Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1901

Juni Juli August September Oktober November Dezember

3. September 1901

Bauernregeln für den Monat September.

Ist Aegidi (1.) ein heller Tag, ich dir schönen Herbst ansag´

Ist´s am 1. September hübsch rein, wird´s den ganzen Monat sein.

Septemberregen kommt Saaten und Reben gelegen.

Wie an St. Aegidius, vier Wochen das Wetter bleiben muß.

Nach Septembergewittern wird man im Hornung vor Kälte zittern.

So der nächste März wie der September, so der Juni wie der Dezember.

Späte Rosen im Garten lassen gelinde Winter erwarten.

Ist der Herbst sehr schön, muß man im Winter lange im Pelze geh´n.

Wie sich´s Wetter um Mariä Geburt (8.) thut verhalten, so soll sich´s weiter vier Wochen gestalten.

Viel Gewitter im September, viel Schnee im März und ein reiches Kornjahr allerwärts.

Matthäi Wetter hell und klar machet ein gutes Weinjahr; wenn Matthäus weint statt lacht, er statt Wein den Essig macht.

So viel Reif und Schnee vor Michaelis, so viel dann nach Walpurgis.

Halten die Zugvögel lange bei uns aus, so ist auch ´s gute Wetter noch nicht aus.

Zu Michaeli Wind von Nord und Ost, bedeuten starken Winterfrost.

Viel Eicheln im September, viel Schnee im Dezember.

Fallen die Eicheln vor Michaelis ab, geht´s mit der Wärme schnell bergab. Warme Nächte bringen Herrenwein, bei kühlen Nächten wird er sauer sein. Wer Korn schon um Aegidi sät, nächstes Jahr viel Frucht abmäht.

Wenn Hennen viel im Sande wühlen, ist´s daß sie Sturmes Nahen fühlen.

Sieht man die Zugvögel zeitig zieh´n, bedeutet´s, daß sie vor Kälte flieh´n.

Der Hopfenblüte starkwürzigen Duft verkündet trockne, warme Luft.

So lange der Kiebitz noch nicht weicht, ist milde Witterung angezeigt.

Der erste Reif bei Vollmond droht den Blättern und den Blüten Tod.

Zieht´s Eichhorn still ins Winternest, wird bald die Kälte hart und fest.

Sind Michel noch die Vögel da, so ist der Winter noch  nicht nah.

Scharren die Mäuse tief sich ein, wird ein harter Winter sein und sogar viel härter noch, bauen die Ameisen hoch.

Stehen zu Michaelis die Fische hoch, kommt viel schönes Wetter noch.

Wenn viel Spinnen kriechen, sie schon den Winter riechen.

Wittert´s im September noch, liegt im März der Schnee noch hoch.

Ein Herbst, der rein und klar, ist gut fürs nächste Jahr.

Michaeliswein ist Herrenwein, Galluswein ist Bauernwein (16. Oktober). Septemberdonner prophezeit vielen Schnee zur Weihnachtszeit.

Vergeßlich. Eine Steinkruke mit Schnaps ist heute vormittag auf dem Markte vergessen worden. Dem vergeßlichen Eigenthümer wollen wir verrathen, daß sie bei der Polizei gut aufbewahrt wird.


4. September 1901

Ziemlich unvermittelt und früher als sonst ist der Herbst ins Land gezogen. Graue Regenwolken verhüllten seit mehreren Tagen den Himmel. Kalte Regenschauer gingen nieder. Durch die Straßen fegten herbstliche Stürme, und um die Thürme und Schornsteine flatterten Nebelschleier. Die Bäume sind fahl und gelb geworden, manche haben bereits ihren Blätterschmuck fast gänzlich verloren, der unter der sengenden Gluth der diesjährigen Sommertage seine schwellende Kraft einbüßen mußte. Das Alles sind Erscheinungen, wie sie zu Beginn des Septembers sich alljährlich wiederholen. Aber mitten in der Herbststimmung zeigt sich neues, frühlingsmäßiges Wachsen und Leben. Neben den alternden Bäumen finden sich solche, welche neue Blättertriebe angesetzt haben. Insbesondere Kastanienbäume zeigen mehrfach frischen, grünen Blätterschmuck, der gar seltsam absticht von dem gelben, röthlichen Laub der anderen Bäume. Und doch sind sie vorbei, die „Tage der Rosen“. Auch diese Johannistriebe in der Natur vermögen uns nicht darüber zu täuschen, daß der Sommer seinen Abschied nimmt und der Herbst naht. Was duftet und sang, ist verblüht und verklungen. Noch schmücken aber die Anlagen und Gärten die in den verschiedensten Farben blühenden Hortensien, Astern und Levkojen.  Dazwischen erheben Georginen ihre farbenprächtigen Blüthen. Bunte Winden und üppige Kressen wiegen sich im Winde. Oben in den Lüften aber sammeln sich die Vögel zur Abschiedsreise. Die ersten der gefiederten Sänger, welche uns verlassen, sind die Staare. Schon in der letzten Woche zogen sie in Scharen nach der südlichen Heimath. Jetzt folgen ihnen die Schwalben; im ersten Drittel des September nehmen sie von uns Abschied. „Wenn die Schwalben heimwärts ziehen…“


