Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1908

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1. Oktober 1908

Die Erweiterung der höheren Töchterschule ist gestern von der Stadtverordnetenversammlung genehmigt worden. Die Schule erhält vom 1. April 1909 ab 10 aufsteigende Klassen und die Lehrkräfte werden vermehrt. Gleichzeitig ist die Erhöhung des Schulgeldes von 80 auf 100 M für Einheimische und von 100 auf 120 M für Auswärtige beschlossen.

Butterfälschung. Im Juli und August hat die unverehelichte Wilhelmine Z. aus Bärenklau auf dem hiesigen Markte Butter mit einem Wassergehalt von 35% feilgehalten, während nur bis 6% Wassergehalt gestattet ist. Die Angeklagte wurde vom Schöffengericht zu 25 M Geldstrafe oder 5 Tagen Haft verurteilt.


6. Oktober 1908

Die Gubener Hutfabrik Steinke u. Co. feierte dieser Tage das Jubiläum ihres 25jährigen Bestehens. Am Sonnabend abend fand aus diesem Anlaß im Hotel Kronprinz eine Festlichkeit statt, die einen überaus harmonischen Verlauf nahm…. Man gewann aus allem den Eindruck, daß die persönlichen Beziehungen zwischen den Arbeitern und dem Arbeitgeber die allerbesten sind. Einer Reihe von  Meistern und Arbeitern, die über 20 resp. 25 Jahre ununterbrochen in der Fabrik beschäftigt waren, wurden Geldgeschenke überreicht.

Peitz. (Kohlenbohrungen.) An der Erschließung des Kohlenlagers bei Drachhausen wird eifrig weiter gearbeitet. Man bohrt unentwegt fort, um die Größenverhältnisse der Kohlenflöze festzustellen. Briketts, welche aus dem Rohmaterial probeweise hergestellt wurden, haben ein vorzügliches Resultat und eine Brenndauer ergeben, die diejenige anderer Fabrikate übersteigt. Im übrigen wird von Seiten der Unternehmer das größte Stillschweigen  beobachtet. Die Größe des Lagers ist aber, wie die Niederl. Ztg. erfährt, ganz bedeutend und erstreckt sich bis in die gräflich Lieberoser Forst, wo neuerdings ja auch gebohrt wird. Wie bestimmt verlautet, sollen die Förderungsanlagen im Frühjahr in Angriff genommen werden.


8. Oktober 1908


10. Oktober 1908

Grano. (Der Granoer Hammer), dessen Gebäude vor einigen Jahren teilweise niederbrannten und in dem früher von dem Tuchfabrikanten Ernst Michel eine Wollspinnerei betrieben wurde, ist durch Kauf in den Besitz des Rittergutsbesitzers Erich Schulz zu Grano übergegangen.


13. Oktober 1908

Aus Anlaß des 40jährigen Bestehens der Firma Albert Koenig veranstalteten die Inhaber der Firma, die Herren Kommerzienrat Koenig und Albrecht Koenig, Sonnabend abend ein Fest auf Engelmanns Berg für das gesamte Personal. Der Einladung waren sämtliche Angestellte der Firma, die Beamten, Schriftsetzer, Maschinenmeister, Einlegerinnen, Lehrlinge, Arbeiter, Zeitungsausträger usw. mit ihren Familienangehörigen, über 100 Personen, erschienen….Alles in allem ein Fest, das davon Zeugnis ablegt, daß es mehr als eine bloße Redensart, wenn man hier von einem herzlichen Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern spricht. Konnte doch Herr Kommerzienrat Koenig in seiner Ansprache auch darauf hinweisen, daß verschiedene Angestellt der Firma schon vor Jahren das Jubiläum ihrer 25jährigen Zugehörigkeit zur Firma Albert Koenig feiern konnten und eine Anzahl anderer ihr ebenfalls bereits seit vielen Jahren angehören.


15. Oktober 1908

Im Schützenhause sind die Kanalisations- und Malerarbeiten jetzt in der Hauptsache beendet. Unser städtisches  Etablissement hat durchgreifende Verbesserungen erfahren, manche früher viel beklagten Uebelstände sind völlig beseitigt worden [Es folgen umfangreiche Schilderungen der Maßnahmen]….Es ist erfreulich, daß die städtischen Behörden im allgemeinen Interesse die nicht unerheblichen Kosten für diese Aenderungen und Verbesserungen bewilligt haben. Unser Schützenhaus, das erste Vergnügungsetablissement unserer Stadt, wird sich jetzt wieder würdig repräsentieren.


