1918
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6. Dezember 1918
7. Dezember 1918
Dienstbotenauszeichng. Dem Fräulein Herta Klobedanz wurde heute vom Vaterländischen Frauenverein für langjährige treue Dienste in der Familie des Herrn Kommerzienrats Wolf als Anerkennung eine Brosche mit einem Anerkennungsschreiben überreicht. Für Herrschaft und Dienstmädchen beweisen die 18 Jahre Zusammenseins, daß ein vorbildliches Verhältnis bestanden haben muß.
8. Dezember 1918
Vorsichtsmaßnahmen gegen Grippe. In Rücksicht auf die erneute Ausdehnung der Grippeerkrankungen werden wir von zuständiger Seite darauf hingewiesen, daß die gebotenen Vorsichtsmaßregeln wiederum der Beachtung der Einwohnerschaft dringend empfohlen werden müssen. Namentlich ist es notwendig, den nahen Verkehr mit hustenden Personen zu meiden, bei größeren Menschenansammlungen (in Straßenbahnen, Gastwirtschaften, Versammlungen usw.) sich vorzusehen und vor allem der Verbreitungsgefahr durch die Schulen die größte Aufmerksamkeit zuzuwendenden. Wenn auch von einer gänzlichen Schließung der Schulen vorläufig noch abgesehen werden kann, so ist es doch Pflicht der Eltern, bei irgend welchen Krankheitserscheinungen eines Kindes dieses sofort vom Schulbesuche zurückzuhalten, und im Falle einer Feststellung von Grippeerkrankung auch die Geschwister, soweit sie nicht scharf isoliert werden können, vom Schulbesuche fernzuhalten. In den Schulklassen, bei denen zahlreiche Erkrankungen auftreten, wird der Unterricht nach Bestimmung des Schulleiters schleunigst zu schließen sein.
9. Dezember 1918
12. Dezember 1918
Einbruch in die Städt. Markenzählstelle in Guben. Bei einem nächtlichen Einbruch in die in der alten Stadtmühle untergebrachte Markenzählstelle sind einige Lebensmittelkarten, deren Gültigkeitsdauer abgelaufenen war und die in der Markenzählstelle nur noch zu Kontrollzwecken nachgezählt werden sollten, werden Lebensmittehändler und Bäcker hierdurch dringlichst verwarnt, solche Karten in ihren Geschäften versehentlich einzulösen.
15. Dezember 1918
Musikalische Hauskomödien. Die vorjährige Theaterspielzeit brachte zum Abschluß bereits einige dieser entzückenden Hauskomödien, die von Dr. Erich Fischer unter Verwendung musikalisch zart empfundener Opernsätze klassischer Komponisten zusammengestellt sind. Die Philharmonische Gesellschaft in Guben hatte schon früher eine Veranstaltung dieser künstlerischen Fischer`schen Hauskomödien vorgesehen, sie konnte aber ihre Absicht leider nicht durchführen, weil einige der darstellenden Künstler zum Heeresdienst einberufen wurden. Am Donnerstag den 19. Dezember führt nun die uns das Gubener Musikleben verdiente Gesellschaft ihr damaliges Vorhaben aus. Man wird ihr darüber Dank wissen, denn diese musikalischen Ausgrabungen zeigen nicht allein dem Musikforscher, welch eine Fülle von Melodien in den Arbeiten unserer alten Meister verborgen liegt, vielmehr werden alle Musikfreunde eitel Freude empfinden, wenn die Melodien der Hauskomödien ihre Ohren umschmeicheln. Die zur Aufführung kommenden einzelnen kleinen Werke sind in der heutigen Anzeige verzeichnet, wo auch näheres über Vorverkauf usw. ersichtlich ist.
16. Dezember 1918
17. Dezember 1918
Der Erlaß des preußischen Kultusministers, der den Religionsunterricht in den Schulen unmöglich zu machen versucht, ist tatsächlich erschienen. Seine wichtigsten Bestimmungen lauten wie folgt: 1. Das Schulgebet hat in sämtlichen Schulen vor und nach dem Unterricht fortzulassen. 2. Eine Verpflichtung der Schüler seitens der Schule zum Besuch von Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen ist unzulässig. Gemeinsame religiöse Feiern und Abendmahlsbesuche dürfen nicht mehr veranstaltet werden. Keine Schulfeier darf mehr religiösen Charakter tragen. 3. Religionslehre ist kein Prüfungsfach mehr. 4. Kein Lehrer ist mehr verpflichtet zur Erteilung von Religionsunterricht oder zu irgendwelchen kirchlichen Verrichtigungen, auch nicht zur Aufsicht beim Gottesdienst. 5. Kein Schüler darf mehr zum Besuch des Religionsunterrichts gezwungen werden. Bei Schülern unter 14 Jahren entscheiden die Eltern und Vormünder, für Schüler über 14 Jahre entscheiden die allgemeinen Bestimmungen. 6. Unzulässig ist die Aufgabe häuslicher Arbeiten für den in der Schule erteilten Religionsunterricht.
19. Dezember 1918
Einem schweren Unglück fielen drei Schüler und ein Bahnbeamter zum Opfer. Auf dem Gelände des alten Bahnhofes fanden drei Schüler eine Granate, an der sie herumhantierten. Das Geschoss explodierte. Die Schüler wurden in Stücke gerissen und der Bahnbeamte durch Splitter am Kopf so schwer verletzt, daß er verstarb.
