die Förderung ...
der Heimatpflege zwischen den Heimatgebiet ansässigen und den außerhalb des Heimatgebietes lebenden Landsleuten
„Theodor Fontane“
Guben vor 100 Jahren
Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.
Im Online-Archiv der Gubener Zeitung haben wir für Sie einige Beiträge von 1901 bis 1921 zusammengestellt.
Wie nothwendig es ist, mit dem Kampf gegen die Trunksucht schon in der Schule zu beginnen, zeigt das "Eingesandt" eines Lehrers im Kölner Stadtanzeiger:
Durch auffallende Schläfrigkeit und geistige Trägheit meiner Schulneulinge veranlaßt, stellte ich kürzlich montags Nachforschungen über den Alkohol- und Nikotingenuß der 6jährigen Knaben an, welche zu folgendem überraschenden, zugleich schrecklichen Ergebniß führte: Von den 54 Schülern des ersten Schuljahres waren 19 am Sonntag vorher im Gasthause gewesen, 20 hatten Wein, 24 Bier, 19 Schnaps, 17 Wein und Bier, 14 Wein, Bier und Schnaps getrunken. Zehn gaben an, betrunken gewesen zu sein, neun so, daß sie zu Boden fielen, acht hatten Erbrechen infolge des Alkoholgenusses, 19 hatten geraucht, und zwar 12 auf Veranlassung des Vaters, 4 auf Veranlassung von Brüdern und 5 auf Veranlassung von Soldaten, 1 hatte sich selbst Cigaretten gekauft
Wenn auch manches Schlückchen und mancher Zug aus des Vaters Cigarre harmlos gewesen sein mag, so ist doch die Traurigkeit der Thatsache nicht zu verkennen. Man bedenke nur: vierzehn Kinder haben an einem Tage Wein, Bier und Schnaps getrunken und neun waren nachweislich sinnlos betrunken.
Was sollen wir Lehrer mit solchen Kindern anfangen und was wird aus ihnen werden?
Grießen. (Verhängnisvoller Blitzschlag). Mittwoch nachmittag gegen 4.30 Uhr zogen schwe-re Gewitter über unsern Ort, der Regen floß in Strömen. Außer vielem Schaden, der auf Aek-kern und Wegen angerichtet ist, wurde auch der Eisenbahndamm an mehreren Stellen unter-spült. Der Bauer Richter war mit seinen Leuten in der Aue mit Pflanzen beschäftigt. Während des Gewitters suchten sie sämtlich Schutz unter dem Wagen, es war Richter, seine Frau und Tochter und die Schwiegermutter, sowie zwei Arbeiterinnen, die Wwe. Altschmidt und die unverehelichte Pauline Hapke. Ein Blitz traf den Wagen und riß eine Speiche aus dem Rade. Alle Personen wurden vom Blitz getroffen. Sie waren sämtlich eine Zeit bewußtlos. Die Hap-ke, welche etwas abseits vom Wagen saß, kam am schlimmsten davon; sie hatte sich die Schürze über den Kopf gehängt, die Schürze, das Kopftuch und auch die übrigen Kleider wa-ren zerrissen. Von den anderen wurde die H. für tot gehalten und auf den Wagen gehoben; erst zu Hause erlangte sie das Bewußtsein wieder. Schwer krank liegt sie darnieder.
Es ist eine eigentümliche Erscheinung, daß sich seit etlichen Jahren stets zu Pfingsten die Witterung sehr kühl und unfreundlich gestaltet. Wie schon Pfingsten 1907 und 1906 Regen und raue Winde die Pfingstfeiertage völlig verdarben, so war es auch diesmal vielfach der Fall, wenn sich auch das Wetter in den meisten Gegenden nicht ganz so schlimm gestaltete, wie es anfänglich den Anschein hatte. Die schon beinahe unerträglich gewordene Hitze war schon am Sonnabend gründlich verschwunden, und der kühle Wind war zwar allen, die weite Pfingstwanderungen unternahmen, sehr angenehm, aber die Gartenlokale, die hier und anderwärts ein großes Pfingstgeschäft erhofft hatten, sind in ihren Erwartungen arg getäuscht worden. In der Nacht vom ersten zum zweiten Feiertage sank das Thermometer bis auf 5 Grad über Null ab. Da wir Menschen keinen Einfluß auf die höheren Gewalten haben, so haben die am besten daran getan, die sich mit der in der bekannten Operette ausgesprochenen Lebensweisheit abfanden: Glücklich ist, wer vergißt, was doch nicht zu ändern ist! Wenigstens verliefen die Feiertage regenfrei und am zweiten Feiertag stieg die Temperatur nicht unerheblich, sodaß alles in allem das Pfingstwetter doch noch günstiger war, als die Wetterprognose am Sonnabend angekündigt hatte.
Prinz Heinrich-Fahrt. Guben stand heute im Zeichen der Automobile. Schon seit Wochen sah man täglich Automobile durch die Stadt fahren, die wahrscheinlich die Rennstrecke hinter dem Heidekrug ausprobten. Dadurch wurde man immer wieder auf die Fahrt hingelenkt. Gestern Nachmittag und in der Nacht traf nach und nach eine größere Menge Automobilisten hier ein, sodaß alle Hotels bis auf den letzten Platz besetzt waren und verschiedene spät ankommende Automobile anderweitig Nachtquartier suchen mußten. Heute früh hörte man schon vom Morgengrauen an vielfach das Rattern der Motore und das Tuten der Hupen. Auf den Straßen sammelte sich eine zahlreiche Menschenmenge an, die die durchfahrenden Automobile sehen wollte. Geduldig harrten sie viele stundenlang aus. Viele, die über mehr Zeit verfügten, hatten sich zum Start hinaus in die Forst begeben, die Schnelligkeitsfahrt aus nächster Nähe sich anzusehen. In kurzen Zwischenpausen fuhren die Automobile hier durch, viele unter ihnen, die außer Konkurrenz fuhren. Als ein Auto in der Bahnhofsstraße vor Herrn Dr. Moderow hielt und ein Insasse mit dem Arm in der Binde zu dem Arzt geführt wurde, verbreitete sich das Gerücht von einem schweren Unfall. Es sah aber nicht ganz so schlimm aus. In einem Dorfe vor Guben, vermutlich Pinnow, war das Auto gegen die Schwelle eines Hauses angefahren und durch den Ruck war Herr Komnick hinausgeschleudert worden und hatte sich den Arm verrenkt… Prinz Heinrich fuhr ebenfalls hier durch, er dürfte aber wohl nur von wenigen erkannt worden sein…