Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1918

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2. November 1918

Wie man erfrorene Früchte auftaut. Es kommt häufig vor, daß beim Obstversandt, der sich ja stets weit in den Spätherbst hineinzieht, durch plötzlichen Eintritt von Frost ein Teil der Früchte unterwegs erfriert und in recht unansehnlichem Zustande am Bestimmungsort anlangt. Früchte mit leichten Frostschäden sind indes keineswegs verloren zu geben, wenn es gelingt,  sie zweckmäßig aufzutauen. Vielfach wird angeraten, erfrorene Aepfel und Birnen sofort in kaltes Wasser zu legen. Versuche die man in dieser Hinsicht neuerdings angestellt hat, haben aber ergeben, daß der Auftauungsprozess im Wasser viel zu schnell vor sich geht, und die Zellgewebe, auch wenn das Wasser sehr kalt war, durch das Auftauen mehr beschädigt wurden als durch das Erfrieren. Sobald das kalte Wasser nämlich mit den erfrorenen Stellen in Berührung kommt, bildet sich auf ihnen ein Eisüberzug. Infolge dieser Eisbildung findet aber im Innern des Zellgewebes gleichzeitig auch eine Wärmeentwicklung statt, und diese Wärme wirkt so intensiv auftauend auf die erfrorenen Zellen ein, daß ihre dünnen Wände gerissen werden. Das Auftauen erfrorener Früchte muß also unbedingt an der Luft vor sich gehen, aus der man die Früchte dann ganz allmählich in die etwas wärmere Kellertemperatur bringt. Ueberflüssiges Berühren der Früchte und dergleichen sind streng zu vermeiden. Die Wiederverwendbarkeit einer erfrorenen Frucht hängt fast nur davon ab, daß der Uebergang der Gefriertemperatur in die normale Wärme des Aufbewahrungsraumes, die sich aber auch nur in sehr mäßigen Grenzen halten darf, so langsam wie möglich stattfindet. Gelingt dies, so ist auch die Ankunft einer durch den Frost beschädigten Obstsendung kein unheilbarer Schaden.


3. November 1918

Verlegung der städtischen Altbekleidungsstelle. Infolge des Ablebens des Kaufmanns Cwicklitzer mußte eine Verlegung  der Altbekleidungsstelle stattfinden. Die städt. Altbekleidungsstelle wird nunmehr in den Räumen des Kaufmanns Bachmann, Herrenstraße 15 (dem früheren Cassierer`schen Laden), fortgeführt. Sie ist werktäglich von 9 bis 1 Uhr und von 3 bis 6 Uhr geöffnet. Daselbst erfolgt auch die Auslieferung und Bezahlung des in der städt. Schuhinstandsetzungswerkstätte ausgebesserten Schuhwerks. Bei dem gegenwärtigen Mangel an Kleidungsstücken, Wäschestücken und Schuhwaren ergeht bei dieser Gelegenheit erneut die Aufforderung an alle Bürger des Stadt- und Landkreises Guben, ihre entbehrlichen, nicht mehr tragbaren Kleidungsstücke, Wäschestücke und Schuhwaren der städt. Altbekleidungsstelle zum Kauf anzubieten. Die Stücke werden nach sachverständiger Schätzung angemessen bezahlt. Auch wird in den zulässigen Fällen Abgabebescheinigung zum Erwerb neuer Kleidungsstücke und Schuhwaren erteilt.


6. November 1918

Noch glücklich abgelaufen ist ein Unfall, der sich gestern abend im Schützenhause ereignete. In dem dicht besetzten großen Saale, in dem eine Volksversammlung einen Vortrag über „Deutschlands Schicksalsstunde“ entgegennahm, worüber wir an anderer Stelle berichten, fiel plötzlich unter starkem Knall eine elektrische Lampe von der Decke nieder, glücklicherweise ohne jemand zu beschädigen, wenn auch die der „Einschlagstelle“ zunächst Sitzenden keinen kleinen Schrecken bekommen haben mögen. Dem Vorsitzenden gelang es, der Versammlung mit einigen beruhigenden Worten über den Zwischenfall hinwegzuhelfen, so daß der Redner seinen Vortrag fortsetzen konnte. Immerhin darf man sich aber der Tatsache nicht verschließen, daß durch den Absturz der elektrischen Deckenlampe schweres Unheil hätte entstehen können, weshalb an das Stadtbauamt das dringende Ersuchen gerichtet werden muß, die Deckenbeleuchtung im  Schützenhaussaal, einschließlich des Kronleuchters, auf ihre Haltbarkeit sofort nachzuprüfen und diese Prüfung, die sich auf alle öffentlichen Lokale mit hängender Deckenbeleuchtung, auch des Theaters, erstrecken sollte, alljährlich zu wiederholen.