21. Dezember 1918
Rücksicht bei zwangsweiser Wohnungsräumung. Amtlich wird bekanntgemacht: Unbeschadet einer von der Reichsregierung geplanten weitergehenden Einschränkung der Zwangsvollstreckung gegen Kriegsteilnehmer hat der Justizminister Dr. Rosenfeld mit Rücksicht auf die herrschende Wohnungsnot für Preußen angeordnet, dass die Gerichtsvollzieher vor der zwangsweisen Räumung von Wohnungen ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Kriegsteilnehmer handelt oder nicht, in allen Fällen, in denen eine Obdachlosigkeit der aus der Wohnung zu entfernenden Personen zu befürchten ist, die anderweitige Unterbringung dieser Personen bei der Ortspolizeibehörde zu vermitteln haben.
22. Dezember 1918
Fahrausweise in die Heimat. Die Reichsleitung bittet die lokalen Arbeiter - und Soldatenräte dringend, den Mannschaften des Feldheeres Fahrausweise in die Heimat nicht auszustellen, da hierdurch eigenmächtiges Entfernen von der Truppe in einer Weise begünstigt wird, die bei dem Drang der Heeresangehörigen, in die Heimat zu kommen, jetzt vor Weihnachten von den schwersten Folgen für die Transportlage begleitet sein kann.
24. Dezember 1918
Ein Lichtbildergottesdienst wird am 2. Weihnachtstag nachmittags ½ 6 Uhr in der Klosterkirche veranstaltet werden. In einer Reihe schöner Lichtbilder soll der ganze Zauber der deutschen Weihnacht vor unseren Augen lebendig werden. Gemeindegesang, Chorgesang, Einzelgesang werden an passenden Stellen eingelegt werden, damit auch die herzenbezwingende Macht unseres deutschen Weihnachtsliedes zur Geltung kommt.
25. Dezember 1918
Grüne Weihnachten. Die Hoffnung auf winterliches Weihnachtswetter mit Schnee, oder doch wenigstens trockener Kälte, ist buchstäblich zu Wasser geworden. Nachdem um die Wende der Woche vom Atlantischen Ozean hoher Luftdruck gegen Mitteleuropa vorgedrungen und das ihm vorangegangene tiefe Minimum nordostwärts abgewandert war, heiterte sich der Himmel vielfach auf, und das Thermometer sank überall bis an den Gefrierpunkt oder ein wenig darunter. Aber schon Sonntag näherte sich vom Ozean ein neues tiefes Minimum, das in der Nacht zu Montag nach raschem und starkem Fallen des Barometers in der ganzen westlichen Hälfte des Landes neue Niederschläge verursachte. Vielfach begannen sie mit Schneefällen, die jedoch alsbald in Regen übergingen, wobei sich die Temperaturen wieder erhöhten. Im mittleren Norddeutschland herrschten schon Montag nachmittag wieder 5 Grad Wärme, und die Temperatursteigerung scheint noch weitere Fortschritte zu machen. Das über Mitteleuropa verlagerte Maximum ist rasch abgedrängt worden, und während der Weihnachtstage wird die Witterung jedenfalls im Banne der heranziehenden tiefen Depression stehen. Mildes regnerisches, zum Teil stürmisches Wetter ist somit zu erwarten.
27. Dezember 1918
Altersrente. Vom 1.Januar 1919 ab erhalten alle Empfänger einer Altersrente, sofern sie nicht Ausländer sind und sich nicht im Auslande aufhalten, neben ihrer bisherigen Rente eine monatlich im voraus bis einschließlich Dezember 1919 zahlbare Zulage von 8 M. Allen Empfängern einer Invalidenrente und Krankrente wird die Zulage von 8 M monatlich und den Empfängern einer Witwenrente (Witwerrente) und einer Witwenkrankenrente, sofern sie nicht Ausländer sind und sich nicht im Ausland aufhalten, die Zulage von 4 M monatlich wie bisher auch für das Kalenderjahr 1919 gezahlt. Die Auszahlung erfolgt im voraus gleichzeitig mit der Rente.
28. Dezember 1918
Eine stille Weihnachtsfreude bereitete, wie schon seit Jahren, auch am vergangenen Heiligabend Herr Polizeiinspektor Lück den Aermersten unter den Armen. Durch Sammlungen von Geld, Gebrauchsgegenständen und Lebensmitteln aller Art war es ihm möglich, 66 alten Frauen und Kindern, deren Väter noch nicht aus dem Felde heimgekehrt sind, mit Geld usw. zu beschenken. In heutiger Zeit der allgemeinen Knappheit waren diese Sondergaben besonders willkommen und so rang sich dann auch ein herzliches Vergelt´s Gott von den Lippen der alten Mütterchen und ein freudestrahlender Blick aus fröhlichen Kinderaugen dankte dem warmherzigen Spender.
31. Dezember 1918
Zum Erlaß über den Religionsunterricht gibt der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung folgendes bekannt: Mit Rücksicht auf die lebhaften Bedenken, die vielfach gegen den Erlaß über den Religionsunterricht vom 29. November geltend gemacht worden sind, ordne ich hiermit an, daß seine Durchführung überall dort, wo sie auf ernste Schwierigkeiten stößt, bis zur Entscheidung durch die preußische Nationalversammlung zu unterbleiben hat.