Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1901

Juni Juli August September Oktober November Dezember

6. Dezember 1901


8. Dezember 1901

Viehzählung. Bei der am 2. Dezember vorgenommenen Zählung des Pferde- und Rindviehbestandes wurden im Stadtbezirk 606 Pferde und 5 Füllen, zusammen also 611 Stück, sowie 8 Bullen, 636 Kühe, 21 Ochsen und 121 Stück Jungvieh und Kälber, zusammen also 786 St. gezählt.


10. Dezember 1901

In der Berlin- Gubener Hutfabrik ist vor einigen Tagen an der großen Dampfmaschine von 350 Pferdekräften ein größerer Defekt entstanden, der die Betriebsleitung leider zwang, den größten Theil des Betriebes feiern zu lassen. Mit Hilfe eines schnell aufgestellten Petroleummotors werden die notwendigsten Arbeiten ausgeführt, sodaß ein Theil der Arbeiter beschäftigt werden kann, die Mehrzahl derselben muß feiern, obwohl der Lohnausfall jetzt kurz vor Weihnachten doppelt empfindlich ist, bis der Schaden ausgebessert ist, was voraussichtlich Freitag der Fall sein wird. Als ein Glück ist es zu betrachten, daß bei der furchtbaren Gewalt, mit der der Boden des Cylinders herausgerissen wurde, Niemand verletzt  worden ist.


11. Dezember 1901

Der Fernsprechverkehr mit Posen wird vom 12. Dezember ab zugelassen. Die Gebühr für ein gewöhnliches Gespräch von 3 Minuten beträgt 1 Mark.


12. Dezember 1901

Groß Gastrose. Mit fröhlichem Weidmannsheil begrüßten sich die Theilnehmer auf der Jagd, die Fabrikbesitzer Lehmann auf dem herrschaftlichen und bäuerlichen Revier in Pohsen veranstaltete. Das klare Frostwetter versprach ein lustiges Treiben und ließ auf eine reiche Jagdbeute hoffen. Aber als ob Lampe sein Verhängniß ahnte, war er nicht an die Schützen heranzubringen; viele blieben ruhig im Lager und wandten sich dann gegen die Treiber, deren Kette durchbrechend. So waren z.B. im letzten Treiben an 30 Hasen, von denen nur 12 geschossen wurden, da sie trotz des guten Zurufs der Treiber nicht an die Schützen heranzubringen waren und bei den Treibern einen Durchgang suchten. Geschossen wurden 91 Hasen, 6 Rehe, 16 Kaninchen und 1 Baummarder.


18. Dezember 1901

Ein dreister Diebstahl ist gestern Nachmittag im Hause Herrenstraße 13 in der im 3. Stock belegenen Wohnung der verehelichten Arbeiterin Pauline B. ausgeführt worden. Der Dieb brach mit einer Zange das Schloß der Stubenthür auf und eignete sich eine Damenuhr mit Kette und einen Ring an, die frei auf dem Tisch lagen, sowie aus dem unverschlossenen Schrank einen schwarzen Kammgarn-Herrenrock. Die Uhr ist eine alte goldenen Damen-Cylinderuhr, 18 karrätig, auf 8 Steinen gehend und hat einen Werth von 30 Mark; die Kette ist unecht, zweitheilig, an einem Ende befindet sich ein weißer Stein in Form einer Weintraube, am anderen Ende ein blauer Stein. Der Ring ist ein kleiner Damenring im Werthe von 4 Mark. Der Dieb hat außer der Zange, mit der er die Thür erbrach, ein ziemlich gutes Jacket zurückgelassen, in dem sich ein Cigarrenetui mit einigen Cigarren, eine Anzahl Briefe und eine Visitenkarte befanden. Wahrscheinlich hatte er das Jacket auch irgendwo gestohlengehabt; die Briefe stammen aus dem Jahr 1889. Es wird angenommen, daß der Dieb in einem auf Kunstreisen befindlichen auswärtigen Gauner zu suchen sei. 


19. Dezember 1901


21. Dezember 1901

Ein durchgehendes Pferd verursachte heute früh gegen ½ 9 Uhr einige Aufregung in der Frankfurterstraße. Das Fuhrwerk gehörte einem Bauern aus Kerkwitz; in der Gasstraße ging das Pferd durch, der Führer des Fuhrwerks versuchte vergeblich es zu zügeln, er stürzte herab und das Pferd rannte weiter. In der Frankfurterstraße warfen sich ihm 2 Mann entgegen, sie wurden eine Strecke geschleift, der Wagen wurde dabei gegen einen schweren Kohlenwagen geschleudert und ging fast in Trümmer, das Pferd stürzte und wurde jetzt leicht gebändigt. Der Kutscher ist mit einigen Schrunden und Schrammen davongekommen, das Pferd hat Verletzungen an einem Knie erlitten.

