die Förderung ...
der Heimatpflege zwischen den Heimatgebiet ansässigen und den außerhalb des Heimatgebietes lebenden Landsleuten
„Theodor Fontane“
Guben vor 100 Jahren
Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.
Im Online-Archiv der Gubener Zeitung haben wir für Sie einige Beiträge von 1901 bis 1921 zusammengestellt.
Klärstation. Eine Kläranlage ist für die Bewohner Gubens eine Neuheit, und mancher Spaziergänger betrachtet verwunderten Blickes die komplizierte Einteilung des Fundaments in der gewaltigen Baugrube. Das Maschinenhaus - Stadtseite links - ist schon einige Meter hoch heraufgebaut, ebenso das Vor-Entschlammungsbecken - Stadtseite rechts -, mit dem in nächster Zeit der Hauptkanal der Kanalisation in Verbindung gebracht werden kann. Nach erfolgreicher Vorklärung fließt der Fäulnisstrom durch den langen Mittelkanal der Kläranlage in die 78 trichterförmig-rechteckigen Einzelbecken behufs eigentlicher Schlammabsetzung. Das von den Sinkstoffen befreite Wasser fließt alsdann in einen die ganze Anlage umkreisenden Kanal, der zur Neiße hin ausmündet. Bis auf das Maschinenhaus bleibt die Klärstation ohne Bedachung. Die am Rande der Anlage angebrachten vielen Tonröhren bilden Teile von Luftkanälen und Spülleitungen. Der maschinelle Betrieb erfolgt elektrisch. Er dient der Entschlammung und der Luftbewegung und unter Umständen kommt auch eine Wasserdruckvorrichtung inbetracht, die bei etwaigem abnorm hohen Wasserstande der Neiße den Ausmündungskanal unter Wasser setzt.
Gerichtliches.
Wegen Tierquälerei hat sich der Kutscher Wilhelm L. zu verantworten; auch ist er nachts ohne brennende Laterne gefahren. Der Angeklagte hatte Steine gefahren, war etwas angetrunken und nachts in der Triftstraße vom Wagen gefallen; die Pferde waren dann ausgerückt und wurden von ihm erst nach mehreren Stunden in bösem Zustande beim Bismarckturm entdeckt. Der Angeklagte kann der Tierquälerei nicht überführt werden, wird aber wegen Uebertretung zu 6 M oder 2 Tagen Haft verurteilt.
Wegen unberechtigten Frettierens wird der Böttchergeselle Gustav L. mit 30 M Geldstrafe oder 10 Tagen Haft bestraft.
Der Ziegarrenmacher Bernhard M. hat den Buchbinder Adolf Weber, mit dem er vorher gekneipt hatte, mit einem Hausschlüssel blutig geschlagen. Er muß sein Begehen mit 15 M Geldstrafe oder 3 Tagen Gefängnis büßen.
Der Bäckermeister Karl S. hat den Polizeisergeanten L. wörtlich beleidigt und wird deshalb mit 15 M Geldstrafe oder 3 Tagen Gefängnis bestraft.
Wegen versuchten Diebstahls und dreier Betrugsfälle wird der Schlosserlehrling S. zu 3 Tagen Gefängnis verurteilt.
Der 16jährige Schneiderlehrling Sch. hat einer Witwe 12 M gestohlen und muß sein Begehen mit 2 Tagen Gefängnis büßen.
