Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1918

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2. Juli 1918

Bewerber um die Oberpfarrerstelle. Für die am 1.Oktober d. Js. durch Versetzung des Herrn Oberpfarrers Büchner in den Ruhestand frei werdende Oberpfarrerstelle haben sich 18 Bewerber gemeldet. Hiervon wurden von auswärtigen Bewerbern die Herren Pastor Koch in Brandenburg a.H., Neefe von der Zwinglikirche in Berlin und Petreins aus Lübben zu Probepredigten, die nächsten Sonntag beginnen, eingeladen. Zur  engeren Wahl stehen von hier noch die Herren Archidiakonus Hildenhagen und Diakonus Adam. Die Neuwahl findet nach Erledigung der Probepredigten der hierzu aufgeforderten auswärtigen Geistlichen statt.


4. Juli 1918

Die Gewährung von Kriegswitwengeld. Das Kriegsministerium teilt auf viele Anfragen mit: Die Witwe eines zum Feldheer gehöhrenden Soldaten hat Anspruch auf Kriegswitwengeld. Ein solcher Anspruch steht der Witwe eines zum Besatzungsheere gehöhrenden Soldaten nicht zur Seite. Es kann ihr jedoch im Falle einer Bedürftigkeit durch die Oberste Militärverwaltungsbehörde eine Kriegsversorgung in gleicher Höhe gewährt werden, wenn der Verstorbene infolge des eingetretenen Krieges außerordentlichen Anstrengungen, Entbehrungen, oder für das Leben oder die Gesundheit gefährdenden Einflüssen ausgesetzt war und infolgedessen verstorben ist.


6. Juli 1918

Ueber das sinnlose Spazierenfahren von Lebensmitteln ist schon wiederholt in der Presse und im Parlament hingewiesen worden. In manchen Dingen ist es seitdem besser geworden, doch bestehen in manchen Kreisen solche bürokratische Schwerfälligkeiten noch weiter. Heute sei einmal ein Beispiel aus unserer nächsten Nähe hierfür erbracht. Die Verwaltung des Landkreises Guben hat zwei zentrale Eier- Sammelstellen eingerichtet, die eine in Guben selbst, die andere in Fürstenberg (Oder). Nun hält man es gemeinhin für selbstverständlich, daß die Stadt Guben die ihr aus den Ueberschüssen des Landkreises zugewiesenen Eier durch die inmitten ihrer Mauern errichtete Eier- Sammelstelle erhält. Das ist aber ein großer Irrtum, der dem normalen Menschen unterläuft. Die Verwaltung will es im Zeitalter unserer erschwerten Verkehrsverhältnisse ganz anders! Die Stadt Guben muß  ihre Eier bei der Sammelstelle  in Fürstenberg a. Oder entnehmen, sie dort verpacken, dann entweder mit der Eisenbahn oder durch Wagen nach Guben befördern lassen, wobei manches Ei zerbricht oder sonstwie abhanden kommt, während die aus dem Landkreise bei der Gubener Sammelstelle eingelieferten Eier behutsam in Kisten verpackt und, wie gestern, an den Augen der staunenden Bürgerschaft vorbei, mitten durch die Stadt nach dem Bahnhof gefahren und von dort mit der Eisenbahn über Fürstenberg a.O. nach dem Westen Deutschlands gefahren werden. Das nennt man Organisation!


7. Juli 1918

Ein neuer Heiratsschwindlertrick. Das Dunkel über den rätselhaften Leipziger „Geldbrief“, der der Firma Breitenfeld & Scholz in diesen Tagen zuging und der anstatt der 40 000 M die er enthalten sollte,  Papierschnitzel enthielt, beginnt sich zu lichten. Der Brief war zu Schwindelzwecken zur Post gegeben. In Leipzig hat vor kurzer Zeit ein ähnlicher Papierschnitzelbrief von sich reden gemacht. Es liegt der Verdacht nahe, daß ein Heiratsschwindler mit diesen Briefen in Verbindung zu bringen ist. Er gibt die „Wertbriefe“ auf, um einen entsprechenden  Postbestätigungsschein darüber zu erhalten. Den heiratslustigen Damen gegenüber, die der Schwindler begaunern will, begründet er seine „augenblickliche“ Geldverlegenheit damit, daß er eine größere Zahlung – unter 10 000 M „arbeitet“ der Mensch scheinbar nicht – an die und die Firma, an der er beteiligt sein will, zur Post gegeben habe. Beweis: Postauslieferungsschein.


