Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1910

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

4. Januar 1910

In der Stadt- und Hauptkirche wurden im verflossenen Jahre 1909 gezählt: Getraut: 270 Paare. Getauft: 729 Kinder (350 Knaben, 379 Mädchen). Konfirmiert: 531 Kinder. Kommunikanten: 5167. Kirchliche Beerdigungen: 438.


6. Januar 1910

Eingesandt: Von auswärts geht uns folgende Zuschrift zu:

Man muß sich doch sehr wundern, daß es mit so großen Schwierigkeiten verbunden ist, und zuweilen unmöglich gemacht ist, den Bismarckturm, den die Gubener Bürger für ihr schweres Geld erbaut haben, zu ersteigen. Da es den Schlüssel, dem Plakate am Turm gemäß, bei Herrn Engelmann geben sollte, ging ich mit einer hiesigen Dame dorthin. Bei E. gab es jedoch keinen Schlüssel. Wir wurden an Herrn A. Wilde, Einbeckestr. verwiesen, bei dem es nach dem Plakat am Turm ebenfalls den vielbegehrten Schlüssel geben sollte. Nicht einmal die Dame, die, wie gesagt, im Orte wohnt, konnte sich in den Berggassen zurechtfinden, und wir mußten wiederholt fragen. Es dauerte lange, bis wir die unbekannte Einbeckestr. gefunden hatten, da keiner, den wir fragten, gut Bescheid wußte. Als wir endlich das Haus gefunden hatten, berichtete die Tochter des Herrn Wilde, daß ihr Vater mit dem Schlüssel in die Stadt gegangen sei und erst abends wiederkomme. Daraus erhellt wohl klar, daß es ganz angebracht wäre, wenn es wirklich, dem Plakate gemäß, einen Schlüssel bei Herrn Engelmann gäbe, damit die Gubener für ihr Geld, das in dem Turm steckt, und die Fremden in Guben auch ohne große Mühe den Turm besteigen können.

Im städtischen Schlachthause wurden im Jahre 1909 geschlachtet: 128 Pferde (1909: 120), 183 Ochsen (147), 349 Bullen (308), 1144 Kühe (1038), 815 Jungrinder (760), 6895 Kälber (6005), 18176 Schweine (18017), 1213 Schafe (1215), 1222 Ziegen (1032), 134 Hunde (141).


9. Januar 1910

Standesamtliche Eintragungen. Im Jahre 1909 sind in Guben 868 Kinder geboren, darunter 93 uneheliche. Gestorben sind 611 Personen, darunter 94 eheliche und 38 uneheliche Kinder unter 1 Jahr. Totgeburten erfolgten 29 (27 eheliche, 2 uneheliche). 322 Ehen sind geschlossen worden.


10. Januar 1910


14. Januar 1910

Deulowitz. (Diebstähle.) In letzter Zeit sind auf Dominium Deulowitz und beim Gastwirt Richter größere Geflügeldiebstähle vorgekommen, insgesamt handelt es sich um 30 Hühner und eine Ente (auf dem Rittergute um 20 Hühner, eine Ente und bei Richter um 10 Hühner). Den umsichtigen Ermittlungen des Gendarmeriewachtmeisters Trettin ist es nun gelungen, die Täter zu ermitteln: Eine Haussuchung bei dem Vorarbeiter Hauk förderte 6 frisch geschlachtete Hühner und in der Bratpfanne eine Ente zutage. H. hat sich jedoch nur der Hehlerei schuldig gemacht; als Diebin ist die unverehelichte Agnes Brüllke aus Guben, die bei dem Gastwirt Richter mit dem Arbeiter Kersten aus Ballenstedt zusammenlebte und wohnte, ermittelt worden. Das Pärchen hat monatelang nicht gearbeitet. Die gestohlenen Hühner wurden von der Brüllke bei Hauk geschlachtet, gerupft und zubereitet und dort auch mit ihrem Geliebten verzehrt. Die Brüllke befindet sich bereits in Untersuchungshaft, während sich H. und K. als Hehler werden zu verantworten haben.


15. Januar 1910

Die Einwohnerzahl der Stadt Guben betrug am 31. Dezember 1908: 38060. Im Laufe des Jahres 1909 sind zugezogen 4738 (1908: 4527), geboren 897 (1030). Zunahme: 5635, zusammen 43695. Weggezogen sind 1909: 4802 (4687), gestorben 1909: 640 (664). Abzug: 5442. Danach betrug die Einwohnerzahl Ende Dezember 1909: 38253. Bemerkenswert ist, daß die Zahl der Geburten im Jahre 199 nur um 3 höher war als im Jahre 1889.


20. Januar 1910

Ein Kalb mit zwei Köpfen hat eine Kuh des Eigentümers Fischer, Vorwerk Chöne, zur Welt gebracht. Das Kalb hat beide Köpfe nebeneinander, es hat 2 Ohren, 4 Augen, 2 Schnauzen, aber nur eine Luftröhre. Die Kuh mußte geschlachtet werden, das Kalb jedoch lebt.