Heute sind es 50 Jahre her, seitdem einer unserer beliebtesten Aussichtspunkte, Engelmanns Berg, in den Besitz der Familie übergegangen ist. Ein schlichtes Berghäuschen aus Fachwerk, nicht groß, aber doch größer, wie die meisten anderen, die damals die Weinberge zierten, diente dem Besitzer Eduard Engelmann, der seines Gewerbes Tuchmacher war, mit seinen Kindern als Wohnung. Die Linde, die heute so berühmt geworden ist, ob mit Recht oder Unrecht, soll hier nicht untersucht werden, stand damals schon. In ihrem Schatten saßen die ersten Gäste und tranken ihr Nößel [altes Flüssigkeitsmaß] Gubener, Apfel- oder Rotwein, aßen wohl auch ihr Käsebrot dazu. Engelmann bekam auch das Recht, Kaffee und Bier zu verkaufen, und seine Frau mußte jetzt Plinze backen, und das verstand sie so gut, daß ihre Kunst nun auch auf die Damen ihre Anziehungskraft ausübte. Wegen der schönen Fernsicht mehrte sich der Besuch auf Engelmanns Weinberg – so hieß damals das Lokal – namentlich an Sonn- und Feiertagen, und es stiegen die Einnahmen. Diese kamen zunächst nur wenig der Frau und den zahlreichen Kindern zu gute, denn Engelmann mußte sparen und bauen, um für seine Gäste Raum zu schaffen. 1864 wurde ein größeres, für heutige Verhältnisse freilich nur kleines Haus an der Berglehne gebaut. 1866 wurde das alte Berghäuschen abgerissen und ein Tanzsaal errichtet, 1870 aber schon vergrößert. 1875 erhielt auch das Gasthaus einen Anbau und eine notwendige Erweiterung. Als Engelmann im Jahre 1890 nach 30jähriger Bewirtschaftung seines Lokals starb, war dieses nicht nur für die Gubener Bürgerschaft ein vielbesuchter Erholungsort geworden, sondern auch in den Nachbarstädten bekannt und geschätzt. Er hatte nicht nur eine reiche Kinderschar ernährt und erzogen, sondern auch seinen Betrieb auf eine ansehnliche Höhe gebracht. Sein Sohn Paul übernahm nun die Gastwirtschaft, der sie in den seitdem verflossenen 20 Jahren noch weiter gehoben hat, und der schon in den 90er Jahren den Saal mit dem Hause verband, um Raum für eine große Küche zu schaffen, die für ihn als Koch von Beruf von besonderer Wichtigkeit war. Wenn heute der Fremde auf Engelmanns Berg zu jeder Tageszeit warm, gut und billig speisen kann, so ist das der Kochkunst des jetzigen Wirts zu verdanken.
Das Naemi-Wilke-Stift, Krankenhaus und ev.-luth. Diakonissen-Anstalt zu Guben, teilt aus dem Jahre 1911 folgendes mit: Der Krankenbestand betrug am 1. Januar 38, der Zugang im Laufe des Jahres 694, demnach die Summe 732, der Abgang dagegen 692 und die Anzahl der Sterbefälle 44. Am 31. Dezember wurden 44 Kranke gezählt. In der Regel überwog das weibliche Geschlecht ein wenig das männliche unter den Patienten. In der 1. Verpflegungsklasse wurden 40, in der zweiten 78 und in der dritten 614 Personen verpflegt. Nach den Bekenntnissen waren 16 Kranke luth. , 24 römisch-kath., 1 griech.-kath.,2 jüd.,2 apost. und die übrigen evangelisch. Es wurden 18 997 Pflegetage gezählt. Der durchschnittliche Aufenthalt eines Kranken betrug 25 Tage. Der höchste Krankenbestand wurde mit 70 Personen am 15. Februar erreicht. Der Anstaltsarzt, Herr Dr. Ayrer, hatte 390, Herr Dr. Schultze 146, Herr Dr. Balach 136 und Herr Dr. Goldschmidt 60 Patienten. 291 Kranke stammten aus Guben und 441 von auswärts, von hiesigen Kassen waren 129. 