1909
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember7. September 1909
In zwei Tagen im Ruderboot von Guben nach Stettin. Betreffs der von uns am Sonnabend gebrachten Notiz der Fahrt einer Vierermannschaft des hiesigen Ruderklubs nach Stettin können wir noch folgendes mitteilen: Es wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Die Abfahrt erfolgte Sonnabend früh 5 Uhr vom Gubener Bootshaus. Das Ziel des ersten Tages, Güstebiese an der Oder, war Nachmittag 5 Uhr erreicht. Tagesleistung 120 km. Hier wurde Nachtquartier bezogen. Die Abfahrt von Güstebiese erfolgte Sonntag früh ¼ 5 Uhr. War das Wetter am vorhergehenden Tag sonnig und klar, so zeigte es sich jetzt von einer anderen Seite. Die erste Stunde war noch prachtvoller Mondschein, aber allmählich bewölkte sich der Himmel. Ein schöner Sonnenaufgang belohnte zwar noch die Frühaufsteher, aber dann setzte ein ziemlich heftiger Wind ein. Hin und wieder sorgte ein Regenguß für die nötige Abkühlung. Um ½ 10 Uhr wurde bereits Schwedt passiert. Wegen eines Bootsdefektes mußte die Fahrt kurz hintere Wescherin auf 1 ½ Stunden unterbrochen werden, doch auch dieses unvorhergesehene Hindernis konnte die in schönster Harmonie verlaufene Fahrt nicht beeinträchtigen. Gegen 4 Uhr kamen schon auf weite Entfernung die Türme von Stettin in Sicht. Kurz vor 5 Uhr legte das Boot am Bootshause des Ruderklubs „Triton“ in Stettin an. Tagesleistung 100 km.
12. September 1909
Das Bauprojekt für das Volksbad auf dem Getreidemarkt ist in der gestrigen Stadtverordnetensitzung genehmigt worden. Das Bad soll 10 Brause- und 5 Wannenzellen für Männer und 1 Brause- und 4 Wannezellen für Frauen erhalten. Aus der städtischen Stiftung, die aus Anlaß der Feier der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares für diesen Zweck gemacht wurde und aus sonstigen Zuwendungen stehen 35 000 M zur Verfügung. Der Bau ist aber auf 50 000 M veranschlagt, sodaß 15 000 M einstweilen von der Stadtkasse geliehen werden müssen. Das Bad wird den Namen Wilhelm-Auguste Victoria-Bad führen.
17. September 1909
Auflösung der Gemeinde Schiedlo. Die Räumung des vom Staat mit Hülfe der Provinz erworbenen Dorfes Schiedlo ist im wesentlichen beendet. Die Ankäufe sind bis auf drei durchgeführt, zwei davon haben lediglich wegen rechtlicher Schwierigkeiten, die in dem fehlenden Nachweis der Erben und der Verfügungsberechtigung bestehen, noch nicht abgeschlossen werden können. Der dritte (Fährkrüger) scheiterte bisher an zu hohen Forderungen des Besitzers, der einstweilen noch wohnen bleiben soll, da seine Gebäude dicht am Deich und sehr hoch liegen. Wegen der Ankäufe der Grundstücke von Pfarre, Kirche und Küsterei steht noch die Genehmigung der Aufsichtsbehörden zu den bereits abgeschlossenen Kaufverträgen aus. Von den erworbenen Gebäuden sind 13 auf Abbruch verkauft und abgebrochen, die Hausstellen sind eingeebnet und werden im laufenden und nächsten Jahre durch Baumpflanzungen nutzbar gemacht werden. 5 – 6 Gebäude sollen zunächst als Wohnungen für fiskalische Arbeiter erhalten und später beseitigt werden. Die erworbenen Grundstücke werden, soweit möglich, als Wiesen genutzt, die hochgelegenen werden aufgeforstet oder mit Korbweiden bepflanzt. Die im Ort verbliebenen 6 Ortsarmen wurden vorläufig im Schulgebäude untergebracht, da die Schule am 1. Oktober 1908 geschlossen worden ist. Die noch im Ort gebliebenen 3 schulpflichtigen Kinder sind in dem benachbarten Kraesem eingeschult….