 „Stecknadel aus dem Munde!“ so ruft wohl mancher besorgte Gatte seiner eifrig nähenden Frau zu, nicht einmal, sondern immer wieder. Ob er damit Erfolg hat, und diese häßliche Unsitte wenigstens aus seinem eigenen Hause verbannen wird? In einer Stadt Ostpreußens fiel kürzlich ein blühendes Menschenleben einer Stecknadel zum Opfer. Der Arzt sezirte die Leiche des jungen Mädchens, um der räthselhaften Todesursache auf den Grund zu kommen. In ihrem Magen fand sich eine Stecknadel, die Geschwulste, Eiterungen und schließlich den Tod herbeigeführt hatte. Könnten unsere liebenswürdigen Leserinnen nicht die nöthige Folgerung aus dieser traurigen Geschichte ziehen, selbst mit einer üblen Gewohnheit brechen und dann auch beim Anproben von Kleidern und Mänteln streng darauf achten, daß die betreffenden Schneiderinnen die Nadeln nicht in den Mund nehmen? Wozu giebt es denn die praktischen Nadelkissen, die so bequem am Gürtel befestigt werden können, gerade so gut wie die Scheere! Vielleicht ahnen viele unserer Frauen und Mädchen nicht, die mit Schneidern sich befassen, daß von dem Metallgeschmack der Stecknadeln auf die Dauer im Munde  Uebelkeit und Appetitlosigkeit, sowie eine Lockerung der Zähne entsteht. Und wie schnell ist bei aufsteigendem Reiz zum Niesen oder Husten eine Stecknadel verschluckt. Ebensowenig, wie man Messerspitzen in den Mund steckt, sollte man das auch mit den Stecknadeln thun. Darum fort mit der Stecknadel aus dem Munde!                                       


25. Dezember 1901

Weihnachten.  Die in voriger Woche noch so vielfach gehegte Erwartung eines weißen Weihnachtsfestes, einer leuchtenden Schneelandschaft, durch welche rasche Schlitten mit frohen Menschen unter Schellengeläut dahinjagen, dürfte sich wohl für einen großen Theil Deutschlands kaum erfüllen. Der Schnee ist verschwunden, und das eingetretenenWetter ist alles eher denn weihnachtlich zu nennen. Auch die nordamerikanischen Ankündigungen von der unerhörten Kältewelle sind schnell zu Wasser geworden. Nun, der Winter ist noch lang, er hat gerade erst begonnen, so daß auch die Eis- und Schneesport-Freunde noch auf ihre Rechnung kommen können. Im vorigen Winter setzte die Kälte genau mit Jahresbeginn ein und sie zeigte sich ebenso kräftig wie andauernd. Geschlossen sind die Schulpforten, mit leuchtenden Augen und heißem Sehnen harrt die Jugend des Erscheinens des Weihnachtsmannes, und auch der Erwachsenen bemächtigt sich jene erregte Stimmung, die dem Christfeste stets vorangeht und die der Erwartung über all die frohen Gesichter entspringt, welche bei der Bescheerung sich um den Weihnachtsbaum sammeln. So wollen wir denn nach den langen Monaten voll Mühe und Arbeit und Sorgen ein um so freudigeres Fest feiern. Die Christfeier ruht im echten, reinsten Familienglück, sie hat ihre Urquell im deutschen Gemüth. Mag uns die Härte der Zeit viel genommen haben, die herrlichen Stunden im Jahre kann sie uns nie nehmen, die sind uns treu gewahrt. Feiern wir ein frohes Fest nach unfrohen Tagen, halten wir die Erinnerung wach auch für die spätere Zeit. In Weihnachts-Unterhaltung und Festschmausereien, in das obligate Kuchen-Vertilgen und das Finden von glücklichen Herzen unter Austausch der unscheinbaren und doch so viel bedeutenden goldenen Reise mischt sich das Tohuwabohu von Jungdeutschland mit Trommeln und Trompeten und sorgt für das Aeußere. Heute Abend glänzen die Kerzen vom Christbaum, fällt ihr Licht in Millionen deutscher Augen, zieht innige Rührung in Millionen deutscher Herzen. Und indem wir hoffen, es werde Allen ein Tisch gedeckt sein, die sich darnach sehnten, wünschen wir Glück und Segen für’s deutsche Haus.


29. Dezember 1901

Kaltenborn.  Eine ganz besondere Weihnachtsfreude wurde Albert Richter, einem Sohn des Bauern August Richter von hier bereitet. Genannter junger Mann  ist im Herbste dieses Jahres nach zweijähriger Dienstzeit bei der 2. Comp. des 1. Garde-Regiments zu Fuß als Reserveunteroffizier in die Heimath entlassen worden. Er war seiner Zeit Flügelmann der 2. Compagnie, bei welcher bekanntlich der Kronprinz vor Antritt seiner Studienzeit in Bonn als Oberleutnant und Führer des ersten Zuges Dienst that. Durch seine soldatische Strammheit, sowie durch seinen guten Humor hat Richter es verstanden, sich die besondere Zuneigung des Kronprinzen zu erwerben. So hat ihm dieser während seiner Dienstzeit von Bonn aus sein mit eigener Unterschrift versehenes Bildniß in Gegenwart der ganzen Kompagnie überreichen lassen. Auch hat der Kronerbe das Bildniß Albert Richters gewünscht und mit Dank angenommen. Daß auch nach dem Ausscheiden Richters aus dem aktiven Militärdienste der Kronprinz seines ehemaligen Flügelmannes in Freundlichkeit gedenkt, beweist, daß er ihm als Weihnachtsgeschenk am 3. Feiertage ein wertvolles Portemonnaie, geziert mit der Krone und einem W, durch die 2. Compagnie hat zustellen lassen. Es darf wohl nicht besonders hervorgehoben werden, daß unser glücklicher Einwohner diese Auszeichnungen wohl zu schätzen weiß und die kostbaren Geschenke seines hohen Gönners allezeit in Ehren halten wird.