1904
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember10. Juli 1904
Die neuen Eisenbahnwagen vierter Klasse zeichnen sich gegenüber den älteren Wagen durch große Bequemlichkeit und eine gewisse Eleganz aus. Die Fenster sind sogar mit Vorhängen versehen, eine Einrichtung, die bei den Reisenden solchen Anklang gefunden hat, daß sie auch bei den Wagen älterer Bauart allmählich angebracht werden sollte. Auch die Beleuch-tungs- und Lüftungsanlagen der neuen Vierter-Klasse-Wagen haben erfreuliche Fortschritte gemacht. Am meisten aber freut sich die ärmere Bevölkerung über die bequemen Sitzgele-genheiten, die in Gestalt von langen Bänken an den Wagenwänden angebracht sind. Wem es auf die Benutzung von Schnellzügen nicht ankommt, der kann heute in vierter Klasse fast ebenso bequem wie in dritter Klasse fahren, nur daß er keinen Anspruch auf einen Sitzplatz hat. Das "Belegen" der Plätze bleibt nach wie vor ein Privileg der höheren Klassen. Gewis-sermaßen als Ersatz für den belegten Sitzplatz dient in der "Vierten" der Reisekoffer oder ein anderes Gepäckstück, das sich mit Hilfe von Decken usw. in einen bequemen Stuhl umwan-deln läßt.
12. Juli 1904
Straßenbahnzusammenstoß. Der Wagen Nr. 3 der elektrischen Straßenbahn stieß am Sonn-abend abend in der Frankfurterstraße mit einem Rollwagen der Speditionsfirma Gustav Tamm, der dort umkehren wollte, zusammen und es wurde hierbei die an der Stirnseite be-findliche Glühlampe abgerissen, auch das Schutzblech am Führerstand wurde beschädigt. Solche Unachtsamkeiten der Gespannführer werden, wenn nachgewiesen wird, daß Fahrläs-sigkeit vorliegt, wegen Gefährdung eins Eisenbahntransports mit hohen Geldstrafen evtl. mit Gefängnis geahndet.
19. Juli 1904
Groß-Gastrose. Zur bequemeren Beförderung der Versandprodukte hat der Mühlenbesitzer Lehman ein interessantes Bauwerk ausführen lassen. Es ist dies ein äußerst stabiler Steg, der aus der 1. Etage des Mühlenetablissements mit mäßigem Gefälle über einen Neißearm zur Verladestelle hinführt. Durch auf Schienengeleise laufende Wagen und mittels Sackkarren werden die gewonnenen Materialien auf dieser schiefen Ebene mit leichter Mühe zum Verla-dungsplatze gebracht. Von demselben hat Herr Lehmann ein Anschlußgeleis nach der Forst-Gubener Bahn legen lassen.
Über die Rentabilität der am 1. Juni eröffneten Forst-Gubener Bahn dürften folgende Ziffern, welche den Personenverkehr der Zwischenstationen betreffen, von allgemeinem Interesse sein. Danach sind im Monat Juni außer den Kinderbillets, die als halbe Fahrkarten gerechnet werden, in Gr.-Briesnigk rund 700, Grießen 570, Gr.-Gastrose 1080 und in Schlagsdorf 700 Fahrkarten verausgabt worden, wodurch eine Einnahme von rund 900 Mark erzielt wurde. Den Ausschlag muß jedoch der Güterverkehr ergeben, der von den genannten Stationen in Gr.-Gastrose mit der im Juni gerechneten Einnahme von rund 5000 Mark am bedeutendsten ist. Da der Zufuhrweg zur Haltestelle in Grießen nun soweit fertig gestellt ist, wurde auch dort am 11. d. M. der Güterverkehr eröffnet.
21. Juli 1904
Mit dem Bau der Fußgängerbrücke am Schlachthof ist jetzt begonnen worden. Zunächst ist ein Bausteg angelegt worden. Der niedrige Wasserstand der Neiße wird den Arbeiten natürlich sehr zu statten kommen.
22. Juli 1904
Die große Hitzeperiode hat ihren Höhepunkt am vergangenen Sonnabend mit 37,0 Gr. erreicht. Eine solche Hitze soll nach einer uns zugehenden Mitteilung außer in dem Jahre 1865 in den letzten 50 Jahren nicht vorgekommen sein. Die anhaltende Trockenheit hat in hiesiger Gegend viel Schaden angerichtet, viele Feldfrüchte sind in der Entwicklung zurückgeblieben, die Landwirte haben über Notreife zu klagen und auch unseren Gartenbauern ist viel Schaden zugefügt .
26. Juli 1904
Die Hundstage, die am 23. Juli begonnen haben und bis zum 23. August dauern, führen den Namen von dem Hundsstern, dem im Süden hell strahlenden Sirius, der, da er auch im südlichen Europa am 23. Juli erscheint, als der Bringer der wärmsten Tage angesehen wird. Diesmal braucht er die Sommerhitze nicht erst zu bringen.
30. Juli 1904
Unsere Wasserleitung. Der gestern niedergegangene Regen hat dem lechzenden Lande die ersehnte Labung und endlich auch die erwünschte Abkühlung gebracht. Große Anforderungen sind in dieser 4wöchigen Dürre an unser städtisches Wasserwerk gestellt worden. Mit Dank erkante man allgemein die ausgiebige Straßensprengung an, wozu große Wassermengen gebraucht wurden. Sehr bedeutend war auch der Mehrverbrauch zur Besprengung der öffentlichen Anlagen, und wenn das Gemüse in den Bergen nicht ganz verdorrt ist, so haben das die Winzer der Wasserleitung zu verdanken, die sie in den Stand setzte, die Pflanzen reichlich zu begießen. Während der Jahresdurchschnittsverbrauch ungefähr 86 Liter Wasser pro Kopf und Tag betrug und auf der Hauptpumpstation gewöhnlich 1000 Kubikmeter täglich gefördert wurden, stieg während der letzten heißen Tage der Wasserverbrauch auf 100 Liter pro Kopf und die Förderung auf der Pumpstation erhöhte sich auf das 31/2 fache, nämlich auf 3500-4000 Kubikmeter..