Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1910

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

2. September 1910

Die Jagd im September. Nach der Jagdordnung vom 15. Juli 1907 dürfen im Monat September geschossen werden: männliches Elchwild, männliches Rot- und Damwild, Rehböcke, Dachse, Rebhühner, schottische Moorhühner und Wachteln, wilde Enten, Schnepfen, Trappen, wilde Schwäne, Kraniche, Brachvögel, Wachtelkönige und alle anderen jagdbaren Sumpf- und Wasservögel, Drosseln (Krammetsvögel) vom 20. September ab, Birk-, Fasanen- und Haselhähne und -Hennen vom 30. September ab. An letzterem Tage läuft auch die Schonzeit für Hasen ab, und es verlautet, daß die diesjährige Haseljagd im Hinblick auf den milden und schneelosen Winter eine sehr ergiebige werden wird.


4. September 1910

Die Benutzung von Raucherabteilen. In letzter Zeit ist wiederholt beobachtet, daß die Raucherabteile in den Zügen von nichtrauchenden Reisenden, wie Damen und Kindern -  häufig durch Familien -  voll besetzt wurden, obgleich noch genügend Plätze in Nichtraucherabteilen vorhanden waren. Dadurch werden die wenigen für Raucher bestimmte Abteile diesen entzogen. Wir werden gebeten, das reisende Publikum nochmals darauf aufmerksam zu machen, daß die Eisenbahndirektionen ihre Zugbeamten angewiesen haben, auf das reisende Publikum in angemessener und höflicher Form einzuwirken, die Raucherabteile für die Raucher freizulassen. Es wäre zu wünschen, daß die Verwaltung von dem Publikum in ihren Bestrebungen, allen Anforderungen der Reisenden gerecht zu werden, unterstützt würde.

Im Monat August sind im hiesigen Schlachthofe geschlachtet und untersucht worden: 30 Bullen, 15 Ochsen, 107 Kühe, 75 Jungrinder, zusammen 227 Rinder (im Vorjahre 229), 582 Kälber (596), 1670 Schweine (1545), 167 Schafe (171), 4 Ziegen (5), 2 Zickel (1), 4 Pferde (5), insgesamt 2656 Schlachttiere (2552)…


6. September 1910


9. September 1910

Erneuter Erfolg des Polizeihundes „Prinz“. Einem Hausbesitzer in der Crossenerstraße hier wurde in letzter Zeit wiederholt das beste Obst aus seinem Garten gestohlen. Gestern bemerkte er wieder einen solchen Obstdiebstahl und ließ nun den Polizeisergeanten Stroinski mit seinem Polizeihund“ „Prinz“ kommen, der die Spur des Täters verfolgte. Sie führte in die Bodenkammer, in der das Dienstmädchen des Besitzers schlief. Hier wurde das gestohlene Obst vorgefunden. Nach einigem Leugnen gab das Mädchen zu, das Obst in der Nacht aus dem Garten geholt zu haben.


11. September 1910


13. September 1910

Einen Steinpilz von seltener Größe und außergewöhnlichem Gewicht fand gestern, wie uns mitgeteilt wird, ein Anwohner der Schögelner Straße. Der Pilz maß in der Höhe etwa 30 Zentimeter, hatte die Stärke eines Armes und wog ca. 1200 Gramm. Soweit es scheint, ist das Exemplar vollständig gesund.

Gubener Ruder-Klub. Das gestrige Dauerwettrudern über 7 km (3 ½ stromab, 3 ½ stromauf) zeitigte äußerst günstige Erfolge. Gelang es schon Boot 1 die besten Zeiten der vorhergehenden Jahre (1907: 41 Min. 42 Sek., 1908: 39 Min. 33 2/5 Sek. 1909 konnte das Rennen wegen schlechten Wasserstandes nicht gefahren werden) bedeutend zu drücken, so schnitten Boot 2 und Boot 3 noch günstiger ab. Ersteres gebrauchte nur 36 Min. 36 Sek. Und Boot 3 gar nur 35 Min. 44 Sek. Es ist dies gegen das beste Resultat des Jahres 1907  eine Verbesserung von 6 Minuten. Der z.Zt. günstigste Wasserstand dürfte zum Teil zu den guten Resultaten beigetragen haben, trotzdem ist mit Genugtuung festzustellen, daß die Rudertechnik und die Kunst des Steuerns (auf der Neiße kann von einer Kunst gesprochen werden) sich im Laufe der Jahre äußerst vervollkommnet hat.


