Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1922

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2. August 1922

Das Hochwasser von 1897 war das größte, was das Jahrhundert gesehen hatte. In Schlesien und in der Lausitz haben die Schrecken der Wassersnot die Gemüter erregt. Weite Strecken der fruchtbaren Täler der Neiße, Lubis und der Oder sind durch die Wassermengen verwüstet worden und unberechenbar war der angerichtete Schaden. Bis heute ist das verheerende Element Gott sei Dank in diesem Umfange nicht mehr aufgetreten, wenn auch wiederholt größeres Hochwasser zu verzeichnen war, das immer beträchtlichen Schaden mit sich bringt, von dem besonders die Anlieger im Landkreise der noch immer nicht regulierten Lubis ein Lied singen können. Es sei daher der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß wir von einer größeren Wasserkatastrophe verschont bleiben möchten, da in unserer heutigen Zeit eine derartige Wassersnot unübersehbare, schwere Auswirkungen haben würde.


11. August 1922

Die Eisenbahn-Hauptwerkstätte in Guben kann in diesen Tagen auf ein fünfzigjähriges Bestehen zurückblicken. Als die Märkisch-Posener Bahn gebaut wurde, drängte die Regierung auch auf den Bau einer Eisenbahnwerkstätte, bevor sie die Erlaubnis zur Eröffnung der Bahn gab. Schon im Jahre 1867 wurden die Fundamente zur „Zentralwerkstatt“ gelegt; von 1868 bis 1871 ruhte jedoch der Bau; erst nach dem siegreichen Feldzug gegen Frankreich wurde er weitergeführt. Am 20.August 1872 wurde die „Zentralwerkstatt“ in Betrieb gesetzt. Damals waren in ihr unter der Leitung des Obermaschinenmeisters Hagen rund 150 Handwerker und Arbeiter beschäftigt. Von Ende 1882 bis Juli 1885 leitete der Eisenbahndirektor Kleemann die inzwischen vom Staate übernommene und zur „Hauptwerkstatt“ erhobene Anstalt mit 185 Arbeitern. Die Zahl der Handwerker und Arbeiter vermehrte sich dann mit jedem Jahr, namentlich als unter der Leitung des Reg.- und Baurates Haak noch der Weichenbau hinzukam. Im Jahre 1891 übernahm der kgl. Eisenbahn-Bau-und Betriebsinspektor Partensky die Leitung der Hauptwerkstatt mit 360 Arbeitern. Wegen ihrer musterhaften Leistungen und Einrichtungen wurde die Hauptwerkstatt vielfach auch von anderen Eisenbahnwerkstätten in Anspruch genommen, was zur Folge hatte, dass auch die Zahl der Handwerker und Arbeiter ganz bedeutend stieg. Bei ihrem 25 jährigen Bestehen, das vom 6.-8. August 1897, verbunden mit der Weihe einer Fahne, durch Kommers, einem Festakt auf dem Hofe der Hauptwerkstatt mit anschließendem Festzug durch die Hauptstraßen der Stadt, Gesangs- und Instrumentalkonzert im Schützenhaus, sowie einem abschließenden Ball, unter Anteilnahme von Deputationen der Werkstätten in Grunewald, Berlin I, Frankfurt a O, Posen, Breslau und Eberswalde gefeiert wurde, waren in der Werkstatt bereits über 500 Man beschäftigt. Leiter derselben war damals der Kgl. Bau- und Betriebsinspektor Emil Fränkel, dem ums Jahr 1900 der Kgl. Bau- und Betriebsinspektor Siegfried Fränkel folgte. Bis zum Ausbruch des Weltkrieges nahm die Hauptwerkstatt unter der Leitung der Reg.- und Bauräte Vogel (1904-13) und Dr. Schwarze (1913-1918) eine immer mehr aufsteigende Entwicklung. Während des Weltkrieges wurden an die Hauptwerkstätte, ihre Leitung und ihr Personal höchste Anforderungen gestellt. Die Zahl der Beamten und Arbeiter hob sich auf über 1200. Es trat eine wesentliche Vergrößerung der Werkstätten für Lokomotiven und Wagen-Ausbesserungenein; es wurde benachbartes Terrain erworben und das Werkstattgelände bedeutend vergrößert. Im Jahre 1918 übernahm Reg.- und Baurat Hammelsberg die Leitung der Hauptwerkstatt, deren Personal jetzt wieder den normalen Stand von etwa 800 Beamten und Arbeitern erreicht hat. Die Eisenbahnhauptwerkstätte ist ein integrierender Bestandteil von Guben geworden, ihre Beamten, Handwerker und Arbeiter haben schon längst Heimatrechte erworben und sind mit der übrigen Bürgerschaft auf innigst verbunden. Darum soll ihr fünfzigjähriges Bestehen -wenn auch der Ernst der Zeit ein solch frohes Fest, wie es bei dem 25.jährigen Bestehen im Jahre 1897 gefeiert wurde, von selbst verbietet, doch nicht unbeachtet bleiben. Der Eisenbahnhauptwerkstatt, ihren Beamten, Handwerkern und Arbeitern gelten heute unsere besten Wünsche für die Zukunft.