12. Juli 1918

Auf dem heutigen Gemüsemarkt wurden seitens der Stadt Karotten, das Pfd. Zu  50 Pf., und Schoten, das Pfd. zu 80 Pf., verkauft. Das Gemüse wie auch das wenige Beerenobst, das angefahren wurde, fand willige Abnehmer. Saure Kirschen wurden mit 1 M, Johannisbeeren mit 80 Pf.,verkauft. Blaubeeren sind trotz der reichen Ernte, bisher noch keine auf den Markt gekommen.


13. Juli 1918

Vier fleischlose Wochen. Die fleischlosen Wochen im August, September und Oktober sind jetzt festgesetzt worden, und zwar so, daß dabei noch eine vierte heraussprang. Sie werden laufen: vom 19.bis 25. August, 9.bis 15.September, 29.September bis 6.Oktober, 20. bis 27.Oktober. In Großstädten mit mehr als 100 000 Einwohnern verringert sich die wöchentliche Fleisch- und Wurstmenge von Mitte August ab auf 200 Gramm, in Städten von 50 000 bis 100 000 auf 150, in kleineren Gemeinden auf 100 Gramm.


14. Juli 1918


20. Juli 1918

Gestern abend hat eine Windhose großen Schaden an Gebäuden angerichtet und das auf dem Felde stehende gemähte Getreide so durcheinander geworfen, daß die einzelnen Besitzer nicht mehr in der Lage sind, ihr Eigentum herauszufinden. Die Windhose ist nach der Oder zu verlaufen.


22. Juli 1918

Wahl eines Oberpfarrers der Stadt- und Hauptkirche. Bei der gestern nachmittag im Stadtverordneten-Sitzungssaal vollzogenen Wahl eines Oberpfarrers für den am 1.Oktober d.J. nach 36 jähriger Dienstzeit in den Ruhestand tretenden Herren Oberpfarrers Büchner wurde Diakonus Adam mit Stimmenmehrheit gewählt.


23. Juli 1918

Anmeldung von ausgedroschenen Getreide. Wie uns geschrieben wird, sind dem Statistischen Amt noch keinerlei Meldungen über ausgedroschenes Getreide eingegangen. Die heutige Nummer bringt zum zweiten Mal eine Bekanntmachung über die Meldepflicht bei Erdrusch des Getreides. Alle Landwirte, die bis jetzt schon ausgedroschen und dies trotz der Bekanntmachung noch nicht angemeldet haben, müssen dies zur Vermeidung der Strafverfolgung umgehend tun. Außerdem ist es unbedingte Pflicht aller Landwirte, in Anbetracht der schwierigen Versorgungslage alles Getreide, das sie nicht für die ersten Monate nach dem 15.August zur Selbstversorgung brauchen, abliefern.


25. Juli 1918

Postkurierdienst mit deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen. Jedem Kriegs- und Strafgefangenen in Rußland ist es jetzt gestattet, 2 mal monatlich eine Postkarte an die Angehörigen zu schreiben. Diese Postkarten werden von den einzelnen Bezirkskommissionen an das deutsche Fürsorgekomitee in Moskau gesandt und von hier an die

Postüberwachungsstelle Berlin zur Sendung an die Angehörigen weitergegeben. Umgekehrt dürfen die Angehörigen, soweit sie im Besitze einer genauen Adresse sind, monatlich 2 Postkarten (keine Briefe und Pakete) senden, die in der Kriegsgefangenenfürsorgestelle des Roten Kreuzes (Gymnasium) erhältlich sind und von dieser an die Postüberwachungsstelle Berlin weitergeschickt werden.


28. Juli 1918

Im Lichtspiel- Theater, Gasstraße, wird jetzt der großzügige Aufklärungsfilm „Es werde Licht!“, den Richard Oswald und E. A.. Dupont mit Unterstützung der Aerztlichen Gesellschaft für Sexualwissenschaft und unter Mithilfe des bekannten Forschers Dr. Iwan Bloch geschaffen hat, aufgeführt. Gibt der erste Teil der eigenartigen und für das Volkswohl hochwichtigen Unternehmung eine eindringliche Mahnung, mit allen Kräften gegen gefährliche Bluterkrankungen zu Felde zu ziehen, so zeigt der zweite Teil in überaus packender und dramatischer Weise ein Bild der Größe der Gefahr der geschlechtlichen Ansteckung.

Kann ärztliche Zunft in der Mehrzahl der Fälle langjährige und gewissenhafte Behandlung die Erkrankten der Heilung zuführen, so wird eine erfolgreiche Behandlung doch nur durch rastlose Aufklärung und Schärfung des Verantwortlichkeitsgefühls des einzelnen möglich sein. Und zu diesen Zweck ist, der die Ansteckungsgefahren

so vorzüglich zeigende Film, ganz besonders geeignet. Die Zuschauer stehen völlig im Bann der Vorführung, die durchaus dazu angetan ist, das erhoffte Licht zu verbreiten zum Wohle der Menschheit.