1918
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember1. Mai 1918
(Der Verband der Lausitzer Gemeindebeamten) hielt am Sonntag hier unter Leitung seines Vorsitzenden, des Magistratssekretärs Figula-Forst eine Vorstandssitzung ab, zu der neben den Vorstandsmitgliedern auch Vereinsvertreter aus Bobersberg, Finsterwalde, Kalau, Crossen, Sommerfeld und Spremberg, sowie Vertreter der noch nicht angeschlossenen Vereine aus Guben, Schwiebus und Züllichau erschienen waren. Am Vorabend war eine Sitzung mit Crossener Amtsgenossen zur Besprechung Crossener Vereinsgelegenheiten vorausgegangen. Der Vorsitzende berichtete über die Hauptversammlung des Zentralverbandes und der Kriegstagung des Verbandes Deutscher Beamtenvereine. Zu den Hauptversammlungspunkten wurde eingehend Stellung genommen; im besonderen wurde hingewiesen auf die Bedeutung der eingereichten Bittschriften um Abänderung des Kommunalbeamtengesetzes und Verleihung des passiven kommunalen Wahlrechts, sowie auf die Tätigkeit der Interessengemeinschaft und des Reichsarbeitsausschusses deutscher Beamtenverbände. Besoldungs- und Teuerungsfragen, Anrechnung der Kriegsjahre, Ausbau der Organisation im Zentralverband, Anstellung eines Verbandssyndikus, Fachpresse u.a.m. bildeten weitere Verhandlungspunkte.
3. Mai 1918
Der Unterhaltungsabend der Jugendkompanien, der mit so großen Beifall aufgenommen worden ist, wird am Sonnabend, den 4.Mai, im großen Saale des Schützenhauses wiederholt. Die Spielfolge verzeichnet neben den Hauptdarbietungen deklamatorischer, musikalischer und theatralischer Art auch turnerische Aufführungen und Reigen. Infolgedessen werden auch diejenigen erneutes Gefallen finden, die bereits den ersten Abend besucht haben. Alle Eltern und Freunde der Jungmannen, die bei der Erstaufführung keinen Platz erhalten haben, finden am Sonnabend Gelegenheit zum Besuch. Die Darbietungen sind vielseitig und gut vorbereitet.
4. Mai 1918
Förderung der Kleingärtnerei durch die Stadt. Die Stadtverwaltung hat auch in diesem Jahre wiederum einen großen Teil vom städtischen Grundbesitz in Kleingärten aufgeteilt und an geeignete Persönlichkeiten zur Bewirtschaftung verpachtet. Die Kleingärten weisen ungefähr eine Größe von 200 bis 400 qm auf. Auf dem ehemals Würk`schen Grundstück am Spichererplatz sind jetzt 46 Parzellen verpachtet, in der Pestalozzistraße 38 Parzellen, im Krähenbusch 158, auf der Bullenwiese 72,auf dem ehem. Halenz`schen Grundstück 17 Parzellen, von dem Richter`schen Grundstück in der Sprucke 49 Parzellen, auf dem ehem. Eckhardt`schen Grundstück 89 Parzellen, am Johannispfuhl 13 Parzellen, in der Trift- und Neißestraße 16 Parzellen. Im Krähenbusch haben weiterhin der Schrebergartenverein West 78 Parzellen und der Kaninchenzüchterverein 55 Parzellen erhalten, auf der Bullenwiese hat der Ziegenzüchterverein die Bewirtschaftung von 23 Parzellen übernommen. Endlich sind auf dem Grundstück Viktoriagarten noch 23 Parzellen, am Ostfriedhof 9 Parzellen, auf dem ehem. Eichner`schen Grundstück in der Wilkestraße 16 Parzellen und im inneren Stadtgebiet noch 40 Parzellen zur Bewirtschaftung vergeben. Im Laufe dieses Sommers werden noch mehrere städtische Grundstücke in einer Größe von etwa 10 Morgen in Kleinparzellen aufgeteilt und zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet werden. Die Stadt verfolgt in erster Linie mit der Vergebung dieser Parzellen den Zweck, jedem Städter, der Interesse an der Landwirtschaft zeigt, die Möglichkeit zu bieten, bei der Schwierigkeit der jetzigen Ernährungsverhältnisse sich selbst Kartoffeln und Gemüse zu bauen. Zugleich soll jedes Fleckchen Erde, das irgendwie dem landwirtschaftlichen Anbau nutzbar gemacht werden kann, der Landwirtschaft zugeführt werden. Die Anpacht solcher Kleinparzellen und ihre Bebauung liegt sowohl im Interesse der Allgemeinheit, als dem Boden möglichst viele Nährpflanzen abgenommen werden, als auch im Interesse des Einzelnen, der die Versorgung seiner Familie auf diesem Wege leichter und einfacher zu gestalten vermag und zugleich mit Freude auf die Erzeugnisse seiner Hände blicken kann.
