die Förderung ...
der Heimatpflege zwischen den Heimatgebiet ansässigen und den außerhalb des Heimatgebietes lebenden Landsleuten
„Theodor Fontane“
Guben vor 100 Jahren
Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.
Im Online-Archiv der Gubener Zeitung haben wir für Sie einige Beiträge von 1901 bis 1921 zusammengestellt.
Der heutige Viehmarkt war mäßig beschickt. Es waren 937 Pferde und 830 Rinder aufgetrieben. Für Standgeld wurden 353,40 Mark eingenommen.
Eine merkwürdige Versicherung. Der Tenorist Jushin von der Moskauer Hofoper hat bei der Versicherungsgesellschaft "Equitable" seine Stimme für 25.000 Rubel versichert.
Sobald der Künstler seine Stimme verliert, d.h. große Rollen nicht mehr singen kann, ist die Gesellschaft verpflichtet, ihm die angebliche Summe auszuzahlen. Damit eröffnet sich für die Versicherungsbranche eine neue Aera. Es ist nur zu befürchten, daß so Mancher eine Stimme versichert, die er gar nicht besitzt.

Das Konzert der ungarischen Zigeuner-Kapelle "Voreoes Lajos" hatte gestern ein sehr zahlreiches Publikum zum Hotel Kronprinz gelockt, das der eigenartigen Musik mit vielem Interesse lauschte. Wie bei diesen Naturmusikern üblich, spielten sie ohne Noten. Ihr Leiter erwies sich in seinem Violinsolo als Meister auf der Geige. Dieser Solovortrag sowie ein Czimbalsolo, vorgetragen von einem Mitglied der Kapelle, wurden stürmisch applaudiert und die Vortragenden mußten sich zu Einlagen verstehen. Die Eigenartigkeit der Musik mag manchen zum Besuch des Konzertes veranlaßt haben, sehr zu wünschen wäre, wenn den Konzertender hiesigen Kapellen gleiches Interesse entgegengebracht würde.
Ein komischer Zwischenfall ereignete sich bei einer Taufe in der Londoner Vorstadt. Der Geistliche war offenbar nicht ganz mit den Qualifikationen für die Würde der Patenschaft bei einem der Anwesenden zufrieden, und machte seinem Mißtrauen in den nicht sehr freundlichen aber wahrscheinlich wohlbegründeten Worten Luft: "Sie sind zu jung, um Pate zu stehen, " worauf der angeredete Jüngling bescheiden erwiderte: "Bitte sehr, ich will auch gar nicht Pate stehen, ich bin doch nur der Vater."
Fabrikfest: In der seit mehr als fünfzig Jahren bestehenden Tuchfabrik von Schemel wurde am Sonnabend das 200.000. Stück Tuch fertiggestellt und dem Fabrikherrn feierlich überreicht. Das freudige Ereignis veranlaßte den Arbeitgeber zur Veranstaltung einer Festlichkeit für die Arbeiter, die auf Noacks Berg stattfand.
Nach Fertigstellung der Schlemmkanalisation in ihren Hauptleitungen und nach Inbetriebsetzung der Klärstation wächst die Zahl der Hausanschlüsse von Tag zu Tag. Für die Hausanschlüsse muß das Straßenpflaster immer wieder umfangreich aufgerissen werden und große Erdhaufen in den Straßen sind den Passanten ein schon gewohnter Anblick. Weniger schnell als die Anschlußarbeiten schreiten die Installationsarbeiten in den Häusern fort. Hier müssen bei älteren Gebäuden erst An- und Umbauten zur Aufnahme der Neueinrichtungen vorgenommen werden, und mancher Hauswirt will zudem die natürlich beträchtlichen Kosten möglichst noch hinausschieben. Selbst bei schon vorhandenen Anlagen älterer Art kostet der Ersatz des alten Inventars durch vorschriftsmäßiges immerhin noch beträchtliche Summen.