22. Januar 1910


25. Januar 1910

Milde Winter. Der gegenwärtige Winter hat bisher ein so mildes Klima geführt, daß er seinen Namen eigentlich garnicht verdient. Wohl hat er hin und wieder einen kleinen Anlauf genommen, etwas grimmiger aufzutreten. Es ist aber immer nur bei dem Anlauf geblieben, denn sehr bald schlug das Wetter wieder um, und die Quecksilbersäule, die sich nur ganz bescheiden nach unten zurückgezogen hatte, stieg wieder über den Nullpunkt und verharrte dort beständig. Dennoch ist der gegenwärtige Winter in seiner Milde von vielen seiner Vorgänger weit übertroffen worden. Prof. Dr. C.W. Spieker, der Begründer des Frankfurter Patriotischen Wochenblatts (jetzt Oderzeitung) hat aus verschiedenen Werken Notizen über milde Winter in der Mark zusammengetragen und diese in einem Artikel der Nr. 6 des Patriotischen Wochenblatts von 1834 veröffentlicht. Da sein Inhalt mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Temperaturverhältnisse recht interessant ist, gibt die Frankfurter Oderztg. ihn wieder:

„1236 lag nur 14 Tage lang ein wenig Schnee, kein Fluß und See war zugefroren. Am 27. Januar war ein Gewitter und die Luft so warm wie im Sommer. Am 1. März donnerte es wieder und schlug in Pritzwalk ein. – 1258 war die Witterung den ganzen Winter über weich und gelinde und alle Pflanzen trieben schon im Februar Blätter. Es folgte darauf ein heißer Sommer, der fast alles versengte. -  1336 regnete es bis in die Mitte des Januar fast ohne Unterbrechung. Die Flüsse stiegen über ihre Ufer und richteten große Verheerungen an. Der Sommer war fast nicht wärmer als der Winter, doch war bei feuchter Witterung ein fruchtbares Jahr. – 1420 war nur im Dezember zwei Wochen Frost, das Weihnachtsfest heiter und milde, die Neujahrsnacht stürmisch. Am 20. März blüheten die Bäume und am 4. April der Weinstock. – 1425 schien sich unmittelbar an den Herbst der Frühling zu legen. Am 6. Dezember blüheten Roggenblumen, manche Gesträucher und Kräuter und Pfersigken. – In den Jahren 1427 und 1428 hat es weder gefroren noch geschneit und die Luft war so warm, daß im Dezember überall Bäume in Blüten standen. Doch folgten auf beide gelinde Winter sehr heiße Sommer. – 1538 war ein so warmer Dezember, daß am Heil. Dreikönigstag (6. Januar) die Mägdlein Kränze von Violen, Kornblumen (?), Stiefmütterlein und dergleichen trugen. – 1567 war der Winter so warm, daß die Bäume im Januar selbst in den Wäldern blühten und der gekrönte Dichter Hasloff ein schönes Gedicht auf diese ungewöhnliche Erscheinung machte. – 1577 haben um Ostern Kirschen, Spillinge (die gemeine gelbe Pflaume), Schleen und Birnen in voller Blüte gestanden. – Die Jahre 1720 und 1723, die sehr gesegnet waren, hatten auch milde Winter, daß der Hederich den ganzen Winter über blühte, um Lichtmesse (2. Februar) die Getreidefelder überall in dichten Büscheln und die Kirschbäume in vollster Blüte standen. Man hatte weder Schnee gesehen, noch Frost empfunden. In dem Winter von 1746 bis 1747 hat es bis zum Neujahrstage fast unausgesetzt geregnet. Im Januar trat starker Frost ein, der aber nur 14 Tage anhielt. Der übrige Teil des Januar und der ganze Februar waren frühlingshaft. Es blühten Aprikosen, Birnen und Kirschen. Mit dem 1. März aber trat ein dreitägiger Frost ein, der viel Schaden getan. Viele Frösche, die schon im Februar aus ihrem Winterschlaf erwacht waren, schwammen tot auf den Gewässern. – 1750 war in den Monaten Januar und Februar in Italien, in Oesterreich, in Böhmen und im südlichen Deutschland eine strenge Kälte, in Schlesien, Sachsen und Brandenburg eine so warme Witterung, dass alle frühblühenden Bäume und Sträucher in voller Blüte standen und Weinstöcke, die im vorhergegangenen Herbste gelegt waren, ihren Frühlingssaft absetzten. Das Wachstum wurde durch keine Nachtfröste gestört und es kam ein überaus gesegnetes Jahr.“ – Hoffen wir, daß das auch diesmal eintrifft.


28. Januar 1910

Gr.-Breesen. (Schulerweiterung.)  Nachdem erst im Jahre 1904 ein neues Schulhaus, das zweite, erbaut und eine dritte Lehrerstelle hierselbst gegründet worden ist, macht die fortwährend steigende Schulkinderzahl die Einrichtung einer vierten Lehrerstelle und die Beschaffung der hierzu notwendigen Räumlichkeiten erwünscht. Unsere Schule, zu der auch die Kinder der Nachbarorte Bresinchen und Grunewald gehören, zählt gegenwärtig 222 Kinder, die in vier Unterrichtsklassen von zwei Lehrern und einer Lehrerin unterrichtet werden. Auf Veranlassung der königlichen Regierung in Frankfurt a.O. hatte der Landratsamts-Verwalter, Regierungsassessor Harte, am gestrigen Mittwoch die Mitglieder des Schulvorstandes im neuen Schulhause hierselbst zu einer Vorbesprechung darüber eingeladen, inwieweit hier Abhülfe notwendig und wie sie am besten zu beschaffen ist. Da die Kinderzahl fortwährend wechselt und gegenwärtig wieder um vier zurückgegangen ist, kam die Versammlung nach eingehender Erörterung der Angelegenheit dahin überein, zunächst noch genaue Erhebungen darüber anzustellen, inwieweit für die nächsten Jahre ein Steigen oder Fallen der Schulkinderzahl zu gewärtigen ist. Je nach dem Ausfall dieser Erhebungen sollen alsdann weitere Beschlüsse gefasst werden. In Anregung gebracht wurde, die Stadt Guben, wo viele Fabrikarbeiter mit zahlreichen schulpflichtigen Kindern aus unserem Ort und aus Grunewald Beschäftigung finden, auf Grund der bestehenden Gesetzgebung zu einem Zuschuß zu den Schullasten heranzuziehen.