1909
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember3. Januar 1909
In der Stadt- und Hauptkirche zählte man im Kalenderjahre 1908: 276 getraute Paare (1907; 292); 881 (881) Getaufte und zwar 430 Knaben, 451 Mädchen. (411 Knaben, 470 Mädchen), 721 (701) Konfirmierte, und zwar 376 Knaben, 345 Mädchen (327 Knaben, 374 Mädchen; 6016 Kirchen- und 290 Hauskommunikanten (5728 und 338); 428 kirchliche Beerdigungen (443).
8. Januar 1909
Die fortgeschriebene Bevölkerungsziffer unserer Stadt betrug am 1. Dezember 1907 37 854, am 1. Dezember 1908 38 067. Es ist also eine Zunahme der Bevölkerung um 213 Seelen zu verzeichnen. Ein günstiges Zeichen, da manche Städte infolge der rückläufigen Konjunktur eine Abnahme der Bevölkerungszahl aufzuweisen haben.
10. Januar 1909
Standesamtliches. Im Jahre 1908 sind in Guben 997 lebende Kinder geboren worden, darunter 117 uneheliche. Es erfolgten 33 Totgeburten, darunter 3 uneheliche. Todesfälle kamen 631 vor, von denen 159 Kinder unter 1 Jahre waren und 30 uneheliche. Ehen sind 330 geschlossen worden.
12. Januar 1909
Für die Renovierung des Kirchturmes der Stadt- und Hauptkirche ist dem bei der Firma H. Gutte und Sohn beschäftigte Maurerpolier Hennig seitens des Gemeindekirchenrates eine außerordentliche Gratifikation wegen der sicheren Leitung und guten Ausführung der Reparaturarbeiten zu teil geworden. Bemerkt sei, daß die Arbeiten nur von der Firma H. Gutte und Sohn ausgeführt worden sind, nicht, wie früher angegeben, von Leuten, die von verschiedenen Maurermeistern ausgesucht worden wären.
22. Januar 1909
Sembten. (Masern.) In unserem Orte sind die Masern in einem noch niemals dagewesenen Umfange aufgetreten. Es gibt fast kein Haus, in dem nicht 2 und mehr Kinder krank sind. Bis jetzt hat die Krankheit einen gutartigen Verlauf genommen. Der Schulunterricht hat bis auf weiteres geschlossen werden müssen.
27. Januar 1909
Böse Buben haben sich wiederholt die im Vorraum des Postgebäudes aufgestellten Automaten für Postwertzeichen zur Verübung nichtsnutziger Streichen erkoren und durch Hineinstecken von Bleistiften, Draht usw. den Mechanismus verdorben. Mehrere Burschen sind dabei abgefaßt worden und zur Bestrafung angezeigt worden. Wir möchten vor der Wiederholung solcher Streiche aufs dringendste warnen.
Ein lebender Schmetterling wurde uns heute als erster Bote des nahenden Frühlings überbracht.
28. Januar 1909
Züllichau. (Wölfe?) Die Züllich. Nachr. schreiben: In den benachbarten ausgedehnten Obraer und Schwentener Waldungen sind Wölfe bemerkt worden. Als die Nachricht zuerst bekannt wurde, begegnete sie starken Zweifeln; doch sind in letzter Zeit vielfach zerrissene und zum großen Teil verzehrte Rehe und Hasen in den Wäldern gefunden worden, so daß an dem Auftreten von Wölfen in den genannten Wäldern wohl nicht mehr zu zweifeln ist. Wie verlautet, sollen sich drei Wölfe nach unsern Wäldern verirrt haben.
29. Januar 1909
Auf Grund der Prüfungsordnung für Aerzte ist dem Naemi-Wilkestift hierselbst die Ermächtigung zur Annahme von Praktikanten erteilt worden. Als Vergünstigung erhalten sie freie Station und 25 M. monatlich.
30. Januar 1909
Sorau. (Der Toilettenbestand einer Ortsarmen.)
Eine dieser Tage im städtischen Armenhausee vorgenommene polizeiliche Durchsuchung hatte ein merkwürdiges Ergebnis. Die „rote Marie“, eine als gewerbsmäßige Bettlerin in allen Stadtteilen wohlbekannte, etwas simple Frauensperson hat es, nach dem Sor. Tagebl. fertig gebracht, im Laufe der Zeit einen so großen Vorrat an Kleidungsstücken zusammenzubetteln, daß sich daraus viele Familien auf Jahre hinaus bedienen könnten. Nach Aussonderung von drei Zentnern durch langes Lagern verstockter und sonst unbrauchbar gewordener Kleidungsstücke als Lumpen fanden sich in den Tresors der „roten Marie“: 164 Blusen, darunter 4 seidene und eine Sammtbluse, 49 Röcke, darunter ein seidener, 3 Korsetts, 6 Leibchen, 7 Kopftücher und Hauben, 19 Schürzen, darunter 10 Tändelschürzen, 18 Männerjacketts, 4 Damenkragen (Umhäng), 37 Taschentücher, 26 Paar Schuhe, 3 Damenhüte, 3 Herrenhüte, und 1 Herrenmütze. Unter der Vorgabe, nicht ausreichende Kleidungsstücke zu besitzen, hatte sie diesen ganzen Reichtum zusamengebettelt. Auf die Haussuchung folgte übrigens eine gründliche Reinigung der Ortsarmen, die seit einer zwangsweisen ähnlichen Behandlung im Sommer vorigen Jahres weder Wasser noch Seife benutzt hat. Zwei Frauen hatten stundenlang zu tun, um hier Ordnung zu schaffen.