Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1906

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8. Juli 1906

Klein-Drenzig. (Unwetter.) Donnerstag Nachmittag brachte ein starkes Gewitter unserem Orte und der Umgegend einen wolkenbruchartigen Regen, welcher mit etwas Hagel und heftigem Sturm begleitet war. Die Äcker und Wiesen sind teilweise stark beschädigt; wuschen doch die von den Bergen der Drenziger Schweiz herabstürzenden Wassermassen große Löcher auf den Fluren aus, rissen Brücken mit sich und versandeten viele Strecken. Die im Bau befindliche Chausseelinie Klein-Drenzig – Germersdorf sollte heute fertiggestellt werden, doch hat das Unwetter viel mühevolle Arbeit zerstört. So sind z. B. sämtliche Wasserdurchlässe und Rampen, welche die an der Chaussee liegenden Grundstücke mit dem Chausseekörper verbinden, hinweggespült, die Wasserrohre sind versandet, die Chausseeböschungen eingestürzt, alle Baumlöcher zugeschwemmt und die meisten Baumpfähle umgeworfen und mit fortgewaschen. Sogar die schon fertige Schüttung hat Schaden gelitten; an einigen Stellen ist sie unterwaschen und aus ihrer Lage gebracht worden. Zahlreiche Bäume wurden entwurzelt und vom Sturm umgebrochen. Die Dorfstraße glich einem großen See, und während des tobenden Unwetters war Alt und Jung auf dem Posten; galt es doch, die Wasserfluten durch schnelles Abdämmen von den Gehöften und Höfen abzulenken. Nur mit Mühe und Not konnten aus einem Stalle Kuh und Kalb von dem Ertrinken gerettet werden. Ein mit Dung beladener Wagen stand auf einem Hofe bis zur Hälfte im Wasser. Ein starker Strom wälzte sich gerade in die Haustür der etwas tiefergelegenen Franzkeschen Wirtschaft, fand aber glücklicherweise durch eine Öffnung auf der entgegengesetzten Seite einen Ausweg. Der Teich an der Wallwitzer Mühle trat aus seinen Ufern und suchte sich einen Weg in die Wiesen; der Mühlenbesitzer und die Eigentümer der in Frage kommenden Gemarkungen haben empfindlichen Schaden erlitte.


14. Juli 1906

Das hiesige städtische Museum ist um ein interessantes Ölbild bereichert worden, das den Betrachter um dreihundert Jahre in die Vergangenheit Gubens zurückversetzt. An der Stelle des Hauses Königstraße 3 lag früher das St. Annen-Spital, dessen auch Looke in seiner Chronik gedenkt, mit 10 Insassen, in dem sich auch eine kleine Kirche  mit einem Türmchen befand. Die letztere soll später in die Hospitalküche umgewandelt sein. Das alte Gebäude ist angeblich erst um 1830 abgebrochen worden, um dem gegenwärtigen Platz zu machen. Das bezeichnete Bild stellt zugleich die Innenseite des Werdertors dar, von dem eine kleine plastische Nachbildung und die Ansicht der Außenseite als Zeichnung und als Postkarte gleichfalls im Museum ausgestellt ist (letztere im Handel vergriffen). Der Entwurf des Ölgemäldes, das als sehr wohl gelungen bezeichnet werden muß,  beruht nach dem beigefügten Kärtchen auf Bodenfunden, alten Stadtbildern und mündlichen Nachrichten; es kann während der Besuchsstunden des Museums (Sonntags 11 – 1 Uhr) besichtigt werden.


25. Juli 1906

Respektabler Bergsport. Eine erfolgreiche Besteigung des Groß-Venedigers – in diesem Jahre überdies die erste -  führten mehrere Herren unserer Stadt dieser Tage aus. Der Groß-Venediger erhebt sich 3600 Meter hoch und ist der zweithöchste Berg der Hohentauernkette, deren höchster, der Groß-Glockner, 3800 Meter hoch ist. Was die Besteigung des mit ewigem Schnee bedeckten Groß-Venedigers besonders lohnen macht, ist seine ausnahmsweise schöne Gletscherentwicklung. An die kraft und Ausdauer des alpinen Hochtouristen stellt eine solche Ersteigung ungewöhnlich große Anforderungen; außerdem gehört dazu eine für das Hochgebirge vorschriftsmäßige und zuverlässige Ausrüstung. Der Auf- und Abstieg nahm nicht ganz vier Tage in Anspruch, und zwar wurde die Tour unter Begleitung mehrer Bergführer von der nördlichen Seite her, aus dem Pinzgautal und Sulzbachtal unternommen. Dieser Aufstieg gilt als der schwierigere, hat aber den Vorzug der kürzere zu sein.


28. Juli 1906

Zum Schutz der Pferde. Von dem Tierschutzverein sind an die Besitzer von Pferden jetzt Strohhüte abgegeben, um die Pferde bei der jetzigen heißen Jahreszeit gegen Hitzschlag zu schützen. Es sind diese Hüte derselben Art, wie man sie in größeren Städten schon seit Jahren eingeführt hat.