Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1906

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

3. März 1906

Naemi Wilke-Stift. Ein Überblick über die Arbeit im Krankenhause des Naemi Wilke-Stiftes dürfte wohl manchem Leser dieses Blattes willkommen sein. Am Anfang des Jahres 1905 waren 22 Kranke im Hause, nämlich 13 männliche und 9 weibliche. Dazu kamen im Laufe des Jahres 204 männliche und 206 weibliche Patienten, sodaß die Gesamtzahl aller Verpflegten 432 betrug. Davon waren 1. Klasse 13 m., 10 w., zusammen 23 Patienten, 2. Klasse 14 m., 24 w., zusammen 38; 3. Klasse 192 m., 179 w., zusammen 371. Geheilt oder gebessert entlassen wurden 163 m., 170 w., zusammen 333, ungeheilt entlassen wurden 27 m., 21 w., zusammen 48 Patienten. Es starben 11 m., 13 w., zusammen 24 Kranke. An Operationen wurden 163 chirurgische, 85 Augenoperationen, 51 gynäkologische und 32 Nasen- und Halsoperationen, zusammen 331 Operationen ausgeführt. Da die Herren Ärzte, welche im Stift arbeiten, dabei vielfach gemeinsam tätig sind, vielen von den Operationen 230 auf den ersten Anstaltsarzt, Dr. Ayrer, 130 auf Dr. Schultze; 50 führte Dr. Balack und 22 Dr. Goldschmidt aus. An Verpflegungstagen wurden 10 263 gezählt. Durchschnittlich blieb ein Kranker 231/2 Tage im Krankenhause. Am 31. Dezember hielten sich 27 Patienten im Hause auf. Die Pflege liegt in den Händen lutherischer Diakonissen. Für die Männer ist in Wärter eingestellt.


8. März 1906

Zur Naturgeschichte der Pleite. Der Ausdruck „Pleitegeier“ hat bereits Gebrauchsrechte in der Presse erworben, die sich, seitdem er im Parlamentsbericht sesshaft geworden ist, zu einem formalen Rechtstitel ausgewachsen haben. „Pleite“, so wird in der  „Frankf. Ztg.“ dazu geschrieben, finden wir in den Wörterbüchern als ein jüdisch-deutsches Wort für Bankerott, aber Pleite nach polnischer Aussprache, sonst auch „Plete“, heißt nicht Bankerott sondern Flucht, und da Bankerotteure mitunter flüchtig werden, so hat sich in den Kreisen, in denen das Jüdisch-deutsch gesprochen wurde, eingebürgert, zu sagen: „Der ist pleite gegangen“, wenn jemand bankerott wurde…“


9. März 1906

In der Gemeinde Deulowitz ist der Gärtner Paul Schuster zum Gemeindevorsteher dieser Gemeinde gewählt, bestätigt und vereidigt worden.


16. März 1906

Ordnung betreffend die Erhebung von Kanalisationsgebühren im Stadtkreise Guben  - Auszug -

Auf Grund des Beschlusses der Stadtverordneten-Versammlung vom 2. Februar 1906 wird in Gemäßheit der §§ 4 ff. des Kommunalabgaben-Gesetzes vom 14. Juli 1893 nachstehende Ordnung, betreffend die Erhebung von Kanalisationsgebühren im Stadtkreise Guben erlassen:

§ 1.

Für die Benutzung der städtischen  Kanalisationsanlage sind von den Eigentümern der gemäß der Orts-Polizei-Verordnung vom 6. Oktober 1904 an dieselbe angeschlossenen Grundstücke und von den Inhabern der in § 8 genannten gewerblichen Anlagen, soweit nach den Vorschriften dieser Polizei-Verordnung Abwässer von diesen unmittelbar oder mittelbar der städtischen Kanalisationsanlage zugeführt werden, Kanalisationsgebühren nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zu entrichten.

§ 2.

Die von den Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke zu entrichtende Gebühr beträgt jährlich 50 % der staatlich veranlagten Gebäudesteuer. Die gebäudesteuerfreien Grundstücke werden zum Zwecke der Erhebung dieser Gebühr durch die Deputation der städtischen Wasserwerke unter sinngemäßer Anwendung der für die Veranlagung zur Staatsgebäudesteuer bestehenden Vorschriften besonders, und zwar jedes Mal für einen Zeitraum von 8 Jahren, eingeschätzt. …….

