1923
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember4. November 1923
Der „Flüster-Walzer“. Der Import von Tänzen aus allen möglichen Ländern nach Deutschland hat einen nicht geringen Umfang. Schon vor kurzer Zeit brachten wir die Nachricht über neue Tänze in der kommenden Wintersaison. Jetzt verlautet, daß auch Amerika, das uns seit einigen Jahren mit neuen Tänzen reichlich versorgt, auch in dieser Saison wieder einige „Neuschöpfungen“ der Tanzkunst nach der alten Welt sendet, die aber nichts mehr mit dem schnellen Rhythmus und der zappeligen Lebendigkeit bisheriger Tänze zu tun haben, sondern ganz langsam, träumerisch gehalten sind. Der wichtigste dieser neuen Tänze ist der sog. „Flüster-Walzer“, der einen melodisch hinschmelzenden, leisen Takt hat. Ein anderer Tanz heißt „Raggedy Ann“, der ebenfalls mit möglichst viel Gefühl und möglichst wenig Bewegungen ausgeführt werden soll. Wenn uns doch die „neue Welt“ mit ihren Neuschöpfungen der Tanzkunst bloß verschonen möchte; wir haben in Deutschland andere Sorgen als amerikanische „Flüster-Walzer“ und „Raggedy Anns“ mit möglichst wenig Bewegungen zu tanzen. Unser wichtigster „Tanz“ ist die Arbeit und daneben begnügen wir uns in Stunden harmloser Geselligkeit mit guten deutschen Tänzen, an denen es uns nicht ermangelt.
12. November 1923
Mädchenberufswahl. Zum Herbst treten die Fragen der Berufswahl und Berufsausbildung wieder besonders in den Vordergrund. Es sei darum erneut hingewiesen auf den für Mädchen so naheliegenden Beruf als Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen. In kaum einem anderen Beruf entfalten sich die mütterlichen Anlagen des Mädchens so, wird es daher solche Befriedigung finden wie dort. Das staatlich anerkannte Seminar für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen, Lutherstift Frankfurt a.O. nimmt zum Oktober noch Anmeldungen von Schülerinnen entgegen. Näheres ist aus dem Anzeigenteil ersichtlich.
21. November 1923
Der Umbau des Bahnhofsgebäudes geht nun langsam seinem Ende entgegen. Durch die Aufstockung hat das Gebäude ein recht freundliches Aussehen bekommen. Auch sind 10 Wohnungen geschaffen worden, so daß jetzt 12 Familien einschl. des Bahnhofswirtes indem Gebäude untergebracht sind. Das Stellwerk ist noch im Bau, dürfte aber in Kürze auch fertiggestellt sein. Der Bau ist nur langsam vorwärts gekommen und wurde besonders durch den Bauarbeiterstreik behindert. Allseitig wird bedauert, daß das kleine Gärtchen der Bahnhofswirtschaft eingegangen ist. Es verlautet indessen, daß bei dem in Aussicht genommenen Bau eines Ueberholungsgleises wieder etwas Platz für einige Tische und Stühle vor dem Gebäude (Bahnsteigseite) geschaffen werden soll. Das ganze Bahnhofsgebäude mit Nebengebäuden gereicht dem Ort zur Zierde und macht auf den Fremden einen guten Eindruck.