Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1909

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6. August 1909

Auf einer städtischen Dubrau sind beim Sandabfahren vorgeschichtliche Gefäße, zum Teil mit zerschlagenen Gebeinen gefüllt, ausgegraben worden, durch die darauf gepackten Steine nicht selten schon zerdrückt. Als Eigentum der Stadtgemeinde sind sie dem städtischen Museum zugeführt worden. Um zu verhüten, daß von Unbefugten Nachgrabungen vorgenommen und dabei Tonsachen zerbrochen werden oder aber dort gefundene Gegenstände in Privatbesitz geraten, findet während der Arbeitszeit selbst eine Überwachung der Fundstelle statt, während für die übrige Zeit das Feld unter besonderen polizeilichen Schutz gestellt ist. Von dem nicht früher bereits zerstörten Teile ist eine genaue Aufnahme gemacht; ebenso wird von der Einrichtung jeder einzelnen Gruft eine Skizze entworfen und von besonders reihhaltigen eine Photographie aufgenommen, so dass später die wohlerhaltenen und die aus den Scherben wieder zusammengesetzten Gefäße mit ihren Bronze- und Eisenbeigaben nach der Zusammengehörigkeit in den einzelnen Gräbern im Museum aufgestellt werden können. Vorläufig sind sie in dessen Reserveräumen untergebracht. Man weist das Urnenfeld nach den Metallfunden und nach Form und Verzierung der Gefäße dem 6. Jahrhundert vor Chr. Geb. zu.


7. August 1909

Eine interessante Entscheidung über die Straßenreinigungspflicht fällte gestern die hiesige Strafkammer. Der Winzer B. auf dem Osterberge hatte wegen Übertretung der Polizeiverordnung über die Straßenreinigung einen Strafbefehl über 3 M. erhalten, war aber auf seinen Einspruch hiergegen vom Schöffengericht freigesprochen worden. Die Anklagebehörde hatte Berufung eingelegt und der Staatsanwalt führte aus, daß die von der Verteidigung zu Gunsten des Angeklagten geltend gemachte Meinung, es bestehe für die Straßenreinigung keine Observanz [örtl. begrenztes Gewohnheitsrecht], solche habe sich auch nicht bilden können, angefochten werden müsse; zur Bildung einer Observanz gehörten auch nicht 30 Jahre, eine solche könne sich neben der Polizeiverordnung auch in viel kürzerer Frist bilden. B. hatte behauptet, er sei zur Straßenreinigung nicht verpflichtet, dies habe die Stadt zu besorgen, die dazu verpflichtet sei. Nun wird aber die Straßenreinigung seitens der Stadt nur auf Antrag der Besitzer und gegen Bezahlung ausgeführt. Durch Zeugen wurde festgestellt, daß seit mehr als 30 Jahren ohne jedweden Widerspruch in ganz Guben seitens der Hauseigentümer die Straßenreinigung erfolgt ist. Der Staatsanwalt betonte,  schon die Polizeiverordnung von 1851  beruhte auf einem Gewohnheitsrecht, es habe sich ein solches gebildet;  er beantrage unter Aufhebung des Vorerkenntnisses die Wiederherstellung des Strafbefehls. Der Verteidiger, R.-A. Unger,  beantragte Verwerfung der Berufung, für den Osterberg bestehe bezüglich der Straßenreinigung eine Observanz nicht, sie habe sich überhaupt für die Stadt nicht bilden können, zumal da ein Teil der Straßenreinigung durch die Stadt besorgt werde. Der Staatsanwalt widersprach dieser Auffassung. Der Gerichtshof hielt es für erwiesen, daß sich bereits bei Erlaß der Polizeiverordnung über die Straßenreinigung von 1851 eine Observanz gebildet hatte; es könne auch nicht angenommen werden, daß der Angeklagte in gutem Glauben gehandelt habe. Das freisprechende Urteil des Schöffengerichts wurde daher aufgehoben und der Angeklagte zu 3 M. Geldstrafe und den sehr erheblichen Kosten des Verfahrens verurteilt.


11. August 1909

Zum heutigen Viehmarkt waren 706 Pferde und 1160 Rinder aufgetrieben. Für Standgeld wurden 373,20 M. eingenommen.


