förderung ...
der Heimatpflege zwischen den Heimatgebiet ansässigen und den außerhalb des Heimatgebietes lebenden Landsleuten
„Theodor Fontane“
Guben vor 100 Jahren
Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.
Im Online-Archiv der Gubener Zeitung haben wir für Sie einige Beiträge von 1901 bis 1921 zusammengestellt.
Duellierende Damen. In Moskau fand dieser Tage zwischen der Gattin eines hohen Militärs und der Arztwitwe Marie Wosikow ein Säbelduell statt, in dem die letztere eine schwere Verwundung am rechten Arm erhielt. Die beiden Duellantinnen schieden unversöhnt. Die Ursache des Zweikampfes bildete ein Wortwechsel, in dem die Arztwitwe ihre Gegnerin beschuldigte, Beziehungen zu einem jungen Offizier zu unterhalten. Als Zeugen fungierten bei dem Duell Freundinnen der beiden Duellantinnen.
Graf Zeppelins neueste Erfindung. Graf Zeppelin, der lange Zeit hindurch die aeronautische Welt in seinem lenkbaren Luftschiff in Aufregung erhielt, wird in nächster Zeit in Berlin eine von ihm gemachte Erfindung ausstellen, die ebenfalls in Fachkreisen großes Aufsehen erregt. Es ist dies ein Boot, welches mit einer außerhalb des Wassers rotierenden Schraube fortbewegt wird. Die fortbewegende Kraft erzielt diese Schraube durch Benutzung des Luftwiderstandes. Das Boot ist sehr leicht und flach gebaut, es hat nur 10 Zoll Tiefgang und ist imstande, 14 - 16 Knoten in der Stunde zurückzulegen. Der Erfinder hofft, daß sich besonders koloniale Kreise für das Boot interessieren werden, weil es in den meisten mit Wasser- und Schlingpflanzen angefüllten Tropengewässern unmöglich ist, ein gewöhnliches Schraubenfahrzeug zu verwenden.
Groß-Gastrose. (Altertumsfund). Auf dem Revier des Fabrikbesitzers Lehmann wurde beim Pflanzen ein heidnisches Gräberfeld aufgefunden. Mehrere gut erhaltene kleinere und größere Urnen konnten, wenn auch mühsam, so doch unversehrt geborgen werden. Die größeren Urnen waren bis an den Rand mit Knochen gefüllt. In jeder der Urnen befand sich ein kleines Stück Metall. Professor Jentsch aus Guben ist von dem Funde benachrichtigt worden und hat ihn bereits besichtigt.
Die Baumblüte in Guben scheint in Berlin namentlich von dem Berliner Tageblatt etwas scheel betrachtet zu werden. Zu einer Betrachtung „Frühling in Berlin“ lesen wir u. a. folgenden Absatz: „Der Berliner hat untrügliche Anzeichen dafür, wenn der Frühling wirklich gekommen ist, Anzeichen, die alt und von der Tradition geheiligt sind. Frühling ist für den Berliner - wenn die Baumblüte begonnen hat und die ersten Sonderzüge nach Werder abgelassen werden. Sie sind, besonders Sonntags, beinahe so überfüllt wie die ersten Ferienzüge nach der Ostsee. Denn das Bedürfnis nach Naturgenuß bricht bei dem Berliner nach der langen Entbehrung des Winters mit einer elementaren Gewalt durch, die noch erhöht wird durch die Aussicht auf den realeren Genuß der süßen Obstweine, die so süffig die Kehle hinuntergleiten, daß man seinen Rausch erst merkt, wenn es zu spät ist. Jedermanns Sache ist dieses sonntägliche „Naturkneipen“ im sonst so stillen Werder denn auch nicht. Und wie verwöhntere Globetrottler über das plebejisch gewordene Monte Carlo verdächtig die Nase rümpfen und weiter südwärts, gen Ägypten, ziehen, so gibt es anspruchsvollere Berliner Frühlingsfreunde, die zur Baumblüte, statt nach dem nahen Werder zwei Stunden weit nach dem hübschen lausitzischen Städtchen Guben fahren, von dem sie vorher nur wußten, daß es in der Herstellung von Filzhüten sehr achtbares leistet.“ – Es ist nur gut, daß es in der Hauptsache Berliner Gäste sind, die unparteiisch ihr Urteil dahin abgegeben haben, daß Werder schön, Guben aber weit schöner ist. Demzufolge ist es niemand zu verdenken, wenn er das Schönere aufsucht, sobald ihm Gelegenheit geboten ist.