21. Oktober 1908

Wenige Tage haben genügt, uns vom Sommer direkt in den Winter zu versetzen. Während noch in voriger Woche die Quecksilbersäule im Thermometer zu Höhen emporkletterte, die sie für gewöhnlich nur in den Monaten Juni, Juli und August erreicht, war sie heute früh auf reichlich 5 Grad unter den Nullpunkt gefallen. Eine Folge des scharfen Ost- und Nordostwindes der letzten Tage…


22. Oktober 1908

Durch einen schrecklichen Unglücksfall ist eine hochangesehene Familie unserer Stadt in tiefe Trauer versetzt worden, haben hunderte von Arbeitern einen menschenfreundlichen Arbeitgeber, unzählige Arme ihren Wohltäter verloren, ist unsere Stadt eines ihrer edelsten und besten Bürger beraubt worden. Herr Geh. Kommerzienrat Fr. Wilke ist heute morgen, als er bei dem alle Morgen von ihm unternommenen Spaziergange das Gleis an der Eisenbahnbrücke am Turnplatz überschreiten wollte, von dem 7 Uhr 17 Min. nach Breslau abfahrenden Zuge überfahren und getötet worden und hat so ein tragisches Ende gefunden, während jeder, der den im 80. Lebensjahr stehenden Herrn gekannt hat, ihm ein ruhiges, harmonisches Ausklingen seines reichgesegneten Lebens gewünscht hat. [Es folgt eine umfangreiche Aufstellung der Verdienste von Fr. Wilke]… Die Stelle, an der der Unfall sich ereignete, ist ein sehr gefährlicher Punkt. Statt einer Barriere ist ein einfaches hölzernes Drehkreuz angebracht, das natürlich niemanden am Überschreiten des Bahngeleises hindert. Besonders gefährlich ist es, wenn sich zwei Züge kreuzen… Herr Geh. Kommerzienrat Wilke, dessen Sehschärfe nicht mehr die beste war und der sich außerdem bei dem scharfen Ostwinde den Kragen hochgeklappt hatte, sodaß auch sein Gehör beeinträchtigt war, betrat ahnungslos das Gleis; der Lokomotivführer bemerkte ihn erst mitten im Gleise, als die Maschine nur noch eine ganz kurze Strecke von ihm entfernt war; er ließ schrille Pfiffe ertönen, doch zu spät, schon hatte die Lokomotive den alten Herrn erfasst und weit fortgeschleudert.. Durch die Räder wurde ihm der Hinterkopf zermalmt. Er muß sofort tot gewesen sein. Die Kunde von dem schrecklichen Unfall verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt, und Zahllose strömten hinaus nach der Unfallstelle. Die Polizei ließ den Leichnam bald fortschaffen.


23. Oktober 1908


28. Oktober 1908

Wie uns mitgeteilt wird, ist der Unglücksfall, der sich in der vergangenen Woche bei dem Eisenbahnübergang auf dem linksufrigen Neißedamm ereignet hat, zur Kenntnis der Staatsbahnverwaltung gebracht worden. Eine Untersuchung über die mangelhafte Absperrung der Eisenbahngleise am rechten und linken Neißeufer wird eingeleitet werden und es wird nach deren Ergebnis jedenfalls Abhilfe getroffen werden. Schon vor Jahren ist von der Gubener Zeitung auf die dort vorhandenen Zustände und darauf, daß die vorhandenen Drehkreuze nicht den genügenden Schutz gewähren, hingewiesen worden, jedenfalls ist aber damals der Uebelstand nicht zur Kenntnis der zuständigen Stellen der Staatsbahnverwaltung gekommen, es wäre andernfalls schon Abhilfe geschaffen worden.


30. Oktober 1908

Ein größeres Feuer vernichtete gestern die Schneidemühle der Firma Aders & Blumberg in der Grünstraße. Gegen 9 Uhr wurde das Feuer bemerkt, eine Viertelstunde später stand bereits das ganze aus Fachwerk errichtete Schneidenmühlengebäude in Flammen; dieses ist vollständig niedergebrannt, die Maschinen, 3 Gatter, sind zerstört; ebenso sind das massive Kesselhaus und die Wohnung des Schneidemüllers völlig ausgebrannt. Dagegen gelang es der Feuerwehr, den mit Holz gefüllten Vorratsschuppen zu erhalten, so dass von Holz nur der in der Mühle vorhandene Tagesbedarf mit verbrannt ist. Der entstandene Schaden wird auf etwa 25000 bis 30000 Mark geschätzt. Die Gebäude sind bei der Städte-Feuersozietät, das andere ist bei der Magdeburger Versicherungs-Gesellschaft versichert. Die Entstehungsursache des Feuers ist nicht bekannt; es wird vermutet, daß es durch Selbstentzündung der Sägespäne entstanden sei. Bei dem starken Nebel haben nur wenige von dem Feuer etwas wahrgenommen.