Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1905

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4. August 1905

Die Zahl der in städtischem Besitz befindlichen Bäume beträgt, nach einer neuerdings vorgenommenen Zählung, 10535, und zwar 6744 Obstbäume (inkl. der Obstplantage) und 3791 Straßenlaubbäume. Die Bäume in den Schulhöfen und sonstigen städtischen Gebäuden und die gärtnerischen Anlagen sind hierin noch nicht einmal einbegriffen.


5. August 1905

An der Südseite der Stadt- und Hauptkirche werden gegenwärtig Reparaturarbeiten ausgeführt. Die Umfassungsmauern und die Strebenpfeiler zeigen vielfache Ausbröckelungen, die in gleicher Weise wie vordem auf der Nordseite der Kirche ausgebessert werden sollen.


12. August 1905

Der Um- und Neubau des städtischen Krankenhauses ist bis auf einige geringfügige Kleinig-keiten jetzt vollendet. Gestern folgten die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung einer Einladung zur Besichtigung des Baues und der inneren Einrichtungen. Die notwendigen Er-läuterungen gaben hauptsächlich die Herren Bürgermeister Sachse und Medizinalrat Dr. Jungmann. Gelegentlich des Erweiterungsbaues sind auch im alten Hause verschiedene zweckmäßige Änderungen vorgenommen worden. Zuerst wurden die Besucher in die im Sou-terrain gelegene Küche geführt, die noch der Vollendung harrt. Es sollen von den Stadtver-ordneten noch die Mittel zur Aufstellung eines Milchkochers (50 bis 60 Liter fassend) und zur Einrichtung eines Ausgebefensters nachgesucht werden. Die Küche ist ein großer Raum, sie empfängt Tageslicht durch ein sehr  breites Fenster; das Ausgebefenster soll nach dem Korri-dor angebracht werden, damit die Hausdiener u. s. w. bei der Empfangnahme der Speisen die Küche nicht betreten brauchen. Die Tobzellen sind fest im Parterreraum untergebracht. Sie sind aufs zweckmäßigste eingerichtet; vor allem ist dafür Sorge getragen, daß der Kranke nirgends Gelegenheit hat, sich Verletzungen zuzuziehen. Die hochangebrachten Fenster wer-den vom Korridor aus geschlossen und geöffnet, ebenso werden die Jalousien hochgezogen und herabgelassen. Der Schein des elektrischen Lichts fällt von außen in die Zelle. Sinnreich ist die Tür derart konstruiert, daß sich der Leidende nicht die Finger einklemmen kann. Eine Treppe hoch, nach dem Garten zu, ist eine überdachte Liegehalle für Lungenleidende; darüber befindet sich noch eine Liegehalle, die ohne Dach ist, damit die Sonne völlig ungehindert Zutritt hat; sie soll mit Sesseln, ähnlich den Strandkörben, ausgestattet werden. Ein überdach-ter Gang führt zu dem neuen Gebäude, in dem die neueren klinischen Einrichtungen, die un-ser Krankenhaus bisher entbehren mußte, untergebracht sind. Da ist zunächst das hydrothera-peutische Institut für die verschiedenen Arten der Wasserbehandlung. Kopf-, Rücken-, Sitz-, Fußduschen, Strahlduschen usw. werden hier verabfolgt. Eine große Holzwanne ist für medi-kamentöse Bäder bestimmt ( Metall kann hierzu nicht verwendet werden), sie wird auch zu elektrischen Bädern gebraucht. Nebenan ist ein Raum für elektrische Lichtbäder; durch 48 Glühlampen kann eine Temperatur bis zu 70 Grad erzeugt werden; sie kann aber beliebig hoch geregelt werden. Die verschiedenen medikomechanischen Apparate werden namentlich gegen Gelenkleiden angewandt. Auch Untersuchungen mit Röntgenstrahlen werden jetzt in unserem Krankenhause vorgenommen, die Apparate sind bereits vielfach angewandt worden; eine Dunkelkammer befindet sich neben dem dafür bestimmten Raum. Die Heizung des gan-zen Krankenhauses geschieht selbstverständlich von einer Zentrale aus. Die Heizungsanlage ist sehr praktisch angelegt und bewährt sich vortrefflich. Ein Apparat zur Bereitung warmen Wassers, das naturgemäß in großen Mengen gebraucht wird, verbraucht nicht mehr als 30 Pfund Koks täglich. Sowie warmes Wasser entnommen wird, fließt sofort frisches Wasser zu. Einem der wichtigsten Räume im ganzen Krankenhause, dem Operationszimmer, ist besonde-re Sorgfalt zugewendet; es ist mit allen Erfordernissen ausgestattet, die die Wissenschaft ver-langt, damit bei einer Operation jede Infektion unmöglich gemacht wird. Es hat reiches Ta-geslicht von allen Seiten und von oben, das aber nicht zu grell einfallen darf, weshalb das Zimmer nach Norden liegt. Die künstliche Beleuchtung erfolgt durch elektrisches Licht und damit nicht im Fall eines plötzlichen Versagens großes Unheil entstehen kann, ist zur Vorsor-ge auch noch Gaslicht angebracht. Der kunstvolle Operationstisch, der Spültisch für Instru-mente, der Instrumentenschrank, die Waschgelegenheiten u. s. w., alles zeigt hier höchste Zweckmäßigkeit. Der Raum wird natürlich sehr häufig völlig ausgespült; das Spülwasser fließt in eine Öffnung in der Mitte, kann sich hier aber nicht etwa ansammeln, sondern wird durch Wasserspülung unter dem Fußboden beseitigt.