18. September 1909
Der Geschäftsgang der Berlin-Gubener Hutfabrik Akt.-Ges. hat, wie die Berliner Morgenp. von zuständiger Seite hört, sich im laufenden Jahre recht befriedigend gestaltet. Der Absatz zeigt eine wesentliche Steigerung, und es liegen zurzeit Aufträge vor, die dem Unternehmen für etwa 1 ½ Jahre volle Beschäftigung gewähren. Da auch die Rohmaterialverhältnisse für die Gesellschaft vorteilhaft liegen, so wird in Verwaltungskreisen mit einer weiteren Erhöhung des Erträgnisses und entsprechenden Aufbesserung der Dividende auf 12 Prozent gerechnet. In den letzten drei Jahren verteilte die Gesellschaft 9,10 und 11 Prozent.
19. September 1909
Von der Berlin-Gubener Hutfabrik Aktiengesellschaft vorm. A. Cohn erhalten wir folgende Zuschrift: Wir legen Wert darauf festzustellen, daß die Direktion der von Ihnen aus der Berliner Morgenpost übernommenen Notiz, die Berlin-Gubner Hutfabrik Akt.-Ges. vorm. A. Cohn betreffend, vollständig fern steht und daß namentlich die Angabe über den Beschäftigungsgrad unzutreffend ist.
21. September 1909
Gr.-Gastrose. (Neue Erfindung.) Eine wichtige Erfindung ist dem Obermüller der hiesigen Mühlenwerke, Curt Zuche, gelungen. Es handelt sich um eine neue luftlose, trotzdem elastische und federnde Fahrradbereifung, sodaß, falls sich die neue Erfindung bewährt, was nach Ansicht von Fachleuten zu erwarten ist, das leidige Defektwerden des Luftreifens ausgeschlossen ist. Die Erfindung ist zum Patent angemeldet. Sie soll auch für Motorräder und Automobile verwendbar sein.
28. September 1909
Ein heftiges Gewitter mit starkem Regenguß entlud sich in der Nacht zu Sonntag. Durch einen Blitzstrahl wurde das Bergrestaurant Schönhöhe eingeäschert. Die Inhaberin des Restaurants, Frau Witwe Krug, wurde durch einen prasselnden Donnerschlag aus dem Schlafe geschreckt und mußte die Wahrnehmung machen, daß der Blitz in ihr Grundstück eingeschlagen hatte; er hatte merkwürdiger Weise das flache Dach des Vorderhauses getroffen, nicht den am Anbau befindlichen spitzen Giebel. In kurzer Zeit schlugen auch schon die Flammen empor, vermutlich hatte der Blitz das Spirituosenlager entzündet. Leider dauerte es recht lange, bis Hilfe herbeikommen konnte. Das Grundstück liegt auf einer Bergeskuppe, völlig abgesondert von anderen Wohngebäuden. Zunächst sandte Frau Krug das Mädchen, das mit ihr allein im Hause anwesend war, zum nächsten Feuermelder, der sich in beträchtlicher Entfernung, nämlich in der Crossener Straße bei Kaufmann Gebholt befindet. Das Feuer breitete sich im Hause schnell aus, besonders das Zimmer, in dem sich ein Schrank mit verschiedenen Papieren und einigen hundert Mark Papiergeld befand, war in kurzer Zeit von Flammen und Rauch erfüllt, sodaß alles verbrannte; bis die erste Spritze an Ort und Stelle war, verging bei der Entfernung geraume Zeit und ein Hydrant ließ sich nicht anschrauben, denn Wasserleitung gibt´s dort oben nicht; der geringe Wasservorrat in einem gemauerten Bassin war bald verbraucht und das übrige Wasser mußte von weither mit Wasserwagen heraufgefahren werden. Immerhin gelang es der Feuerwehr, den hinteren Teil des Gebäudes mit der Küche im Parterre und einigen Wohnräumen im oberen Stock zu erhalten. Der vordere Teil mit sämtlichen Restaurationszimmern und dem Büffetraum, sowie einigen Wohnräumen oben ist völlig niedergebrannt, die Möbel sind verbrannt oder stark beschädigt…