12. September 1901

Mittel gegen Schlaflosigkeit. Viele Leute klagen, daß sie nicht einschlafen können und es doch besser sei, außer Bett zu bleiben und Nachts lieber eine Beschäftigung zu treiben, als mit Langeweile, Verdruß und Gedankenflucht im Bett zu liegen. Es ist bei solcher Klage zunächst nachzuforschen, ob eine krankhafte Ursache, z.B. Reizung der Gehirn- und Unterleibsnerven durch Blutdruck, Würmer etc. oder ob Angewöhnung die Ursache der Schlaflosigkeit sei; die erstere, krankhafte Ursache muß der Arzt zu beseitigen suchen., die Angewöhnung aber ist durch ein einfaches Mittel zu bezwingen, welches schon Hufeland als wirksam empfiehlt. Man steht nämlich von selbst, oder durch Aufwecken gezwungen, jeden Morgen recht früh auf, einerlei, ob man die Nacht gewacht oder erst gegen Morgen Schlaf bekommen habe. Nach etwa acht Tagen konsequenter Ausführung dieser Maßregel wird man Abends Müdigkeit empfinden und im Bette sanft einschlafen. Die vielen empfohlenen Kunstmittel, um die Schlaflosigkeit zu überwinden und das Einschlafen zu vermitteln, wie Zählen, Verfolgen eines gleichgültigen Gedankens bis zur Ermüdung, Verfolgen seines eigenen Einathmens und Ausathmens oder sonstige andere Hülfsmittel, haben wohl selten Erfolg, aber vor Allem gehe man nicht mit dem Gedanken in´s Bett, doch nicht einschlafen zu können, denke nicht an das Einschlafen, lausche nicht auf den Moment eintretender Vorgefühle des Schlafes, All dies führt vom unfreiwilligen Schlaf ab und regt auf, statt zu beruhigen.


14. September 1901

Mit dem Schluß des Sommerhalbjahres wird in den hiesigen Volksschulen eine Neuerung eingeführt werden, die gewiß von vielen Eltern mit Freuden  begrüßt werden wird. Während bisher nur in den drei obersten Klassen derselben zu Ostern Censuren ausgetheilt wurden, hat jetzt die Schuldeputation die Ertheilung von Censuren an die Schüler aller Klassen und auch zu Michaeli beschlossen. Man hofft dadurch die Beziehungen zwischen Schule und Elternhaus enger zu knüpfen und die Eltern auf etwaige geringere Fortschritte ihrer Kinder, die für die Osterversetzung maßgebend sein könnten, aufmerksam zu machen. Es gelangen deshalb an alle Volksschüler, welche die hiesigen Schulanstalten seit Ostern d.J. besucht haben, Censurenbücher mit den nöthigen Eintragungen der Lehrer zur Vertheilung. Dieselben werden nach den Herbstferien, mit den Unterschriften der Eltern oder Vormünder versehen, worauf wir diese besonders aufmerksam machen, von den Lehrern wieder eingesammelt werden.


17. September 1901

 


20. September 1901

Ein gewaltiger Dampfkessel wurde heute Vormittag nach dem Lißner´schen Neubau geschafft. Zehn Pferde zogen ihn von der Bahn durch die Stadt bis zu der kleinen Brücke, die kurz vor dem Grundstücke des Herrn Lißner ist¸ hier weigerten sich die Besitzer der Pferde, weiter zu fahren, spannten die Pferde aus und ließen den Wagen mit dem Kessel stehen. Kurz entschlossen legten die Maurer, die Herr Hartmann bei dem Bau beschäftigt, etwa fünfzig Mann, Stricke und Ketten um den Wagen und schleppten die riesige Last über die Brücke etwa 50 bis 50 Meter weit an Ort und Stelle.


22. September 1901

Grober Unfug. Neuerdings macht sich ein unnützer Lümmel das Vergnügen, in der Frankfurter und Bahnhofstraße die Nachtklingeln zu ziehen. Es wird jedenfalls bald gelingen, den Burschen, der in so muthwilliger Weise die Nachtruhe stört, abzufassen; eine Tracht Prügel und die polizeiliche Bestrafung wegen groben Unfugs ist ihm dann sicher.


26. September 1901

Der heutige Viehmarkt war ausnehmend schwach beschickt. Es waren nur 855 Rinder aufgetrieben, besser beschickt war der Pferdemarkt, auf dem 1125 Pferde  zum Verkauf gestellt waren. Zigeuner, die zum Vieh- und Pferdemarkt eingetroffen waren, ließen nach ihrer Gewohnheit ein halbes Dutzend Pferde ohne Weiteres in die Wiesen an der Kaltenborner Dubrau laufen, wo sie sich güthlich taten. Diesmal kam ihnen die Sache aber theurer zu stehen. Die Pferde wurden gepfändet und die Zigeuner mußten für jedes Pferd 2 Mark zahlen, außerdem erhielten sie ein polizeiliches Strafmandat über 10 Mark, das sie auch sofort bezahlen mußten.