In einem Seitengebäude befindet sich die Waschküche, die gleichfalls mit allen Neuerungen ausgestattet ist. In der Trockenkammer trocknet die Wäsche im Nu, die größten und schwer-sten Stücke in einer Stunde. Die Rolle ist mit elektrischem Antrieb versehen. Während früher mehrere Frauen in der Waschküche ständig tätig waren, besorgt jetzt eine Frau die ganze Wä-sche und ist nur an einigen Tagen der Woche beschäftigt. Es ist dadurch eine Ersparnis von 18 Mark. wöchentlich auf 5 - 6 Mark. eingetreten. In einem gesonderten Bau befindet sich die  Leichenhalle, sowie eine Sektionshalle für gerichtliche Obduktionen, ferner ein Desinfekti-ons-Apparat; die Desinfektions-Maschine ist in die Zwischenwand eingelassen, die zu desin-fizierenden Gegenstände werden in dem einen Raum in den Apparat hineingetan: und dann in dem anderen Raum herausgenommen. In dem neuen Operationssaal sind bis jetzt bereits über 50 größere Operationen vorgenommen worden, 28 Aufnahmen mit Röntgenstrahlen sind bis-her vorgenommen worden, wofür 47 Mark vereinnahmt worden sind. Elektrische Bäder sind an Fremde 23 verabfolgt worden; das Bad kostet 2 Mark; auch die medikomechanischen Ap-parate sind schon mehrere male gegen Bezahlung genutzt worden. Die Belegungsziffer des Krankenhauses ist in stetem Steigen begriffen: 1896/97 waren 328 Kranke an 7504 Verpfle-gungstagen, 1904/5 535 Kranke an 15861 Verpflegungstagen; im laufenden Jahre vom 1. Ja-nuar bis 31. Juli 316 Kranke an 10151 Verpflegungstagen; das entspricht dem Jahresdurch-schnitt von 540 Kranken an 17400 Verpflegungstagen. Die höchste Zahl wurde im vorigen Jahre im September erreicht mit 54 Kranken, die niedrigste im Oktober mit 32 Kranken, in diesem Jahr war die höchste Zahl bisher im Juni mit 61 die niedrigste  Belegungsziffer war 40. In Ganzen enthält das Krankenhaus ca. 80 Betten. Es entspricht in seiner jetzigen Einrich-tung voraussichtlich auf eine Reihe Jahre allen Anforderungen die man in einer Stadt von der Größe Gubens zu stellen berechtigt ist.