5. Mai 1918
8. Mai 1918
„Ueber Volksbücherei und Lichtspiel“ sprach gestern abend, auf Veranlassung der Stadtverwaltung der Direktor der Stettiner Stadtbücherei, Herr Dr. E. Ackerknecht, vor einem aus den städtischen Körperschaften, Schulleitern, Lehrern, Leitern gemeinnütziger Vereine und sonstigen Bildungsförderern zusammengesetzten Personenkreis im Lichtspielhaus an der Neißebrücke. Nachdem der Redner den Zusammenhang zwischen Volksbücherei und Lichtspiel aus dem großen Organismus der Bildungspflege heraus erklärt hatte, ging er, allerdings mit großer Weitschweifigkeit, durch die der Kern der Sache etwas verdeckt wurde, auf die Volksbildung und die vornehmlich zu ihrer Unterstützung dienende Volksbücherei ein. Er vertrat die Ansicht, daß der ganze Organismus der Aufgaben der Volksbildungspflege zusammengefaßt und in eine Hand, die der Gemeinde, gelegt werden sollte. Vornehmlich sollten die beiden großen Hauptströme der Volksbildung: Volksbücherei und volkstümliches Lichtspiel, von Stadtwegen in ein einheitliches Bett geleitet und so geführt werden, daß sich dabei eine „gute Tradition“ ergebe. Im engen Zusammenhang damit stehe das Vortragswesen; auch dieses könne den allgemeinen Bildungsbestrebungen nur dann einen Rückhalt gewähren, wenn es in den Gesamtorganismus der kommunalen Bildungspflege miteinbezogen werde. Was der Redner über den Bildungsstand der Stadt Guben sagte, war schmeichelhaft zu hören: Guben sei eine Stadt, die über dem geistigen Durchschnitt stehe; sie habe eine gut geschulte Arbeiterschaft, keine Industrie, die die düsteren Begleiterscheinungen industriellen Lebens mit sich bringe; sie habe für Bildungspflege einen möglichst dankbaren Boden, ihrer Volksbücherei und ihrem Museum beachtenswerte Ansätze dazu; nur eines fehle ihr: eine Persönlichkeit, in deren starker Hand die hauptamtliche Leitung der Bildungspflege liege. Man sollte nicht einwenden, es habe ja bisher alles so gut gegangen, weshalb jetzt ändern? In dem Augenblick, wo man ändert und die patriarchalischen Zustände aufhebt, werde man von selbst erkennen, wie wohl man daran getan habe, die Bildungspflege der Neuzeit entsprechend umzugestalten. Hinsichtlich der Persönlichkeit, deren Hand die Bildungspflege anvertraut werden solle, lenkte der Redner bei dem augenblicklichen Mangel an männlichen Kräften die Aufmerksamkeit auf weibliche Fachgelehrte, wobei er hinzufügte, es gebe wenig Frauenberufe, in denen sich die weiblichen Eigenschaften so ausleben könnten, wie gerade auf diesem Gebiete, innerhalb dessen sich die Frauenseele voll erschöpfen könne. Jedenfalls dürfte man in Guben mit einer gereiften, fachmännisch herangebildeten Bibliothekarin gute Erfahrungen machen.
9. Mai 1918
Die Geschäftslage des Waren – Einkaufsvereins, e.G.m.b.H., hat sich, wie die auf der Generalversammlung erstatteten Geschäftsberichte erkennen ließen, auch im verflossenen Geschäftsjahr bedeutend gehoben. So erhöhte sich der Umsatz um 50836,47 M auf 311096,88 M. Die Mitgliederzahl stieg um 68 auf 2441. Eine erhebliche Steigerung weist auch die Sparkasse auf, deren Einlagebestand von 166889,85 M auf 208947,73 M stieg. Der Gewinn- und Verlustabschluß weist einen Reinüberschuß von 21428,96 M auf. Dieser Abschluss ermöglicht es der Verwaltung, Abschreibungen und Rücklagen zu den Reserven in gleicher Höhe vorsehen zu können, als es im Vorjahre der Fall war. Bei der Wahl eines Geschäftsführers wurde der bisherige Stellvertreter Thiele, der während des Krieges fast drei Jahre lang das Amt des Kassierers und Geschäftsführers versehen hat, zum Geschäftsführer und der bisherige Hilfsarbeiter Rademacher zum Kassierer gewählt.
10. Mai 1918
15. Mai 1918
Wohnungszählung. In der nächsten Zeit findet auf Grund einer Bundesratsverordnung eine Wohnungszählung statt. Die Wohnungszählung muß von den Hauseigentürmern besorgt werden. Falls es möglich ist, werden die Wohnungszählbogen bei der nächsten Lebensmittelkartenausgabe ausgegeben werden. Die Rücklieferung hat alsdann innerhalb 3 Tagen an das Statistische Amt zu erfolgen. Die Wohnungszählung ist für unsere Uebergangswirtschaft von ganz besonderer Wichtigkeit. Alles Nähere wird in der ausführlichen Bekanntmachung über die Wohnungszählung in den nächsten Tagen bekannt gegeben werden.
