Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1908

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4. November 1909


6. November 1908

Als Zeichen der ehemaligen Wehrhaftigkeit und Befestigung Gubens sind an der nach außen gerichteten Südseite des Werderturmes zunächst drei Steinkugeln eingemauert worden, die im Boden neben demselben bei Tieferlegung der Straße ausgegraben worden sind. Zu diesen kommt eine vierte, von 19 cm Durchmesser und 10,5 Kilogramm Gewicht, die sich bisher in Privatbesitz befunden und jetzt im geschichtlichen Interesse der Stadt geschenkt worden ist. Diese Geschosse entstammen wahrscheinlich dem 15. Jahrhundert, während die eisernen Kanonenkugeln am Eckhause des Lindengrabens und der Königstraße bei der Beschießung der Crossener Tor-Bastei vom 26. April 1642 in den dortigen, damals morastigen Baugrund gekommen sind. – Im Werdertorturm ist der Innenraum von der bisherigen Sohle in Höhe der angrenzenden Straße um die Stärke von 16 der alten Mauersteine tiefer gelegt worden bis zu dem Steinpflaster im Verließ; in Höhe von sechs der alten Steine sind einander je paarweise gegenüberliegend vier kleine Nischen mit eingelassenen eisernen Klammern freigelegt, an einer der letzteren befand sich  noch das alte Halseisen. Selbstverständlich wurden in diesen völlig dunklen Gewahrsam, zu dem der Eingang in einer Öffnung in dem hoch darüber gelegenen Gewölbe bestand, nur die schwersten Verbrecher oder schlimmsten Feinde der Stadt gesetzt, während andere Gefangene in den verschiedenen  Stockwerken des Turmes in tiefen Mauernischen untergebracht wurden. Aus diesem Grunde waren in Höhe der Mauer zwei Eingänge vorhanden -  die einzigen von außen. Von dem tiefer gelegenen im Südosten führte innerhalb der Mauer (wie auch im sogenannten Jungfernturm) eine Treppe hinauf, unter welcher der zweite Eingang (näher zur Königstraße) hineinging in das erste Stockwerk über dem Verließ. In diesem letzteren ist in einem Mauerstein tief die Jahreszahl 1417 eingegraben, wohl das Jahr, in dem der untere Teil des Turmes, kenntlich durch die Umrisse von Zinnen im Mauerwerk der Südseite, erbaut worden ist. Mit einer Uhr wurde dieser Turm 1659 versehen. Seine Wetterfahne hat er vor etwa 20 Jahren eingebüßt. Ein niedriger Hohlraum unterhalb des aus großen Feldsteinen hergestellten Bodens des Verließes hat wohl keinem bestimmten Zweck gedient; er erstreckte sich bis unter das gegen 2 Meter dicke Mauerwerk und ist mit Sand ausgefüllt worden; wahrscheinlich hatte sich nur der sandige Boden unter dem Feldsteinboden gesetzt oder gesackt. Einzelne Scherben lagen darin.


7. November 1908

Taubendorf. (Erlegte Wildschweine.) Gestern wurden in Taubendorf zwei Wildschweine zur Strecke gebracht, die wiederholt auf der bäuerlichen Feldmark erheblichen Schaden anrichteten. Es sind ein Überläufer von 120 Pfd. und ein kapitaler Keiler von 244 Pfd. Gewicht ausgewaidet, der im vollen Sinne des Wortes die Bezeichnung „Hauptschwein“ verdient, wie er auf der Hofjagd bezeichnet werden würde.


14. November 1908

Ein Witterungsumschlag ist endlich eingetreten. Seit Wochen lagerte hoher Luftdruck mit meist heller trockener Witterung über Europa und insbesondere auch über Deutschland. Unter dem Einfluß nächtlicher Ausstrahlung und östlicher wie südöstlicher Winde trat ausnahmsweise frühzeitig Kälte ein. Gestern zeigten sich aber am Himmel lebhaft aus West-Nordwest ziehende Oberwolken, auch begann das Barometer langsam zu sinken. Über dem Ozean westlich von Europa hat sich ein Tiefgebiet entwickelt, das uns bei westlichem Winde milde unbeständige Witterung bringen dürfte. Gestern abend hat es nach reichlich 7 Wochen zum ersten Male wieder geregnet, zwar noch nicht lange genug, aber mehr Niederschläge werden jetzt wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen.


20. November 1908

Auf dem Eise der Neiße tummelten sich am Dienstag und gestern, obwohl inzwischen starkes Tauwetter eingetreten war, zahlreiche Kinder. Wenn ein Polizeibeamter erschien, verschwanden sie; sowie er aber den Rücken gedreht hatte, waren sie wieder auf dem Eise. Mindestens ein halbes Dutzend Kinder sind nach und nach eingebrochen oder in nicht zugefrorenen Spalten gefallen, zum Glück konnten alle wieder herausgezogen werden. Es ist ein unglaublicher Leichtsinn, dass Eltern ihren Kindern das Betreten des Eises gestatten, das doch nur noch dünn und durch die Einwirkungen der Sonne mürbe geworden war.


28. November 1908

Gewitter. In dem durch so viele Anomalien gekennzeichneten Jahre 1908 erscheint es kaum noch als etwas Auffälligen, daß sich 4 Wochen vor Weihnachten ein regelrechtes Gewitter entlädt. Gestern Nachmittag zog in der fünften Stunde eine dicke schwarze Wolke herauf, aus der wiederholt Blitze zuckten, während dröhnendes Donnergroll ertönte. Das Gewitter hat sich über weite Gebiete erstreckt. In Berlin muß es, nach Berichten der dortigen Blätter zu urteilen, noch heftiger als hier gewesen sein. Sechs Personen, unter ihnen drei Telephonistinnen, wurden in Berlin leicht vom Blitz getroffen.

In nächster Zeit soll die Schiedloer Kirche zum Abbruch verkauft werden. Die Orgel derselben ist, wie uns mitgeteilt wird, ihres Altertumswertes wegen für das hiesige städtische Museum erworben worden und wird in nächster Zeit daselbst zur Ausstellung gelangen.