Verbrechen? Ein bei einem hiesigen Geschäftsmann bedienstetes 21jähriges Mädchen hat einem Zwillingspaar, Knaben und Mädchen, das Leben geschenkt. Beide Neugeborenen wurden tot aufgefunden: ein Kind fand man, wie wir erfahren, in der Komode, das andere in der Röhre eines ungeheizten Ofens. Die Mutter wurde ins Krankenhaus geschafft, wo auch die Obduktion der Kinderleichen vorgenommen wurde. Das Ergebnis der Obduktion, ob die Kinder tot geboren oder bei der Geburt lebten, war noch nicht zu vernehmen. Die Erlaubnis zur Bestattung der Leichen ist erteilt worden.
Eine Mahnung! Das lange Stehen vor den Fleisch- und Butterläden hat Auswüchse gezeitigt, die sich deutsche Frauen,, deren Männer und Söhne im Felde stehen und für die Existenz des Vaterlandes und damit für die Erhaltung der Familien, für freie Entfaltung deutschen Fleißes und deutschen Könnens kämpfen, nicht schuldig machen sollten. Ueber den Weiberklatsch hat schon manches scharfe Wort gesprochen werden müssen. Angesichts der ernsten Zeit, in der sich das Vaterland befindet, läge es im Interesse der ganzen Bürgerschaft, wenn die Vernunft die Oberhand behielte und jeder Klatsch, der darauf gerichtet ist, die Mitmenschen zu schädigen, ihren Ruf zu untergraben und ihr Ansehen herabzuwürdigen, unterbliebe. Eine Quelle dieses Klatsches sind die Ansammlungen vor den Fleischer - und sonstigen Lebensmittelläden. Obwohl bekannt ist, daß der Laden erst zu einer bestimmten Stunde geöffnet wird, stehen die Frauen schon mehrere Stunden vor Eröffnung dort und lassen nun ihrem Zungenschlag freien Lauf. Was für ein ungereimtes und unüberlegtes, ja mitunter gehässiges Geschwätz bekommt man da zu hören! Hierbei sollte wirklich etwas mehr Selbstzucht geübt und die Zunge im Zaume gehalten werden. Sind nun die lieben Mitmenschen genügend durchgehächelt, dann wird Umschau unter den Versammelten gehalten, ob auch nicht etwa eine Person darunter ist, die nicht in den allgemeinen Chorus mit eingestimmt hat, oder gar eine Frau, die - einen Hut trägt. Wehe ihr! Sie wird so lange mit unflätigen Redensarten belästigt, bis sie es vorzieht, auf den Einkauf zu verzichten und sich diesen Anwürfen zu entziehen.
Zu diesem Verhalten eines Teiles der Gubener Frauen darf nicht länger geschwiegen werden. Es ist ganz gewiß bitter zu beklagen, daß wir in Verhältnisse hineingeraten sind, die unsern Frauen die Sorgen für die Ernährung der Familien vergrößern, ja die Sorgen sogar bis zur Not steigern. Glauben aber die schimpfenden Frauen, daß ihre Mitschwestern, die nachgerade lieber zu zuhause bleiben, um sich nicht beschimpfen zu lassen, weil sie vielleicht scheinbar besser dastehen, nicht von denselben Sorgen niedergedrückt werden? Die Zeiten sind für alle Schichten der Bevölkerung hinsichtlich der Ernährungsfrage gleich schwer. Es ist aber immer wieder darauf hinzuweisen, daß gerade die Nichtkämpfer und auch unsere Frauen den Krieg gegen den Aushungerungsplan Englands führen sollten durch einmütiges und gemeinsames Durchhalten. Gegen unsere Frauen und Kinder richtet sich doch in erster Linie dieser ruch- und rücksichtslose Plan Englands, daher müssen Alle, namentlich aber die Frauen, die Gedanken klar und den Kopf kühl behalten. Mit Schimpfen, Klatsch und Verzweifeln ist nichts getan, Denken und Handeln, das ist für sie notwendig. Und jeder handelt am besten, wenn er darüber nachdenkt, wie er der schwierigen Lage am besten Herr wird.
Fliederblüte-Konzert. Die Fliederlauben Friedrichshöhe prangen in schönster Blüte und erfüllen mit ihrem süßen Frühlingsduft die ganze Umgebung. Wie in jedem Jahre beginnen auch jetzt wieder auf Friedrichshöhe die beliebten Blüten-Konzerte. Heute (Dienstag) findet ein Walzerabend und morgen (Mittwoch) der erste Operettenabend statt. (Siehe Anzeige.)
Ein neues Orchester gastiert seit einiger Zeit im Hotel zum goldenen Schiff, dessen Leistungen allseitig anerkannt werden. Für weitere Unterhaltung sorgt der gute Stimmungsmacher Willi Storde. Näheres ist aus den Anzeigen ersichtlich.