13. August 1905

Kirchenrenovierung. Mit der Architektur unserer Stadt- und Hauptkirche standen die hohen Fenster bisher insofern im Widerspruch, als ihre flachen, breiten Nischen mit Putz verkleidet waren, eine Maßnahme, die man seiner Zeit jedenfalls einmal aus rein praktischen Rücksichten und unbekümmert um die Gebote der Kunst getroffen hatte. Die jetzigen Renovierungsarbeiten, bei denen größere Teile der Strebepfeiler erneuert werden, erstrecken sich auch darauf , den unschönen und störenden Fensterputz zu beseitigen, und die bereits freigelegten Fensterteile zeigen, wie wesentlich die Wirkung des Bauwerks dadurch gesteigert wird.

Die Kläranlage, das interessanteste Glied in der vielgestaltigen neuerbauten Schwemmkanalisation, ist in letzter Zeit mehrfach von Interessentengruppen besichtigt worden und steht vor seiner Inbetriebnahme. Was durch hunderte von Kanälen aller Dimensionen, die netzartig in ansehnlicher Tiefe den Untergrund des weitausgedehnten Stadtgeländes durchziehen, die mit jedem Hause, jeder Entwässerungsstelle in Verbindung stehen, alle natürlichen und künstlichen Hindernisse überwinden, schließlich an Regen-, Trauf-, Wirtschafts- und Fabrikgebäude, Fäkalien und Sinkstoffen aller Art zusammengeleitet wird, findet hier seinen Sammel- und Endpunkt, soweit nicht, wie es für ungewöhnlich große und schnell vorübergehende Belastungen der Abwässerungsanlage vorgesehen ist (Gewitterregen etc.) die vielfach vorhandenen Notauslässe in Tätigkeit treten und ihren infolge der energischen Selbst-Spülung unbedenklichen Inhalt in die Wasserläufe ergießen. Die wesentlichen Teile der Kläranlage, Maschinenhaus, Klärbecken und Schlammtrockenplatz, sind gegen etwaige Hochwasser der Neiße durch einen breiten Damm gesichert, zu dem sich das Bodenmaterial ohne aus der mächtigen Baugrube ergab. Unter dem Maschinenhause ergießt sich der Abwässerstrom in ein Vorklärungsbecken zwecks Entfernung der großen Sinkstoffe und Abharkung von allerlei Beimengungen schwimmender Art, z. B. Holz, Papier. Pneumatisch gelangen die festen Teile in den Schlammkessel und weiter auf den Schlammtrockenplatz. Die vorgeklärten Abwässer erhalten ihre endgültige Klärung in den 78 Feldern des Klärbeckens, in denen sich der Schlamm zu Boden setzt und demnächst nach Oeffnung eines Schiebers in den darunterliegenden Schlammkanal gelangt, dessen Inhalt schließlich ebenfalls den Trockenplatz erreicht. Das Oberwasser fließt mit natürlichem Gefälle zur Neiße ab, solange der Wasserspiegel sich nicht über Mittelwasserstand erhebt; wird die Vorflut durch Hochwasser vorübergehend gestört, so treten die Pumpen wie bei jeder Polderanlage in Tätigkeit.


23. August 1905

Wieviel Schritte macht eine Hausfrau im Laufe eines Tages bei Erledigung ihrer Arbeit? Die-se Frage wurde vor kurzem auf eine ziemlich einfache Weise zu beantworten gesucht. Eine Hausfrau trug einen Schrittzähler, d. h. einen Apparat, der jeden von der Trägerin gemachten Schritt genau registrierte, und das Resultat war, daß die Frau von 7 Uhr morgens bis 8 Uhr abends 25960 Schritte machte oder - den Schritt zu 50 Zentimeter gerechnet - rund 13 Kilo-meter zurückgelegt hatte. Daraus folgt, daß vielbeschäftigte und dabei schwache Hausfrauen ihre Erholung nicht bloß im Spazierengehen, sondern auch in körperlicher Ruhe suchen müs-sen.