18. Mai 1918
24. Mai 1918
Warnung. Es mehren sich die Fälle, in denen Kinder oft dadurch mit tödlichem Ausgange verletzt werden, daß sie sich an Kraftwagen oder deren Anhänger zum Mitfahren anhängen. Es ist auch in letzter Zeit wiederholt beobachtet worden, daß Kinder auf die in voller Fahrt befindliche elektr. Straßenbahn springen, wobei sie sich der größten Gefahr aussetzen, überfahren zu werden. Den Eltern wird dringend empfohlen, ihren Kindern das Anhängen an Kraftwagen und an sonstige Fuhrwerke sowie das Aufspringen auf die in Fahrt befindliche Straßenbahn auf das Strengste zu untersagen.
25. Mai 1918
Die Lesehalle der städtischen Bücherei ist werktägig von 5 bis 8 und sonntägig von 4 bis 7 Uhr nachmittags geöffnet. Der Zutritt ist für jedermann unentgeltlich. Es liegen eine Anzahl Tageszeitungen und Unterhaltungsblätter aus; außerdem kann die Stadtbücherei, enthaltend Nachschlagewerke sowie die letzten Jahrgänge der Unterhaltungsblätter wie Gartenlaube, Türmer u.s.f. benutzt werden. Folgende Neuanschaffungen gelangen zur Ausgabe: Ohm Peter von Max Dreyer; Der Pojaz von Karl Emil Francos; Der Freihof von Margarete Gehring; Das Buch vom Jäger Mart von Hans von Hoffensthal; Der Tor von Bernhard Kellermann; Frau Harke geht durch das Land von Wilhelm Kotzde; Der Mittler von Nithack-Stahn; Bilderstürmer von Johannes Proelß; Die törichte Jungfrau von Rudolf Stratz; Ursula von Wilhelm Speck; Die Osterinsel von Adolf Wilbrandt; Schwesterseele von Ernst von Wildenbruch; Du sollst ein Mann sein! Von Olga Wohlbrück.
26. Mai 1918
27. Mai 1918
28. Mai 1918
Der heutige Wochenmarkt war mit Gemüse und Frühobst wiederum nur schwach beschickt. Der mit voller Kraft einsetzende Versand nach Berlin tut der Versorgung der hiesigen Bürgerschaft mit Gemüse und Frühobst starken Abbruch. Während ganze Eisenbahnwagen voll Gemüse und Frühobst von hier ausgeführt werden, ist es den Gubener Hausfrauen nicht möglich, weder auf dem Markt noch direkt bei den Produzenten ihren Bedarf zu decken, weil die Händler an Ort und Stelle alles aufkaufen und nach auswärts verfrachten. Wir haben schon im vorigen Jahre auf diesen in der hiesigen Bürgerschaft schwer empfundenen Mißstand wiederholt hingewiesen und auch in der Stadtverordnetenversammlung wurden vor noch gar nicht langer Zeit Maßnahmen zur Versorgung der hiesigen Einwohnerschaft mit Gemüse und Obst verlangt, die vom Magistratstische aus auch zugesagt wurden. Soll nicht wieder eine Mißstimmung wie im vorigen Jahre hier Platz greifen, so ist es jetzt an der Zeit, aus den Erwägungen heraus zu Taten überzugehen, vielleicht derart, daß die Produzenten verpflichtet werden, an gewissen Tagen, der Reihe nach abwechselnd, den Markt zu beschicken; im Weigerungsfalle wäre, nach dem Beispiel der Stadt Crossen, die Ausfuhr solange zu sistieren, bis zunächst einmal die eigene Bürgerschaft mit Obst und Gemüse versorgt ist. Wie aus den Marktberichten der Berliner Blätter hervorgeht, fehlt es der Reichshauptstadt z.Zt. nicht an frischem Gemüse; es wird sogar berichtet, daß die Zufuhr ziemlich groß seien. (siehe unter Nah und Fern). Dazu kommt noch, daß die ganze Havelniederung mit dem Werderschen Bezirk ausschließlich zu Lieferungen an die Reichshauptstadt verpflichtet sind, so daß unsere Gubener Einwohnerschaft mit Recht eine Belieferung des Marktes mit dem auf Gubens Bergen und Fluren wachsenden Obst und Gemüse verlangen kann.
30. Mai 1918
Sparsamkeit im Gebrauch von Trauerbekleidung. Einen vorbildlichen Aufruf hat der ständige Ausschuß der freiwilligen Hilfsausschüsse im Fürstentum Lippe erlassen. Der Ausschuß bittet die ihm angeschlossenen Hilfsausschüsse, dahin zu wirken, daß die weibliche Bevölkerung aller Stände vom Tragen von Trauerbekleidung während des Krieges absieht, und nur, wie bei den Männern üblich, durch Anlegung von Trauerflor der Trauer äußerlichen Ausdruck gibt. Diese Aufforderung verdient in weitesten Kreisen unseres Volkes beherzigt zu werden. Die Trauer ist eine Angelegenheit des Herzens, die mit Aeußerlichkeiten nichts zu tun hat. Will aber jemand den Schmerz über das Dahinscheiden eines Anverwandten äußerlich zum Ausdruck bringen, so erfüllt ein Trauerflor diesen Zweck genau so wie ein schwarzes Kleid, denn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gegenwart zwingen uns, uns in Bezug auf Kleidung die alleräußerste Beschränkung aufzuerlegen.