13. August 1922

Sommerfeld, (eine mysteriöse Geschichte)

Ein Schuss im Amtszimmer des zweiten Bürgermeisters Jung am Montagabend, mit welchem der Verwalter des Wohnungsamtes Kreysche in Verbindung gebracht wurde, bildete, wie der „Anz.“ Berichtet, gestern das Tagesgespräch in unserer Stadt. Da zweiter Bürgermeister Jung seit gestern Morgen verreist und Wohnungsamtsverwalter Kreysche beurlaubt ist, konnte das Blatt nur von anderer Seite den Sachverhalt erfahren. Danach weilte Wohnungsamtsleiter Kreysche zu der Zeit, als der Schuss fiel, nicht mehr im Amtszimmer des zweiten Bürgermeisters Jung. Letzterer wollte vielmehr seinen in Unordnung geratenen Revolver in Stand setzen, wobei plötzlich ein Schuss losging und leicht den linken Mittelfinger des zweiten Bürgermeisters Jung streifte.


19. August 1922

Am Sonntag vormittag findet in der Turnhalle die Weihe einer Gedenktafel für die gefallenen Turner statt. Nachmittags 2 Uhr begeben sich die Turner im Festmarsch zum Turner-Gedenkstein auf dem Alten Friedhof am Osterberg, wo eine kurze Gedächtnisfeier abgehalten wird, dann zurück ins Schützenhaus, in dessen Park von 3 Uhr ab großes Konzert, Gesangsvorträge und Schauturnen stattfindet. Ein Ball beschließt den Tag. Alles Nähere ist aus den erlassenen Anzeigen zu ersehen.


24. August 1922

Einen Opernabend veranstaltet am Donnerstag die Kutschan-Kapelle im Garten des Schützenhauses. Das Programm bringt wieder hervorragende Sätze aus unseren besten deutschen Opern und dürfte Freunden edler Musik einige erbauliche Stunden bereiten. Näheres ist aus der Anzeige ersichtlich.


27. August 1922

Die Presse in Todesgefahr. Die Druckpapierfabrikanten haben die Erhöhung des Zeitungspapierpreises ab 1.September auf 70 Mark pro Kilo beschlossen, nachdem der Augustpreis noch 28 Mark betragen hatte. Das sind rund 150%. Ein Waggon Zeitungspapier, der im Frieden 2000 Mark gekostet hat, wird dann auf 700 000 M. d. h um das 350-fache höher zu stehen kommen, vorausgesetzt, daß nicht etwa der Kohlenpreis noch höher wird. Wenn dieser Papierpreis Wirklichkeit werden sollte, so ist die deutsche Presse, die große wie die mittlere und kleine, schlechthin erledigt. Gerade in unserer jetzigen Lage wäre es eine nicht hoch genug einzuschätzende politische und volkswirtschaftliche Gefahr, wenn den vielen schon eingegangenen Zeitungen noch mehr folgen würden. Das aber wird unausbleiblich sein, wenn der Papierpreis schon wieder um 150% steigt.


30. August 1922

Beurlaubung der Schuljugend zur Kartoffelernte. Das preußische Kulturministerium hat angeordnet, daß, soweit wie irgend möglich, der Schuljugend die Mitarbeit an der Kartoffelernte durch Beurlaubung gewährt werden soll.