Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1910

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

4. Dezember 1910

Gestern abend gegen 7 Uhr kündigten die drei wuchtigen Schläge der Sturmglocke ein Großfeuer vor dem Kloster an. Am nordwestlichen Himmel färbten sich die Wolken glühend rot. Eine große Menschenmenge strebte dem Schlachthof und Koenig-Park zu. Der freie Blick von dem Logenhaus ließ erkennen, daß die Lederfabrik Emanuel Meyer & Co. G.m.b.H. in Flammen stand. Das Fabrikgrundstück der Firma liegt in der Uferstr. 26 und zieht sich rückseitig am Ufer der Unterneiße unweit des Hafenbollwerks entlang. Erst in diesem Jahre wurde dort die Fabrikation von Glace- und Schuhleder begonnen u. zwar in dem Gebäude, in dem vorher eine Garnspinnerei betrieben wurde. Die Fabrik ist zu der Lederfabrikation erst ganz neu maschinell eingerichtet worden und hatte in der verhältnismäßig kurzen Zeit eine recht erfreuliche Ausdehnung genommen, sodaß zuletzt gegen 200 Arbeiter beschäftigt werden konnten. Die Arbeit in der Fabrik war um ½ 7 beendet. Nachdem die Arbeiter den Fabrikraum verlassen hatten, wurde gegen 7 Uhr das Feuer in dem Zurichteraum, über dem der Ankleideraum liegt, bemerkt. Sofort wurde nach den nächstliegenden Feuerlöschern geschickt und der Dampf aus dem Kessel abgelassen. Dadurch war es nun nicht mehr möglich, die auf dem Grundstück vorhandene Pumpe in Betrieb zu nehmen und den Brand mit Schlauchleitungen von der Neiße aus anzugreifen. Noch bevor die Feuerwehr eintraf, bildete der ganze Fabrikraum ein Flammenmeer. Die gewaltige Ausdehnung, die das Feuer in ganz kurzer Zeit annahm, hinderte die energischen Versuche, irgendetwas zu retten. Nur aus dem Bureau konnten einige Bücher und der Inhalt des Geldschrankes in Sicherheit gebracht werden. Alle Hauptbücher befinden sich dem Vernehmen nach in Berlin, wo auch das Hauptbureau ist. Zwei Angestellte der Firma, der Zurichtemeister Klose und der Kutscher Röming, versuchten in das brennende Gebäude einzudringen, erlitten aber durch Stichflammen Verletzungen am Kopf und an den Händen, sodaß ihnen sofort ein Notverband angelegt werden mußte.

Die gegen ½ 8 Uhr mit allen Geräten eintreffende Feuerwehr griff sofort energisch an, um den Lagerschuppen und die Färberei- und Gewerbegebäude zu retten. Mittels einer Handpumpe wurde das Feuer mit einer Schlauchleitung  von der Neiße aus angegriffen, denn es galt in erster Linie, den sehr gefährdeten, mit etwa für 70 – 80.000 M Rohfellen angefüllten Lagerschuppen zu retten. Trotz dem energischen Vorgehen ist der Schuppen bei der gewaltigen Hitze angekohlt, ebenso das Fell-Lager, sodaß immerhin auch hier etwa 15 – 20.000 M Schaden entstanden sind.

Heute vormittag bot der Fabrikraum, von dem nur kleine Mauerreste aus der Erde ragen, einen chaotischen Anblick. Hier und da züngelten noch kleine Flammen aus der Asche empor. Von den gesamten Maschinen ist auch nicht eine brauchbar geblieben. Nur die schweren Eisen- und Transmissionswellen und –Räder sowie Zurichtemaschinen, Schleifräder, Walken, Bimssteine und Stoßmaschinen liegen zu einer unkenntlichen Masse zusammengekrümmt durcheinander. Von einem 100- und einem 60 HP starken Dynamo sind nur noch einige Teile zu sehen, desgleichen sind die Dampfmaschine und die gewaltigen Antriebräder völlig zerstört. Das vor vier Monaten mit etwa 15.000 M Kosten errichtete Kesselhaus ist unversehrt geblieben.

Als Entstehungsursache des Brandes wird Unvorsichtigkeit mit einem Streichholz angenommen. Es besteht in der Fabrik strengstes Rauchverbot, das überall durch Tafeln bekannt gegeben ist. Trotzdem scheint aber das Gebot durchbrochen und im Ankleideraum ein Streichholz achtlos fortgeworfen zu sein, das die mit Benzin durchzogenen Kleider in Brand gesetzt hat.

Ein Brandschaden ist bei der Ausdehnung, die das wütende Element genommen hat, ein ganz enormer; er wird auf 600.000 bis 700.000 M geschätzt, den sich die Magdeburger und Schlesische Feuer-Versicherung zu teilen haben. Die gesamte Fabrikanlage ist mit 850.000 M versichert.

