1908
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember2. September 1908
Der Bismarckturm
(Zu seiner Einweihung am 2. September 1908)
Von Hermann Buchholz
Auf Bergesrücken reckt sich in die Höhen
Gigantisch ein Symbol aus Fels und Stein:
Siehst du leibhaftig nicht dort oben stehen
Den alten Recken hell im Sonnenschein?
Der Küraß leuchtet, aus granitnen Quadern,
Die Faust liegt schwer auf seines Säbels Knauf,
Die Füße stemmt er in die Bergesadern
Und stolz hebt er das Haupt zum Himmel auf.
Die Augen blitzen unter buschigen Brauen
Und um die Lippen zuckt es fast wie Spott –
Wie Donnerstimme dröhnt es durch die Gauen.
(es folgen 3 weitere Strophen)
Zur Einweihung des Bismarckturmes.
Auf einem der höchsten Punkte unserer Berge, weit hinab ins liebliche Neißetal blickend, erhebt sich der in seinen einfachen, schlichten Formen wuchtige und imposante Bau, der dem Andenken Bismarcks geweiht ist, des großen Einers Deutschlands. Kein Denkmal im eigentlichen Sinne ist der Turm, kein Standbild in Erz oder Marmor ziert ihn, nur in markigen Buchstaben der Name Bismarck über dem Eingangsportal und sein in Stein gehauenes Wappen…
Wuchtig erhebt sich der Turm, mit seinem obersten Kranz 26,70 Mtr. hoch errichtet; aus märkischem Backstein besteht der Schaft, der uns an den Turm unserer Stadt- und Hauptkirche erinnert; wiederum aus Feldsteinen baut sich der Kopf des Turmes auf. In Höhe von 22 Mtr. ist eine Aussichtsterrasse errichtet, von der man bereits einen prächtigen Rundblick genießt. Die oberste Plattform, zu der eine eiserne Treppe hinaufführt, ist noch 4,70 Mtr. höher. Sie ist von einer 1,25. Mtr. hohen Brüstung umgeben. Die Bruchsteine zum Sockel wurden von Bruno Preisser in Kleinsteinberg bei Beucha in Sachsen geliefert. Sie wirken durch ihre ungleiche Farbentönung malerisch und geben ein belebendes Bild. Der anfänglich in Aussicht genommene märkische Granit hätte zu eintönig gewirkt. Herr Preisser übernahm auch das Aushauen des Bismarckschen Wappens (nach einem von Herrn Stuckateur Hecht unentgeltlich gelieferten Modell) und des Namens Bismarck über dem Eingange. Der Stein, der das Wappen enthält, ist der größte des ganzen Turmes, er wiegt 22 Zentner….
Der Bau ist jetzt vollendet, weit ins Land hinein sichtbar, den aus der Fremde heimkehrenden Sohn unserer Stadt, die zahlreichen Besucher unserer im Frühlingsschmuck prangenden Berge aus der Ferne grüßend, ein stolzes Wahrzeichen unserer Stadt, von dessen Zinnen sich ein ungehinderter weiter Rundblick auf die reizvolle märkische Landschaft, auf prangende Fluren und grüne Wiesen, auf dunkle Wälder, auf Berge und Täler, auf zahllose Ortschaften, auf die silberglänzend sich hinschlängelnde Neiße und auf die von Schiffen belebte Oder darbietet…
4. September 1908
Die Einweihungsfeier des Bismarckturms.
Unter ungewöhnlich starker Beteiligung der Bevölkerung wurde gestern der Bismarckturm auf Bäros Berg feierlich eingeweiht. Der Himmel war der Feier nicht günstig, trotzdem nahm sie einen allgemein befriedigenden Verlauf. Vormittags hatte heftiger Wind den Regen zurückgehalten, aber als er nachmittags nachließ, begann es auch zu regnen, gerade als sich vom Spicherer Platze aus der Festzug in Bewegung setzte. Eröffnet wurde der Zug durch die Volksschüler, eine stattliche Schar, dann folgten die Schlächter zu Pferde, die Schützengilde, Teile des Gubener Sängerbundes, die Innungen, das Bezirkskommando, die Militärvereine. Der Veteranen- und Kriegerverein, der evangelische Arbeiterverein, der Männerturnverein, die Turnerschaft, der Turnerbund Gymnasium machte den Schluß. Der Zug nahm seinen Weg über den Zindelplatz, Neustadt, Seydelsche Mühlen, Klosterstraße, Markt, Herrenstraße, Königstraße, Osterberg, Triftstraße (wo die Schlächter ihre Pferde zurückließen) Fruchtstraße. Vier Musikkapellen und verschiedenen Trommlerkorps waren im Zuge verteilt. Eine größere Anzahl Fahnen und Embleme der Innungen wurden mitgeführt. Der Aufmarsch auf dem geräumigen Platze vor dem Turm vollzog sich glatt. Dort hatten sich inzwischen zahlreiche Ehrengäste eingefunden, und das Denkmalskomitee, die Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung, Offiziere und andere geladene Gäste. Auch seine Durchlaucht Prinz Carolath nebst Gemahlin waren erschienen, ferner Herr Architekt Beyer aus Schöneberg. Der Himmel hatte inzwischen doch ein Einsehen gehabt, die Wolken teilten sich und die Sonne bestrahlte das festliche Bild; allerdings wehte ein heftiger, empfindlich kühler Wind. Als der ganze Festzug aufmarschiert war, spielte die Musik den Festmarsch; dann sang der Sängerbund unter Leitung des Königl. Musikdirektors Herrn Zierau mit Musikbegleitung das niederländische Dankgebet…
Der Zug marschierte in derselben Reihenfolge, in der er gekommen war, wieder ab; die Sonne versteckte sich wieder hinter einem dichten Wolkenschleier und ein kräftiger Regen nieselte nieder. Um die Ordnung des Zuges, bei dem überall alles trefflich klappte, haben sich die Herren Bohn und Jul. Zeschke großes Verdienst erworben. Die Musik bei der Feier am Turm wurde von der Stadtkapelle ausgeführt. Gegen ½ 8 – die Dunkelheit brach zeitiger herein, als es bei klarem Himmel der Fall gewesen wäre – wanderten große Menschenscharen nach den Bergen hinauf, um die Beleuchtung des Turmes anzusehen. Sie fiel wahrhaft glanzvoll aus und fand allgemein Beifall. Herr Rentier Emil Wutke, der die Beleuchtung leitete, hatte alle Vorbereitungen mit Umsicht getroffen und in voriger Woche mehrmalige Proben veranstaltet. Von der obersten Spitze des Turmes erstrahlte weithin sichtbar ein helles Feuer, auch unten brannten mehrere Feuer und beleuchteten den ganzen Turm…
6. September 1908
22. September 1908
Ein Wettrudern auf der Neiße veranstaltete gestern der Gubener Ruderklub. Die Fahrstrecke betrug 31/2 km stromab und 31/2 km stromauf, insgesamt also 7 km. Es wurden folgende Resultate erzielt: Boot 1, 41 Min. 41.3 Sek.; Boot 2, 43 Min. 18.3 Sek.; Boot 3, 41 Min. 34.1 Sek.; Boot 4, 41 Min. 50.4 Sek.; Boot 5, 39 Min. 33,2 Sek. (Die vorjährige beste Leistung betrug 41 Min. 42 Sek.) Die siegreiche Mannschaft erhielt als Preis Trinkbecher mit eingravierter Widmung. Die Mannschaften fuhren nacheinander in dem neuen Gigvierer „Odin“.