Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1904

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1. Juni 1904

e direkte Eisenbahnverbindung zwischen Guben und Forst ist nunmehr fertiggestellt und wird heute ihrer Bestimmung übergeben. Seit Jahren wurde diese Bahnstrecke von den Bewohnern der beiden benachbarten und auf einander angewiesenen Städte und der zwischen ihnen liegenden Ortschaften aufs eifrigste erstrebt. Die beiden aufblühenden Gemeinwesen mit ihrer ausgedehnten Industrie, zwischen denen ein starker, stetig wachsender Personen- und Güterverkehr herüber und hinüber herrscht, sahen sich auf den weiten Umweg über Cottbus angewiesen, wenn sie nicht vorzogen, den Landweg zu benutzen, der auch erst seit einigen Jahren in eine Chaussee umgewandelt worden ist.

Dem Bau der Bahn stellten sich immer neue Schwierigkeiten entgegen, Jahr um Jahr verging, ohne daß ein Resultat zustande kam. Den unausgesetzten Bemühungen der Vertreter der beiden Städte, die durch das Mitglied des Reichstags und des Herrenhauses, Se. Durchlaucht  Prinz Carolath und die Landtagsabgeordneten  des Guben - Sorau - Forster Wahlkreises tatkräftig  unterstützt wurden, gelang es endlich, die königliche Staatsregierung davon zu überzeugen, daß hier tatsächlich nicht nur ein  dringendes Bedürfnis vorliegt, sondern daß die ersehnte Bahnverbindung auch eine größere Rentabiblität verspricht, als so manche andere im Laufe der letzten Jahre neu entstandene Bahnstrecke. Und es kam endlich der Tag, an dem wir die frohe Kunde verbreiten konnten, daß die Vorlage zum Bau der Bahn dem Landtage zur Genehmigung unterbreitet ist.

Schwere Opfer wurden damit allerdings den von dem neuen Schienenwege berührten Orten auferlegt, insonderheit der Stadt Guben, die von der zum Grunderwerb vom Staate verlangten Garantiesumme den Löwenanteil beisteuern musste, sollte nicht noch im letzten Augenblick alles scheitern, womit auf absehbare Zeit jede Hoffnung auf Erlangung der Bahn völlig geschwunden wäre. Die Stadt hat diese Opfer freudig übernommen, in der Zuversicht, daß das so aufgewendete Kapital reiche Zinsen tragen werde. Es entspricht dem großen allgemeinen Interesse, daß diesem Bahnbau hier wie in Forst entgegengebracht wird, wenn die Bahn nicht sang- und klanglos dem Verkehr übergeben wird, sondern wenn sich die Behörden der beiden Städte und Bürger aus ihrer Mitte zu einer gemeinsamen Feier vereinigen, das Entgegenkommen der Eisenbahnverwaltung freudig begrüßend, die durch Stellung von Sonderzügen dieser Feier ein besonderes Gepräge gibt und es ermöglicht, daß sie in beiden Städten an einem Tage wenige Stunden hintereinander begangen werden kann. Wir begrüßen die hohen Vertreter der königlichen Staatsregierung, die an der Einweihung der beiden Städte so hochwichtigen Werkes teilnehmen, wir begrüßen die Forster Gäste, die gleich uns hoch erfreut sind, daß das Jahrzehnte lang angestrebte Verkehrsmittel endlich vollendet ist. Möchte durch den neuen Schienenweg den beiden Nachbarstädten, die er enger als je verbindet, und dem fruchtbaren Neißetale, das er aufschließt, reicher Segen erblühen. Möchte auch in nicht zu ferner Zeit die Hoffnung in Erfüllung gehen, daß sich die Bahn zu einem noch bedeutsameren Gliede des Eisenbahnnetzes gestalte.