Wie wir weiter vernehmen, wird der Betrieb nach Möglichkeit aufrecht erhalten, so konnten etwa 120 Arbeiter heute vormittag schon wieder beschäftigt werden. Die Fabrikleitung beabsichtigt, eine Lokomobile aufzustellen, sodaß wenn die Lieferung derselben schnell erfolgt, auch die übrigen Arbeiter in kurzer Zeit wieder eingestellt werden können.

 


7. Dezember 1910

Im Monat November sind im hiesigen Schlachthofe geschlachtet und untersucht worden: 22 Bullen, 15 Ochsen, 110 Kühe, 61 Jungrinder, zusammen 208 Rinder (im Vorjahre 225), 482 Kälber (545), 1648 Schweine (1539), 67 Schafe (51), 69 Ziegen (69), 3 Zickel (3), 13 Pferde (21), 9 Hunde (5), insgesamt 2499 Schlachttiere (2458)…


14. Dezember 1910

Bei der allgemeinen Viehzählung am 1. Dezember wurden im Stadtkreis Guben 2.768 Gehöfte gezählt, davon unterhalten 1.036 einen Viehstand. Viehhaltende Haushaltungen waren 1.151 vorhanden. An Vieh wurde gezählt: 677 Pferde, 858 Rinder, 25 Schafe und 2129 Schweine. Gegen das Vorjahr haben sich die viehhaltenden Haushaltungen um 103 vermehrt ; Schweine wurden 429 mehr als am 1. Dezember 1909 gezählt.

 

Gr.-Gastrose, 12. Dezember (Volkszählungsergebnis. Weihnachtsgabe.)  Nach der am 1. Dez. stattgefundenen Volkszählung hat unser Ort 458 Einwohner. – Eine besondere Weihnachtsfreude bereitete Herr Fabrik- und Mühlenbesitzer Karl Lehmann seinem gesamten Personal. Sämtliche in Fabrik und Mühle beschäftigten Leute, etwa 100 Personen, erhielten alle ohne Ausnahme vom ältesten Arbeiter herab bis zur jüngsten Arbeiterin ¼ Zentner bestes Weizenmehl zur Festbäckerei als Weihnachts-Gratifikation.


24. Dezember 1910

Neue Taxameterdroschken. Nachdem der Berliner Fuhrwerksbesitzer seine Taxameter aus dem Verkehr gezogen, hat der Magistrat geeignete Schritte getan, um dieses Verkehrsmittel der Stadt zu erhalten. Wie wir hören, haben sich mehrere hiesige Fuhrwerksbesitzer vereinigt zwecks Aufrechterhaltung des Taxameterbetriebes. Die Unternehmen haben sich verpflichtet, die bisherige Zahl von acht Droschken verkehren zu lassen und neues Wagen- und Pferdematerial anzuschaffen. Ein Vertrag mit den Unternehmern, der den Verkehrsverhältnissen in jeder Weise Rechnung trägt, hat bereits die Zustimmung des Magistrats erhalten und man hofft, daß auch die nächste Stadtverordnetenversammlung ihre Zustimmung nicht versagen wird. Es haben sich für den Droschkenbetrieb auch zahlreiche Unternehmer von außerhalb gemeldet, da jedoch die hiesigen Fuhrwerksbesitzer versichert haben, alles aufzubieten, was im Interesse der Stadt liegt, ist es erfreulich, daß der Magistrat ihr Angebot berücksichtigt hat. Zur Errichtung des Betriebes erhalten die beteiligten Fuhrunternehmer eine Subvention. Während der Weihnachts- und Neujahrszeit werden die hiesigen Droschkenbesitzer entsprechende Vorkehrungen treffen, den Verkehr zu regeln.


28. Dezember 1910

Blühender Kirschbaum. Auf dem Grundstück des Schneidermeisters Geier, Eichholzstraße 107, steht ein Kirschbaum in schönster Blüte. Ein blühender Zweig wurde heute in unserer Redaktion vorgezeigt.


31. Dezember 1910

Die Jagd im Januar. Nach der Jagdordnung vom 15. Juli 1907 dürfen Im Januar geschossen werden: männliches und weibliches Rot- und Damwild und Kälber, Dachse, Hasen (aber nur bis 15. Januar), Auerhähne, Auerhennen, Birk-, Fasan- und Haselhähne und –Hennen (für diese aber nur bis zum 17. Januar), wilde Enten, Schnepfen, Trappen, wilde Schwäne, Kraniche, Brachvögel, Wachtelkönige und alle anderen jagdbaren Sumpf- und Wasserhühner.