488 Operationen , nämlich 221 chirurgische,110 durch Augen-,107 durch Frauenleiden veranlaßte und 50 bei Nasen-,Hals- oder Ohrenleiden fanden statt. Herr Medizinalpraktikant Dr. Reinhardt blieb bis zum Juni, dann war Herr Dr. Klose und zuletzt Herr Dr. Graetz in derselben Weise hier tätig. Die Stelle des Assistenzarztes blieb unbesetzt. Das neue Absonderungshaus wurde am 6. Februar feierlich eingeweiht und seitdem mehrfach benützt.- Die Anzahl der Diakonissen, zu denen am Jahrestage der Anstalt, 13. Juli,sechs Probeschwestern hinzugekommen waren, betrug am Ende des Jahres 39, die der Probeschwestern 16 und die der Aspirantinnen 2, demnach die Gesamtzahl aller Schwestern 57. Bis zur Einsegnung empfangen die Schwestern religiösen Unterricht von Geistlichen, beruflichen von der Frau Oberin der Anstalt, und den ärztlichen erteilten die vier im Stifte tätigen Herren Aerzte, indem sie einander vierteljährlich ablösten. Eine Anzahl junger Damen stellten sich dem Hause zeitweilig oder dauernd als freie Hilfen zur Verfügung. – Die Schwestern widmen sich am Orte außer der Krankenpflege und der Hilfe bei Operationen den Pfleglingen der Idiotenanstalt mit deren Filialanstalt für schwachsinnige taubstumme Kinder und Berliner Waisenzöglinge. Am Ende des Jahres wurden 60 Blöde, 6 männliche und 2 weibliche taubstumme Kinder und 24 Waisenkinder gezählt. Diese letzteren besuchen mit etwaigen bildungsfähigen Idioten die Hilfsschule der Anstalt. Die Herren Volksschullehrer Bahro und R. Hoffmann und die Leiterin der Kinderbewahranstalt Frl.Wege wirken daran. Am 22. August wurde der Unterricht durch Herrn Kreisschulinspektor Proelß einer Prüfung unterzogen. – Von den Außenstationen wurden zwei Kinderschulen (Stockhausen und Köstritz i. Thür.) aufgegeben, und zwei Gemeindepfleger (Hohenleuben und Wurzbach in Neuß i. L. ) wurden neu übernommen. Frau Oberin visitierte alle in Thüringen gelegenen Arbeitsfelder.
Die 5 Millionen-Anleihe der Stadt Guben.
Wie schon gestern kurz mitgeteilt wurde, liegt der auf Freitag, den 4. d. M., einberufenen Stadtverordneten- Versammlung der Antrag des Magistrats vor, sich damit einverstanden zu erklären, daß zur Deckung des in den nächsten Jahren hervortretenden außergewöhnlichen städtischen Finanzbedarfs eine neue Anleihe in einer Gesamthöhe von 5 Millionen Mark begründet wird, wovon a) 1 300 000 M für den bereits vollzogenen Ankauf der Seydell’schen Mühlen; b) 600 000 M für den Neubau eines städtischen Verwaltungsgebäudes; c) 1 000 000 M für Straßenpflasterungen; d) 600 000 M für Grunderwerb und Grundstücksbeleihungen; e) 500 000 M für Schulbauten; f) 200 000 M für die Weiterführung der städtischen Entwässerung; g) 150 000 M für die Ausgestaltung der städtischen Friedhöfe; h) 100 000 M für die Anlegung eines neuen Viehmarktes; i) 100 000 M für die Erweiterung der Gasanstalt; k) 200 000 M für den Neubau der großen Neißebrücke; l) 50 000 M für den Umbau des Neißewehres; m) 100 000 M für die Aufwendungen der Stadt bei Durchführung der Eisenbahn-Bauprojekte; n) 85 000 M für die Erweiterung des Armenhauses; o) 15 000 M für die Errichtung eines Steigerturmes der Feuerwehr; zusammen 5 000 000 M Verwendung finden sollen.
V. Beratungsstelle für Siedler. Der Bund der Siedler hat in Guben, Grüne Wiese 34, eine „Beratungsstelle für Siedler“ eingerichtet. Sprechstunden werden vorerst jeden Montag von 10 Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags abgehalten. Für Mitglieder des Bundes erfolgt die Beratung kostenlos. Von Nichtmitgliedern und bei Anfertigung von Schriftwechsel wird eine mäßige Gebühr erhoben zur Deckung der Unkosten.