Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1906

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2. November 1906

Uns wird geschrieben:“ Guben ist wohl eine sehr musikalische Stadt?“. Diese Äußerung kann man auswärts sehr oft hören. Wer die Frage mit ja beantwortet, hat sicher recht, wer sie aber verneint, hat auch recht. Wir wollen die Frage zunächst einmal bejahen. Wo ist eine Stadt wie Guben, die jährlich, d. h. im Winterhalbjahr zu hören bekommt: Etwa 12 Symphoniekonzerte, ebensoviel Künstlerkonzerte, 8 bis 10 Militärkonzerte, 6 Volksbildungskonzerte, 2 Kirchenkonzerte, eine große Zahl von Musikaufführungen von Seiten der vielen Gesangvereine, u. s .w. u. s .w. Es kann gewiß damit der größte musikalische Heißhunger gestillt werden. Dieser Umstand hat gewiß den oben erwähnten Ruf zur Folge gehabt. Es wird hier riesig viel Musik gemacht, das ist eine unbestrittene Tatsache. Wie sieht es aber auf der anderen Seite des auswärts verliehenen musikalischen Diploms aus? Daß es gleich gesagt sein mag: Alle größeren musikalischen Unternehmungen schließen hier in Guben mit einem Defizit ab. Woher kommt das? Die Zahl der Konzerte ist viel zu groß und muß deshalb vermindert werden. Es ist sehr lobenswert, daß die Unternehmer größerer  Aufführungen bereits zu der Einsicht gekommen sind. Wir werden in diesem Winter einige Symphoniekonzerte weniger haben. Weshalb kommen so viele auswärtige Künstler nach hier? Guben steht im Musikerkalender mit einer Einwohnerzahl von nahezu 40 000 verzeichnet. Das verleitet viele, hier Konzerte zu veranstalten, denn in solcher Stadt muß was zu „machen“ sein. Wer aber geht von den 40 000 Einwohnern in ein Konzert? 35 000 kann man davon gleich subtrahieren, die überhaupt kein Konzert besuchen; viele leisten sich mal einen musikalischen Genuß, wenn es kein Entree kostet oder ganz billig ist. Für die wertvollen Konzerte bleibt mithin nur eine ganz kleine Gemeinde, auf die sich dann alles stürzt. Die Folge davon ist, dass die großen Konzerte recht schwach besucht sind. Das erste Konzert der Stadtkapelle hat dies in diesem Jahre schon wieder bestätigt, trotzdem Herr Wolff doch recht schwere pekuniäre Opfer bringt, um etwas Besonderes zu bieten. Das erste Konzert der Konzertkapelle war leider auch nur mäßig besucht. Der Musikverein, der ja auch beständig mit Unterbilanz arbeitet, sammelt jetzt die Beiträge von seinen Mitgliedern und wird sein erstes Konzert am 20. November geben mit dem hier besteingeführten Klaviervirtuosen G. Bertram aus Berlin. Was ein solches Engagement für Kosten verursacht, davon hat man meist kein Ahnung. Möchten diese Zeilen dazu beitragen, dass gerade die hier veranstalteten Symphoniekonzerte, die nun einmal doch das Wertvollste bleiben, von dem besseren Publikum recht kräftig unterstützt werde.


14. November 1906

Starzeddel. (Mühlenneubau). An Stelle der alten Pauligschen Mühle, die vor Jahresfrist ein Raub der Flammen wurde, ist ein Neubau entstanden, der unserem Ort zur großen Zierde gereicht. Mit den neuesten Maschinen ausgestattet, kann sich das Etablissement mit jedem größeren gleichen Werk der Umgebung messen. Der Betrieb geschieht durch zwei Fracisturbinen, bezogen aus Gotha von Bringleb-Hansen & Co. Die Müllereimaschinen lieferten die Mühlenbauanstalten Wetzig-Wittenberg und Hartmann-Guben. Sehr praktisch ist die Schneidemühle mit Horizontalgatter und Kreissäge von Kießling-Leipzig. Die Elektrizitätsgesellschaft von Siemens-Schuckert-Berlin stellte eine Dynamomaschine auf, welche gegen 50 Flammen speisen kann. Sowohl die Firma Hartmann, wie auch die von Gutte und Sohn-Guben, welche die Gebäude aufführte, haben sich beste Ehre eingelegt. Bis zur Zeit war der Betrieb ein tadelloser. Interessenten ist der Besuch der Mühle sehr zu empfehlen. Sie befindet sich seit 160 Jahren im Besitz der Paulig´schen Familie.


21. November 1906

Zusammenschluß zweier Hutfabriken. Der Aufsichtsrat der Berlin-Gubener Hutfabrik hat eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, um über den Ankauf der Lißnerschen Hutfabriken in Guben und die dadurch notwendige Erhöhung des Aktienkapitals der Gesellschaft von 1 250 000 M auf  8 000 000 M. unter Ausschluß des Bezugsrechtes der Aktionäre Beschluß zu fassen. Es wird ferner vorgeschlagen, den Sitz der Gesellschaft von Berlin nach Guben zu verlegen. Wie wir erfahren, ist der Zusammenschluß der beiden Fabriken durch Vermittelung der zum Conzern der Deutschen Bank gehörigen Niederlausitzer Kredit- und Aparbank-Aktiengesellschaft in Guben herbeigeführt worden. Die neuen Aktien sollen von einem unter Leitung der Deutschen Bank stehenden Konsortium übernommen werden.


18. November 1905