Taubendorf. (Erlegte Wildschweine.) Gestern wurden in Taubendorf zwei Wildschweine zur Strecke gebracht, die wiederholt auf der bäuerlichen Feldmark erheblichen Schaden anrichteten. Es sind ein Überläufer von 120 Pfd. und ein kapitaler Keiler von 244 Pfd. Gewicht ausgewaidet, der im vollen Sinne des Wortes die Bezeichnung „Hauptschwein“ verdient, wie er auf der Hofjagd bezeichnet werden würde.

Unangenehme Folgen dürfte für einen Herrn aus Berlin nachfolgender Vorfall haben. Der den besseren Kreisen angehörende Herr ging gestern mittag nach 1 Uhr über die Neißebrücke auf der linken Seite. Der auf der Brücke stehende Polizeisergeant forderte ihn wiederholt auf, rechts zu gehen, welcher Aufforderung der Herr nicht nachkam. Als der Beamte nach dem Namen fragte, verweigerte der Herr die Angabe mit den Worten: “Belästigen Sie mich nicht; kommt man hier nach solchem Nest und wird auf der Straße belästigt.“ Mit Hilfe einer Zivilperson brachte der Beamte den Widerstand Leistenden nach der Wache, wo der Name festgestellt wurde. Es handelt sich um einen Herrn, der zu einem Prozeß als Sachverständiger geladen war.
Bestrafte Tänzerinnen. Zu einer empfindlichen Geldstrafe wurden in der gestrigen Verhandlung zwei junge Mädchen verurteilt, die die Wackel- und Schiebetänze nicht lassen konnten. Die Angeklagten waren die 18jährige Arbeiterin Marta R. und die 20jährige Arbeiterin Elsbet N. aus Guben. Letztere war lange Zeit nicht zu ermitteln, sie will sich, ohne zu arbeiten, in Sommerfeld aufgehalten haben. Die beiden Angeklagten wollen schon öfter so getanzt haben, obwohl es verboten ist. Die Oeffentlichkeit war während der Verhandlung ausgeschlossen. Sämtliche Zeugen haben ein Aergernis an dem frechen unanständigen Verhalten der Angeklagten genommen. Der Amtsanwalt beantragt gegen jede Angeklagte 1 Monat Gefängnis. Der Gerichtshof erkennt auf je 50 M Geldstrafe oder je 10 Tage Gefängnis. Noch einmal blieben den Mädchen die Türen des Gefängnisses verschlossen; hoffentlich ziehen sie eine Lehre aus der Verhandlung.
Vorbei ist die kursbuchlose Zeit! Nachdem der Verlag von Albert Koenig vor etwa 3 Wochen das einzige Kursbuch auf den Markt gebracht hatte, das – als Kriegsausgabe – wenigstens Aufschluß über die im Oktober verkehrenden Eil- und Schnellzüge gab, ist heute ebenfalls als erstes vollständiges Kursbuch, die November/Dezember-Ausgabe von Koenig´s Kursbuch mit den seit 2. November gültigen Fahrplänen erschienen. Welche außerordentliche Arbeitsleistung nötig war, das Buch nur wenige Tage nach Inkrafttreten der amtlichen Fahrpläne herauszubringen, kann nur derjenige richtig einschätzen, der jemals ein solches Zahlenwerk bearbeitet hat. Mit Stolz kann daher die Firma auf diese Leistung blicken, mit freudiger Genugtuung werden es die Käufer zur Hand nehmen, ist doch das Buch gleichsam ein Zeichen des wiedererwachenden Verkehrs, ein Symbol der gewaltigen wirtschaftlichen Kraft unseres Volkes, die es ermöglicht, selbst inmitten des größten aller Kriege für geordnete und ausreichende Verkehrsverhältnisse zu sorgen.
Zur Postbeförderung während der Verkehrssperre sind wieder zugelassen; Sendungen mit barem Gelde der Bankinstitute, für Volksernährung notwendige Behördenpakete (Lebensmittelkarten usw.), Hefepakete, Kriegsgefangenenpakete in Durchgangslagern.