Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1906

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6. Juni 1906

Ostern und Pfingsten hatten diesmal die Rollen getauscht. Zu Ostern lachender warmer Sonnenschein, der die ganze Vegetation zu frühzeitigem Leben erweckte und die Menschen ins Freie lockte,  und zu Pfingsten ein so tiefer Fall der Temperaturen, dass die Oefen aufs Neue geheizt werden mußten, daß ein Sitzen im Freien von vorn herein völlig ausgeschlossen war, daß auch die Ausflüge den meisten verleidet wurden, indem es an beiden Feiertagen vormittags regnete und allenfalls an den Nachmittagen das Wetter sich so gestaltete, dass man mit einem Schirm bewaffnet, einen kurzen Spaziergang wagen konnte. Das war eine grausame Enttäuschung für alle, die sich lange vorher auf das Pfingstfest vorbereitet und allerlei Ausflugspläne geschmiedet hatten, die nun zu Wasser geworden sind; eine Enttäuschung für die Damenwelt, die sich in ihren neuen, hellen Frühjahrstoiletten präsentieren wollte und nun sich genötigt sah, die warmen Wintersachen, die längst weggehängt waren, wieder hervorzusuchen. Das diesjährige Pfingstwetter war noch miserabler als in dem berüchtigten Frühjahr 1902, wo man in anbetracht des Umstandes, dass Pfingsten in die Mitte des Mai fiel, und ununterbrochen kalte Witterung im ganzen April und ebenso im Mai geherrscht hatte, gar nicht auf schönes Wetter zu den Feiertagen gerechnet hatte. Das diesjährige Pfingstwetter gibt einen drastischen Beweis für den Wert von allerlei Wetterprophezeihungen…


8. Juni 1906

Am 7. Juni feiert der Professor Dr. Galle sein 50 jähriges Jubiläum als Professor der Astronomie in Breslau. Er ist jetzt 94 Jahre alt. Vor 72 Jahren, 1834, hat er am Gymnasium in Guben seine Probezeit abgeleistet. Am bekanntesten ist er geworden durch die Entdeckung des Planeten Neptun, den er am 23. September als Observator der Berliner Sternwarte an der Stelle auffand, die Leverrier in Paris angegeben hatte, und die von dort aus schlecht zu beobachten war.


14. Juni 1906

Die Kanalisation  der Stadt hat einen Kostenaufwand von 1 600 000 M. verursacht. Das Mairichsche Projekt war auf 1 230 000  M. veranschlagt. Die Stadtverordnetenversammlung genehmigte gestern die Annahme einer Nachtragsanleihe  von 270 000 M. Die Mehrkosten sind in der Hauptsache teils durch Erweiterung des Projekts (z.B. Übernahme der Hausanschlußkosten auf die Stadt, wozu 115 600 M. gebraucht wurden, Einziehung verschiedener Straßen in die Anlage, die ursprünglich nicht kanalisiert werden sollten usw.), teils durch unvorhergesehene Nebenarbeiten entstanden.


16. Juni 1906

Von heute ab gelangt bekanntlich ein öffentlicher Wetterdienst zur Einführung, der durch Ausgabe von Wettervorhersagen und rasche Verbreitung von Witterungsnachrichten in erster Linie den Landwirten Gelegenheit geben soll, das jeweils bevorstehende Wett er bei ihren Arbeiten besser zu beachten als bisher. Die Wettervorhersagen sind für den Nachmittag und den nächsten Tag aufgestellt. Diese Vorhersagen, welche nach den klimatischen Unterschieden innerhalb eines Bezirkes für verschiedene Gebietsteile eine verschiedene Fass ung erhalten können, werden telegraphisch an alle Telegraphenanstalten des Bezirks weitergegeben und dort vor 12 Uhr mittags öffentlich ausgehängt. Sie sollen außerdem gegen mäßige Abonnementsgebühren durch Telefone oder Briefträger verbreitet werden. Wir werden diese Wettervorhersagen, die draußen am Postgebäude ausgehängt sind, regelmäßig veröffentlichen.


19. Juni 1906

Für den Bismarckturm auf dem Bäroschen Berge waren auf die erfolgten Ausschreibungen hin 160 Entwürfe eingegangen, die am Sonnabend seitens des Preisrichter-Kollegiums im Stadtverordnetensitzungssaale besichtigt wurden…. Die Entwürfe waren, wie üblich, nicht mit dem Namen des Künstlers, sondern mit einem Motto versehen; dasselbe Motto stand auf einem verschlossenen Briefumschlag, der den Namen enthielt. Preisgekrönt wurden folgende Entwürfe: 1. Motto: Ehrenschuld, entworfen von Oberlehrer Michel an der königlichen Baugewerkschule zu Frankfurt a.O.; 2. Motto: Märkische Erde, entworfen von Architekt Fritz Beyer zu Berlin-Schöneberg; 3. Motto: Stein, entworfen von Regierungsbaufüherer Thurm zu Braunschweig…