§ 3.

Die Inhaber von gewerblichen Anlagen haben, sofern diese in eine der nachstehend genannten 4 Klassen fallen, eine Gebühr nach folgenden Grundsätzen zu entrichten und zwar wenn sie als Eigentümer der Grundstücke, auf denen sich diese Anlagen befinden, bereits zur Zahlung einer Gebühr nach § 2 verpflichtet sind, neben dieser Gebühr.

Für die Bemessung der Gebühr werden die gebührenpflichtigen Anlagen in 4 Klassen eingeteilt.

Klasse I umfasst Hutfabriken, Fabriken mit Färbereien oder Walkereien oder Wäschen, Gerbereien, Färbereien, Walkereien, Kohlegruben, Kunstwollefabriken.

Klasse II umfasst Bierbrauereien, Preßhefefabriken, Brennereien (Spritfabriken), Weinfabrikation, Schlachthäuser, Gasanstalten, Handschuhfabriken, Molkereien, Waschanstalten.

Klasse III umfasst Mälzereien, Goldleistenfabriken, Maschinenfabriken, Eisengießereien, Druckereien, Tuchfabriken, Spinnereien, Webereien, Strumpfwarenfabriken, soweit die vier letztgenannten gewerblichen Anlagen ohne Färberei oder Walkerei oder Wäsche betrieben werden.

Klasse IV umfasst Hotels, Restaurationen, Bierverlagsgeschäfte,  Destillationen, Weinhandlungen, Fleischereien, Wurstmachereien, Badeanstalten.

Die Gebühr setzt sich zusammen aus einer Grundgebühr und aus Zuschlägen zu dieser. Die Grundgebühr beträgt in Klasse I 50 Mark, in Klasse II 30 Mark, in Klasse III 20 Mark und in Klasse IV 10 Mark. Hierzu treten an Zuschlägen in Klasse I je 8 Mark für angefangene je 5 gewerbliche Arbeiter, welche in der gebührenpflichtigen gewerblichen Anlage beschäftigt werden, in Klasse III in gleicher Weise je 6 Mark für angefangene je 5 für gewerbliche Arbeiter, in den Klassen II und IV 50 % der von der gebührenpflichtigen gewerblichen Anlage staatlich veranlagten Gebäudesteuer…..

§ 6.

Die Kanalisationsgebühren sind in vierteljährlichen Teilzahlungen im voraus bis zur Mitte des zweiten Monats eines jeden Kalendervierteljahres an die Stadthauptkasse zu entrichten.

§ 8.

Diese Ordnung tritt am 1. April 1906 in Kraft.

Guben, den 7. Februar 1906. (L.S.), Der Magistrat., Gez. Bollmann Sachse


24. März 1906

Bei den Kaninchen bilden bekanntlich die Ohren meist eine große Zierde des Tieres, und in den Ausstellungen gelten Kaninchen mit besonders großen und wohlgestalteten Ohren als Prachtstücke, deren glückliche Eigentümer die ersten Preise einheimsen. Man kann sich daher den Kummer vorstellen, den eine dem Invaliden Fritz Lucke, Schöglenerstraße 19a, gehörige Kaninchenmutter empfinden musste, als von ihren fünf Sprösslingen nur einer Ohren aufwies, die die für ein Kaninchenohr normale Größe zeigten, während bei den vier anderen keine Spuren von Ohren wahrzunehmen waren. Die sonst munteren Tierchen sind inzwischen herangewachsen, aber das Manko ist geblieben, auch nicht die geringsten Ansätze von Ohren  sind bis jetzt wahrzunehmen. Ein rätselhafter Fall, um so merkwürdiger, als die Eltern, der belgischen Riesenrasse angehörig, über ganz respektable Ohren verfügen. Da ein solcher Fall äußerst selten vorkommen soll, bilden die Tiere eine Sehenswürdigkeit und bleiben infolge dieser Abnormität vielleicht länger von dem Schlachtmesser verschont, als es sonst der Fall wäre.