15. August 1909

Auf der städtischen Dubrau, von deren Altertümern wir unlängst berichtet  haben, ist die weitere Entnahme von Erdboden jetzt ausgeschlossen, weil sich die Ausschachtung zu sehr dem vielbetretenen Feldwege nähert. Durch die Rücksicht auf den öffentlichen Verkehr verbieten sich auch private Ausgrabungen. Mit Rücksicht auf die Grüfte ist in der letzten Woche die Bodenentnahme schichtweise erfolgt, so daß sich am Donnerstag auf ca. 70 freigelegten Quadratmetern 10 – 11 vorgeschichtliche Gräber wie auf einer Platte aufgebaut darstellten. Sie entbehrten in diesem westlichen Teile des Feldes fast gänzlich des schützenden Steinsatzes, und da sie zum Teil nicht sehr tief unter der Oberfläche lagen, waren namentlich die größeren Gefäße zerdrückt; der feuchte Inhalt hielt sie aber in ihrer ursprünglichen Form zusammen, so daß zahlreiche photographische Aufnahmen gelangen. Der interessante Anblick hatte zeitweilig und namentlich in den Abendstunden mehr als 200 Zuschauer angelockt, und sofort nach Abräumung der Reste vergangener Jahrhunderte war der Boden  der stillen Gräberstätte, deren Sohle stellenweise fast 2 Meter tief lag, ein lustiger Tummelplatz zahlreicher Kinder jenes Stadtteils. Die Gefäße (große Terrinen, kleine Näpfe, Tassen, Schalen mit eingelegten Fläschchen, Teller und Schüsseln, ein zweiteiliges großes Räuchergefäß u. a.) sind in den Reserveräumen des Museums untergebracht, ebenso die Scherbenmassen, aus denen, soweit es möglich ist, im Laufe des Winters die Gefäße wieder aufgebaut werden sollen.


18. August 1909

Eine beschwerliche Ruderfahrt hatten einige Mitglieder des Gubener Ruderklubs zu überwinden. Die Fahrt war von Guben bis Hamburg über Fürstenberg, Fürstenwalde, Treptow, Potsdam, Brandenburg a. H., Rathenow, Wittenberge a. E. geplant. Wegen starken Gegenwindes und außerordentlich hohen Wellenganges der Elbe konnte die Fahrt leider nicht bis Hamburg durchgeführt, sondern musste in Wittenberge abgebrochen  werden…. Trotz dieser Schwierigkeiten sind die Beteiligten von der Fahrt, die sehr interessant und genussreich war, entzückt; sie wären von Wittenberge aus in 2 Tagen in Hamburg gewesen, wenn nicht das Wetter einen gar zu dicken Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Bis Wittenberge haben die Ruderer 6 Tage gebraucht.


22. August 1909


26. August 1909

Adressbuch der Stadt Guben. Wie aus dem Inseratenteil ersichtlich, wird voraussichtlich im Dezember d. Js. ein neues Adressbuch erscheinen. Im wesentlichen soll es der großen Ausgabe von 1908 gleichen. Besondere, dem allgemeinen Interesse dienende Verbesserungen werden angestrebt. Zur besseren Orientierung werden im Straßenverzeichnis bei jeder Straße, die von Querstraßen durchschnitten wird, oder in die Straßen münden, solche erkenntlich gemacht. Ferner wird ein Anhang mit einem Verzeichnis sämtlicher zum Landkreise Guben gehörigen Ortschaften beigegeben. Durch diese Neuerung wird das Buch sicherlich noch mehr praktischen Wert erhalten und durch seine neue Ausgestaltung zweifellos auch auf dem Lande große Verbreitung und Beachtung finden. Die Geschäfts- und Gewerbetreibenden sowie die Inhaber von Agenturen werden noch besonders auf das Inserat aufmerksam gemacht und gebeten, ihre Wünsche möglichst bald dem Herausgeber, Polizeisekretär Wendt, anzugeben. Das Adressbuch dürfte in seiner Neubearbeitung ein sehr zweckdienliches Nachschlagewerk für Jedermann sein.


31. August 1909

Wellmitz. (Schulerweiterung.) Die Schulkinderzahl hierselbst macht, wie wir schon einmal berichtet haben, die Errichtung einer dritten Lehrerstelle unumgänglich notwendig. Schwierig ist die Beschaffung der hierzu notwendigen Räumlichkeiten für das Klassenzimmer. Das hiesige alte Schulhaus gestattet infolge seiner Lage und seines Bauzustandes weder einen Auf-, noch einen Erweiterungsbau und ebenso stößt die Beschaffung eines geeigneten Bauplatzes im geschlossenen Orte auf Schwierigkeiten. Der Schulvorstand hat nun beschlossen, das jetzige Schulgehöft niederzulegen und auf demselben Platze ein neues Schulhaus zu erbauen, das allen Anforderungen der Neuzeit entsprechen, Räumlichkeiten für 3 Schulklassen und 3 Lehrerwohnungen gewähren und auch später einen etwa notwendig  Erweiterungsbau zulassen soll.