1905
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember1. Juli 1905
Hitzeferien: Der Eintritt der heißen Witterung hat dem Prov.-Schulkollegium in Berlin Veran-lassung gegeben, aufs neue die Bestimmungen über den Ausfall des Unterrichts bei zu großer Hitze in Erinnerung zu bringen und sie noch schärfer zu fassen. Es heißt jetzt. " Wenn das hundertteilige Thermometer um 10 Uhr vorm. im Schatten 25 Grad zeigt, darf der Unterricht in keinem Falle über vier aufeinanderfolgende Stunden ausgedehnt und ebensowenig darf den Schülern an solchen Tagen ein zweimaliger Gang zur Schule zugemutet werden. Daneben liegt den Anstaltsleitern ob, zu prüfen und zu entscheiden, ob hierüber hinaus oder auch schon bei geringerer Temperatur mit Rücksicht auf die abspannende Hitze der vorangegangenen Tage, auf fortbestehende Schwüle in den Klassen usw. der Ausfall eines Teiles des Unterrich-tes rätlich ist." (So dankenswert diese Rücksichtnahme auf die Gesundheit der in den höheren Knabenschulen unterrichteten Schüler auch ist, so wäre es doch wohl wünschenswert, wenn auch die Mädchenschulen, die nicht dem Schulkollegium unterstellt sind, in diesen Erlaß mit hineinbezogen würden. Noch mehr aber scheinen solche Maßregeln für die Volksschulen mit ihren mehr als überfüllten Klassen geboten. Leider kommen bei dem langen Wege von einer Behörde zur anderen solche wohlgemeinten Verfügungen oft zu spät an, wenn die Hitze nachgelassen hat oder die Ferien eingetreten sind.)
4. Juli 1905
Ein eisernes Kanalisationsrohr wird gegenwärtig in der Egelneiße (im Zuge der Alten Post-straße) versenkt. Auch hier werden zunächst zur Herstellung eines wasserfreien Schachtes Spundwände eingerammt, die durch dagegengeschüttete Dämme noch gedichtet werden.
12. Juli 1905
Auf der großen Neißebrücke ist das Radfahren verboten. Diese vor etwa 14 Tagen erlassene Polizeiverordnung sei allen Radlern, die sich noch immer nicht dazu verstehen wollen, vor der Brücke abzusteigen, zur Nachachtung dringend empfohlen, denn das Auge des Gesetzes wacht! Im Interesse der Verkehrssicherheit ist dieses Verbot freudig zu begrüßen, denn die meisten durch Radfahrer verursachten Unfälle ereigneten sich auf der Neißebrücke.
18. Juli 1905
Schon wiederholt haben wir auf die Verschlammung der Neiße hingewiesen. Wie enorm diese aber ist, zeigte sich vorgestern und gestern, nachdem die Wehre geöffnet wurden. An der Un-terneiße ist der Fischstand, der, wie bekannt, von dem Ersten Gubener Anglerklub gepachtet ist, fast gänzlich zerstört. In der Gegend am Koenig-Park an den Buhnen schwammen die toten Fische zu Tausenden, darunter Tiere von 5 - 6 Pfund. Fische, die halbtot waren, wurden in Körben und Schürzen von Nichtmitgliedern des Vereins entwendet. Der Verein hatte nach der Bekanntgabe, daß die Wehre geöffnet werden, wegen zu kurzer Zwischenzeit keine Vor-kehrungen mehr treffen können. Wie groß der Schaden ist, läßt sich nicht übersehen. Es ist dringend geboten, Mittel und Wege zu finden diesem unliebsamen Übelstande baldmöglichst abzuhelfen.
22. Juli 1905
Getreideernte. Mit nicht geringer Sorge schauen die Landleute in die Zukunft. Eine gute Roggenernte steht in Mandeln auf dem Felde. Der infolge der vielen Regen vielfach gelagerte Roggen war im glühenden Sonnenbrande mühsam gemäht, und eben sollte die Einfuhr der Erstlingsgarben beginnen, da setzte die Regenzeit ein, die uns nun Tag für Tag strömende Regengüsse beschert. Was der scharfe trockene Wind des gestrigen Vormittags an Hoffnungen erweckte, das vernichtete der späte Nachmittag wieder gründlich: es gingen unheimliche Regenmassen nieder.
23. Juli 1905
Klärstation. Nachdem die Kläranlage unterhalb des Königsparkes in ihren Hauptteilen, dem Maschinenhause und dem Klärbecken, fertiggestellt ist, beginnt auch das angrenzende Gelände, das durch vielfache Bodenbewegungen, Kanalisierungen und Maurerarbeiten einen fortgesetzt wechselnden Anblick darboten, festere und dauernde Gestalt anzunehmen, die auch dem Laien zeigt, wie sich die Gesamtanlage nach ihrer Vollendung dem Auge präsentieren wird. Der Platz vor dem gefälligen Maschinenhause ist durch Zufüllung der bisherigen tiefen Baugrubenböschung planiert. Auf der Ostseite hat man die zum Klärbecken hinuntergehenden Abhänge der Baugrube planiert und befestigt und gleichzeitig einen langen und breiten Zugangsweg hergestellt.
28. Juli 1905
Gestern fand eine Besichtigung der Kläranlage durch die Kanalisations-Kommission unter Führung des Herrn Oberbürgermeister Bollman statt. Der Erbauer der Kanalisation Herr Ingenieur Rosenquist erklärte die höchst sinnreich eingerichtete Anlage, deren Betriebseröffnung in kurzer Zeit stattfinden wird. Die Bauten sind fast vollständig fertiggestellt, die Maschinen sind montiert und warten nur noch auf den elektrischen Strom, dessen Leitung durch die Umgehung des Koenigsparkes noch nicht vollständig ausgeführt werden konnte, da durch die Führung durch die Eichholzstraße einige Stützen mehr gebraucht werden. Die geringe Verzögerung, welche durch die veränderte Führung, die auf alle Fälle besser als die ursprünglich projektierte angesehen werden muß, ist ohne Bedeutung, da auch noch an dem Abführungskanale gearbeitet wird. An den Kanälen im Stadtgebiet wird eifrig gearbeitet, so daß der Bau der gesamten Kanalisation, unter der umsichtigen Leitung des Herrn Rosenquist, bedeutend früher beendet sein wird, als man angenommen hat.