die Förderung ...
der Heimatpflege zwischen den Heimatgebiet ansässigen und den außerhalb des Heimatgebietes lebenden Landsleuten
„Theodor Fontane“
Guben vor 100 Jahren
Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.
Im Online-Archiv der Gubener Zeitung haben wir für Sie einige Beiträge von 1901 bis 1921 zusammengestellt.
Unsittliches im "Lied der Glocke".
In einer Stadt in Württemberg wird der Frkf. Ztg. geschrieben: Sie haben schon öfters auf die von gewissen Pädagogen vorgenommenen "Verbesserungen" der Geistesprodukte unserer Dichter und Denker hingewiesen, - Verbesserungen, die unternommen wurden, "um die Seelen der Kinder vor Schaden zu bewahren." Lassen Sie sich ein neues Vorkommniß dieser Art mittheilen:
Der Rektor unserer höheren Töchterschule ordnete bei der Schlußfeier der obersten Klasse (Mädchen von 15 und 16 Jahren) an, daß beim Vortrag des herrlichen "Liedes von der Glocke" die Stelle : "Vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe" bis "Die schöne Zeit der jungen Liebe" auszulassen ist.
Wenn man nun berücksichtigt, daß sämmtliche Mädchen das ganze Gedicht ohne Verstümmelung auswendig lernen mußten, so wird man den erzieherischen Werth dieser Maßregeln in seiner ganzen Größe zu würdigen wissen
Unser großer Schiller aber würde sich im Grabe umdrehen, wenn er erfahren könnte, daß so etwas nahezu 100 Jahre nach seinem Tode, 2 Wegstunden von seinem Geburtsort entfernt, in einer Stadt geschehen konnte, wo er selbst einige Zeit gewohnt hat.
Drossen. (Eine Gans von 44 Jahren). Ein hiesiger Besitzer hat die Lebensdauer einer Gans festgestellt. Er fütterte sie so lange, bis sie von selbst verendete. Das Tier wurde auf diese Weise 44 Jahre alt.
Auf den Eilzug geschossen, der nachmittags 2 Uhr 41 Min. von Sommerfeld hier ankommt, hat gestern zwischen den Übergängen der Gas- und Grünstraße der 13jährige Schulknabe L. aus der Pestalozzistraße. Der Knabe hatte sich eine Pistole mit etwa 10 Ztm. langem Lauf in einem hiesigen Geschäft in der Bahnhofsstraße gekauft und an genannter Stelle Schießversuche gemacht. Die starke Glasscheibe des Coupéfensters wurde zertrümmert, Personen glücklicherweise nicht verletzt. Wäre das Fenster geöffnet gewesen, hätte der Schuß die Insassen des Coupés verletzen können. Da der Knabe strafmündig ist, wird er zur Verantwortung gezogen und wahrscheinlich bestraft werden. – Es scheint hiernach dringend geboten, daß man den Verkauf von Schußwaffen an Kinder gesetzlich verbietet, wie auch die Abgabe bzw. Verkauf von Gift an Kinder untersagt.
Abschiedsfeier
In der üblichen Weise hatte das Lehrer-Kollegium am 5. d. M. eine Abschiedsfeier für den aus seinem Amte geschiedenen Herrn Prof. Dr. Jentsch veranstaltet. Die Feier fand im engsten Kreise der Amtsgenossen statt, auch waren dazu einige Herrn Prof. Jentsch nahestehende Herren aus anderen Kreisen und Vertreter des Patronats erschienen. In seinem Trinkspruche schilderte Herr Geheimrat Dr. Hamdorff zunächst in launiger Weise den lateinischen Unterricht des scheidenden Amtsgenossen und gedachte dann der Bande langjähriger Freundschaft, die seine und andere Familien mit der des Herrn Prof. Jentsch verknüpften. Geheimrat Dr. Hamdorff hob namentlich hervor, wie der Scheidende stets ein freundlicher und gefälliger Kollege gewesen, weswegen auch das gesamte Lehrerkollegium ihm zu Ehren erschienen wäre. Der Trinkspruch klang aus in ein Hoch auf die Familie Jentsch. Hieran schloß sich eine Ansprache des Herrn Ersten Bürgermeisters, der Herrn Prof. Dr. Jentsch in seiner Eigenschaft als Museums-Direktor, als „neuen städtischen Beamten“ begrüßte und seiner Freude darüber Ausdruck gab, daß die große Kraft, die Herrn Prof. Jentsch noch immer innewohnt, nunmehr dem neuen Museum ganz zugute käme. Er bat ihn aber auch, recht genaue Berichte zu erstatten, damit nicht der Bürgermeister wieder einhelligem Widerspruch begegne, wenn er behaupte, der Meilenstein auf dem ominösen Dreieck stände auf althistorischer Stelle. (!) – Zum Schluß dankte Herr Prof. Jentsch allen Erschienenen und hob auch seinerseits hervor, wie man vom Anbeginn seiner Tätigkeit an ihm hier in Guben freundlich entgegengekommen wäre und wie leicht es ihm geworden wäre, sich hier einzuleben und Wurzel fassen. Sein Hoch galt schließlich der Anstalt, der er 44 Jahre angehört habe und deren Gedeihen auch ihm immer am Herzen gelegen habe.
Schönfließ, 7. April (Ein schwerer Unglücksfall) ereignete sich am Montag nachmittag auf einem Neubau. Ein Handlanger namens Friedrich Walkobiack aus Oberschlesien stürzte von dem Gerüst und fiel bis in den Keller, wo er schwer verletzt liegen blieb. Der herbeigerufene Arzt ließ ihn durch die Fürstenberger Sanitätskolonne nach dem Gubener Krankenhaus überführen, wo er mit schweren inneren Verletzungen hoffnungslos darniederliegt.