8. November 1918

Lutherabend. Die ev.-altluth. Kirchengemeinde wird ihren alljährlichen Familienabend zu Luthers Geburtstag diesmal in ihrem Gotteshause abhalten. Er soll am Sonntag den 10.Nov., 8 Uhr, stattfinden  und in der Hauptsache einen Vortrag über Martin Luther im Jahre 1518 bieten, den Herr Pastor Jacobskötter halten wird. Zutritt hat jeder Protestant.

Ein interessanter Fall, der zur Warnung dienen kann, spielte sich vor dem hiesigen Schöffengericht ab. Die Handelsfrau Marie Tschirschwitz von hier hatte eine Pflaumenallee gepachtet und eine Frau und zwei Knaben dabei ertappt, wie diese sich einige Pflaumen aneigneten. Unter der Bedrohung, den Diebstahl zur Anzeige zu bringen, hatte sie von den drei Personen Geldbußen verlangt, von der Frau 5 M und den Knaben je 10 M. In der Schöffensitzung wurde der Spieß umgedreht und Frau Tschirschwitz wegen Erpressung zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt.


9. November 1918

Die Ortsgruppe des Arbeiter- Wanderbundes Naturfreunde begeht morgen, Sonnabend, auf Sanssouci ihr Stiftungsfest in Form eines Unterhaltungsabends. Ein Blick auf das Programm bietet Gewähr dafür, daß jeder Besucher auf seine Kosten kommen wird.


12. November 1918

Eine eindringliche Bitte sei hiermit an alle Mitbürger in Stadt und Land gerichtet. Es handelt sich um das unverständliche Festhalten der Zahlungsmittel. Die in letzter Zeit vielerorts aufgetretene Zahlungsmittelnot, die schwere Unruhe in die Bevölkerung getragen hat, findet ihre hauptsächlichste Ursache darin, daß leider weite Kreise der Bevölkerung Zahlungsmittel aufspeichern, ohne durch wirtschaftliches Bedürfnis dazu genötigt zu sein. Sie handeln damit im allgemeinen  Interesse schädigend und im eignen Interesse töricht! Denn während diese Gelder durch Hinterlegung bei Banken, Bankgeschäften, Sparkassen oder Genossenschaften Zinsen bringen und gegen Diebstahl  oder sonstige Schädigungen geschützt sind, liegen die Gelder im Haus nicht nur zinslos da, sondern sie können auch gestohlen werden, oder sonstwie verloren gehen. Es scheinen manche Kreise von der Furcht befangen zu sein, daß der Staat eines Tages dazu schreiten könnte, die Guthaben bei den Bankinstituten zu beschlagnahmen. Eine derartige Maßnahme ist völlig ausgeschlossen; im übrigen sollte jeder, der glaubt, daß der Staat zu solch einem Mittel greifen könnte, sich klar machen, daß einfacher als eine Beschlagnahme der Guthaben eine Ungültigkeitserklärung des im Privatbesitz befindlichen Papiergeldes wäre. Aber, wie gesagt, an Derartiges wird nicht gedacht und braucht auch nicht gedacht zu werden, solange jeder seine selbstverständlichen Pflichten als Staatsbürger erfüllt. Kassenscheine und Banknoten sind zinslose Schuldscheine des Reiches und der Reichsbank und  sind bestimmt, als Tauschmittel dem Verkehr zu dienen, nicht aber in größeren Beträgen aufbewahrt zu werden. Zur Festlegung von Geldern eignen sich vielmehr die verzinslichen Reichs- und Staatsanleihen, deren Sicherheit der des Papiergeldes in nichts nachsteht. Es ist zu erhoffen, daß diejenigen, welche jetzt in kopfloser Sorge oder aus Torheit Geld aufspeichern, oder ohne Not Guthaben abheben, bald zur Besonnenheit zurückkehren im eigenen, wie im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse.


