Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1904

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5. August 1904

Seltener Fund: Herr Dampfbrauereibesitzer Haselbach läßt gegenwärtig seinen zur Eisgewinnung bestimmten Teich zwischen Lubst und Schöneicherstraße tiefer legen. Bei den Ausschachtungen ist man mehrfach auf Knochen und Holzäste gestoßen; namentlich ist eine inmitten der Anlage gefundene Weide noch vortrefflich erhalten. Das bemerkenswerteste Stück aber ist ein ungewöhnlich starkes, noch am Schädel festsitzendes Hirschgeweih von einem ungeraden Vierzehnender; auch andere Skelettteile sind in der Nähe, 30 Mtr. östlich vom jetzigen Lauf der Lubst, zu Tage gekommen und überdies der Schädel eines mächtig großen Rindes. In welcher Zeit jene teichartige Ausweitung der Lubst bestanden hat, kann man aus einem dort gehobenen vorgeschichtlichen Gefäß schließen. Nach den Randprofilen fällt die östliche Kante der Ausschachtung, 70  Meter vom jetzigen Lubstufer entfernt, etwa mit dem alten Ufer zusammen: hier ist ein vorslawischer Topf mit glattem, eingezogenem Rande und von einem hohlen Standfuß gehoben, welcher mindestens den ersten vorchristlichen Jahrhunderten, vielleicht schon einer früheren Periode angehört. In dieser Zeit war dort also noch offenes Wasser, wogegen aus dem Fehlen der leicht erkennbaren slawischen Scherben zu vermuten ist, daß das Wasserbecken in der Wendenzeit (500-1200 n. Chr.) bereits verschlammt war. Schwerlich hätten aber die Anwohner ein so mächtiges Hirschgeweih unverwertet gelassen; deshalb ist zu vermuten, daß der Fund in eine noch ältere Periode der vorchristlichen Zeit zurückweist, eh die Uferränder überhaupt bewohnt waren. In den Sandboden eingebettet ist das selten schöne Stück vor jeder Beschädigung geschützt geblieben. Es befindet sich in Herrn Haselbachs Wohnung am Zindelplatz.


7. August 1904

Beim hiesigen Fernsprechvermittlungsamte sind in den letzten Tagen von der Firma Mix und Genest in Berlin für den Ortsverkehr neue Vielfachumschalter aufgestellt worden, bei denen die Beendigung eines Gespräches in selbständiger Weise auf dem Vermittlungsamte angezeigt wird, sobald der Teilnehmer, welcher das Vermittlungsamt angerufen hat, den Fernhörer an den beweglichen Haken des Fernsprechapparates hängt, bzw. auf die Gabel des Tischgehäuses legt. Das sog. Abläuten durch dreimaliges kurzes Kurbeldrehen ist nicht mehr erforderlich und unterbleibt deshalb besser. Um vorzeitige Trennung der Verbindung auf dem Vermittlungsamte zu vermeiden, ist zu beachten, daß der Fernhörer nicht an den beweglichen Haken gehängt bzw. auf die Gabel des Tischapparats gelegt werden darf, solange das Ge-spräch noch nicht beendet ist.


18. August 1904

Koenig-Park: Dem von Herrn Buchdruckereibesitzer Koenig der Stadt geschenkte Park ist jetzt von den städtischen Behörden offiziell der Name Koenig-Park beigelegt worden.


24. August 1904

Neue Wohnhäuser stehen hier vor allem zahlreich in der bergigen Crossener Vorstadt im Bau. Diese Erscheinung trat bereits in dem Jahrzehnt 1890-1900 zu Tage.  Den 2158 insgesamt vorhandenen Wohnhäusern kamen in dem Jahrzehnt 272 neue hinzu, von denen 112 auf das Crossener Tor, 100 auf das Klostertor, 59 auf das Werdertor und 1 auf die innere Stadt entfielen. Bei der gerade jetzt lebhaften Aufmerksamkeit, die man dem Wohnungswesen zuwendet, ist auch eine im genannten Zeitraume gewonnene Wohnungsübersicht außerordentlich lehrreich. Sie führt 1733 einstöckige, 1303 zweistöckige, 384 dreistöckige, 41 vierstöckige und 2 fünfstöckige Häuser auf. Von insgesamt 7877 Wohnungen waren 5979 vermietet und 141 lagen im Kellergeschoß. Hinsichtlich der Zimmerzahl umfassen 4174 Wohnungen nur ein Zimmer, 1819 zwei Zimmer, 674 drei Zimmer, 247 vier Zimmer, 150 fünf Zimmer 82 sechs Zimmer, 122 mehr als sechs Zimmer. Auf jede Wohnstätte entfielen durchschnittlich 13 Bewohner; doch gab es 287 Grundstücke mit 20-30 Bewohnern, 105 Grundstücke mit 30-40 Bewohnern,  31 Grundstücke mit 40-50 Bewohnern, 9 Grundstücke mit mehr als 50 Bewohnern, insgesamt also 432 stark bevölkerte Grundstücke. Die stärkste Wohndichtigkeit zeigt die innere Stadt, die schwächste die gemüsebautreibende Crossner Vorstadt; trotzdem herrschen in den letzteren die ungünstigsten EinzelWohnverhältnisse, denn sie zeigte 42 Wohnungen, die entweder in einem heizbaren Zimmer mehr als  6 Bewohner vereinigte, oder in zwei heizbaren Zimmern mehr als 10 Personen. Im ganzen zeigte das Stadtgebiet 118 derart überfüllte Wohnungen.


27. August 1904

Ein großer Dampfkessel von 320 Zentner Gewicht wurde heute Vormittag vom Bahnhof nach der Gubener Hutindustrie (Otto Wülfing) am Damm transportiert. Der von 8 Pferden gezogene Wagen, auf dem der Kessel ruhte, konnte an der Mühle nicht um die Ecke biegen, er mußte daher den Umweg durch die Stadt, über Zindel und Neustadt machen. Der Transport verlief ohne Störungen.