14. November 1918


16. November 1918

Erleichterungen im Wertpaketverkehr.  Bisher ist es aus Mangel an brauchbaren Verpackungsstoffen, Bindfaden, Siegellack usw. den Absendern vielfach nicht möglich gewesen, bei Postpaketen von der Wertangabe Gebrauch zu machen. Infolgedessen blieb bei den jetzigen hohen Preisen der Schadenersatz, der seitens der Postverwaltung auf Grund des Postgesetzes in Verlust- und Beschädigungsfällen zu leisten war, oft hinter dem wirklichen Wert der Sendungen zurück. Wie bereits mitgeteilt, hat nunmehr der Staatssekretär des Reichspostamts verfügt, daß vom 15.November ab bei Paketen mit einer Wertangabe bis 100 Mark versuchsweise keine höheren Anforderungen in Verpackung und Verschluß zu stellen sind, als an gewöhnliche Pakete ohne Wertangabe. Insbesondere wird bei den Paketen bis 100 Mark keine Versieglung mehr verlangt. Dadurch wird es jedem Absender möglich gemacht, Pakete im Werte bis 100 Mark ohne weitere Schwierigkeiten unter Entrichtung der Versicherungsgebühr von 10 Pf.  als Wertpakete aufzuliefern. Gehen derartige Pakete verloren oder werden sie beschädigt oder beraubt, so wird bei der Ersatzleistung die Wertangabe zu Grunde gelegt, sofern nicht der angegebene Wert den gemeinen Wert der Sendung übersteigt. In diesem Fall wird nur der letztere ersetzt. Aus Betriebsrücksichten ist bei Paketen bis 100 Mark der Wert nur auf der gelben Paketkarte, nicht aber auf den Paketen selbst anzugeben.


20. November 1918

Der erste Schnee. Nachdem sich der Winter in den letzten Tagen schon durch einige Kältegrade in den Nächten und Morgenstunden bemerkbar gemacht hatte, bescherte er uns heute den  ersten  Schnee. Er fiel nur in geringer Menge. Auf der Erde lösten sich die Flocken bald auf. Bäume und Dächer zeigen noch die Spuren des ersten Schnee, der uns das Herannahen des Weihnachtsfestes, des Festes der Liebe und des Friedens verkündet.


22. November 1918

Ueber die Bildung von Bauernräten wurde in einer außerordentlich stark besuchten Versammlung, die heute vormittag im großen Saale des Schützenhauses stattfand und zu der Teilnehmer aus der größten Anzahl der Ortschaften des Landkreises Guben erschienen waren, beraten. Nach über dreistündiger Verhandlung  wurde beschlossen, daß in allen 114 Orten des Landkreises Bauernräte gebildet werden, die nicht unter fünf und nicht über zehn Personen umfassen und die die Kontrolle des Gemeindevorstehers ausüben sollen. Aus diesen Bauernräten wird für jeden Amtsbezirk ein Vertreter gewählt. Es bestehen 27 Amtsbezirke, mithin würde dieser Ausschuß, zu dem die Stadt Fürstenberg a.O. drei Vertreter zu entsenden hat, aus 80 Vertretern bestehen und eine Kontrolle der Amtsvorsteher ausüben. Aus diesen 80 Vertretern würde wieder ein Arbeitsausschuß zur Kontrolle des Landratsamtes zu bilden sein. Die Wahlen zu den Bauernräten haben auf der bekannt gegebenen demokratischen Grundlage, d.h. nach dem allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht für alle Personen beiderlei Geschlechts über 20 Jahre zu erfolgen. Als Wahltag ist Dienstag, der 26.November, bestimmt worden. Eine amtliche Bekanntmachung dürfte noch ergehen. Wir behalten uns vor, auf den Verlauf der Versammlung noch zurückzukommen.


24. November 1918

Die Heranschaffung von Druckpapier ist bei den gegenwärtig bestehenden Transportschwierigkeiten fast unmöglich. Wir sehen uns daher zu unserem größten Bedauern auch heute wieder genötigt, wegen  Papiermangels zwei Seiten Anzeigen und Text zurückzustellen.


29. November 1918

Pferdeversteigerungen. Für die bei Beendigung des Krieges überzählig werdenden Truppenpferde, die in das Wirtschaftsleben eingeführt werden sollen, finden demnächst in den einzelnen Garnisonorten öffentliche Versteigerungen  statt. Nach kriegsministerieller Anordnung ist die Zulassung zu den Versteigerungen,  bei denen in erster Linie kleine unbemittelte Landwirte usw. berücksichtigt werden, im weiteren Sinne aber auch andere Pferdegebraucher nicht ausgeschlossen sind, von dem Besitze einer Pferdekarte abhängig gemacht. Die Ausstellung dieser Karten erfolgt durch die hiesige Polizeiverwaltung, bei welcher die Anträge rechtzeitig zu stellen empfohlen wird.