15. September 1910

Über die Unzulänglichkeit der Gubener Eisenbahn-Verkehrs-Verhältnisse erhalten wir folgende Zuschrift: Von Tag zu Tag wächst die Unzufriedenheit über die in jeder Weise unzeitgemäßen und unzulänglichen Verkehrs- und damit zusammenhängenden anderen Verhältnisse am hiesigen Bahnhof und immer wieder wird die Frage aufgeworfen, wie lange soll denn das noch so weitergehen? Die Unterführung der Kaltenborner Straße wird schon lange geplant, aber immer wieder hinausgeschoben, obwohl dieselbe im Interesse der Bahn und des Straßenverkehrs dringend geboten ist. Bedenkt man, daß die ganze Kupferhammerstraße entlang, ja bis zur Grünstraße hin, nur der einzige Übergang über die sogenannte Rampe besteht, welcher, um die jammervollen Verhältnisse zu vervollständigen, noch dazu das denkbar schlechteste Pflaster hat, so muß doch mit allen Mitteln darauf hingearbeitet werden, hier Wandel zu schaffen. Die ganze Straße samt den anliegenden Straßen ist durch die Bahn wie durch einen festungsartigen Gürtel von der inneren Stadt abgeschlossen. Die diesseitigen, an der Bahn entlang führenden Straßen (Berliner- und Uferstraße) sind direkte Sackgassen, da der Übergang am Kupferhammer nur ein Privatweg und auf Widerruf freigegeben ist. Wurde von den städtischen Behörden früher der Fehler gemacht, daß die direkte Überfahrt-Verlängerung der Berliner Straße in direkter Richtung zur Cottbuser Straße gegen Umtausch der Rampe freigegeben wurde, so erfordern es die heutigen Verhältnisse unbedingt, daß der schon so oft angeregten Frage der Durchlegung des Tunnels ernstlich näher getreten wird. Es liegt dies auch im Interesse der Bahn selbst, da dann das Ueberschreiten der Gleise, welches viele Gefahren hat, wegfällt. Ebenso wäre es am Platze, daß von der Bahn bestehende, veraltete Einrichtungen, durch neue, zeitgmäße ersetzt würden. So z.B. kann hier am Bahnhofe  ein Entladen von Waggons nur durch Ueberschippen geschehen, was sehr umständlich und zeitraubend ist, während in anderen Städte zeitgemäße Entladungs-Einrichtungen, wie schiefe Ebenen, Rutschbahnen etc. angelegt sind, durch welche Arbeitslöhne etc. gespart werden. Schließlich möchte ich auch noch bemerken, daß wir Gubener hinsichtlich des Personenverkehrs stets recht stiefmütterlich behandelt worden und sogar bestehende, den Lokalverkehr fördernde Züge wieder eingegangen sind. – Es wäre an der Zeit, daß die Eisenbahn-Verwaltung einmal zeigt, daß sie auch Interesse für die Stadt Guben hat und nicht nur den umliegenden Städten ihre Aufmerksamkeit zuwendet.


20. September 1910

Feuerlärm entstand gestern  nachmittag gegen 2 Uhr. Der Hausdiener des Städtischen Krankenhauses bemerkte starke Rauchwolken aus den Fenstern der Berlin-Gubener (Wülfingschen) Hutfabrik am Neißedamm dringen und vermutete deshalb, daß in der Fabrik Feuer ausgebrochen sei. Er zog den Feuermelder und da „Großfeuer“ gemeldet wurde, waltete auch der Türmer seines Amtes und schlug die Glocke an. Dies brachte in kurzer Zeit  nicht nur die gesamte Feuerwahr, sondern,  da es Sonntag und dazu noch schönes Wetter war, „ganz Guben“ auf die Beine. Im Augenblick war der Neißedamm schwarz voll Menschen, die sich fast den Hals abdrehten, um Rauch und Feuerschein zu sehen. Aber nichts, rein garnichts gab es da zu schauen, außer der Feuerwehr, die pflichtgemäß nachforschte, woher der Rauch gekommen war. Schließlich entdeckte sie auch die Ursache in dem – Maschinenwärter der Fabrik, der gerade dabei war, den Kessel anzuheizen und nun nicht wenig erstaunt war, plötzlich die Feuerwehr vor sich zu sehen, bereit, das so mühsam angefachte Feuer wieder auszulöschen. Um dem entstandenen Rauch Abzug zu verschaffen, hatte der Heizer die Fenster aufgemacht, nicht ahnend, zu welchen Folgen sein Tun führte. Nachdem das eilfertige Publikum lange genug  die Fabrik angestaunt hatte, zog es – Enttäuschung in den Gesichtern -  langsam wieder ab.


21. September 1910

Eine Ehrung, die der Akademiker als die höchste und schönste ansieht, ein glanzvoller Fackelzug, den dankbare Schüler ihren verehrungswürdigen Lehrern darbringen, wurde gestern zwei hochverdienten Oberlehrern des hiesigen Gymnasiums, den Herren Prof. Hoffmann, der am 1. Oktober in den Ruhestand tritt, und Prof. Dr. Jentsch, der heute (Dienstag) seinen 70. Geburtstag feiert, zuteil. Die Schüler des Gymnasiums und der Realschule von Tertia aufwärts versammelten sich gegen 8 Uhr beim Hotel „Kronprinz“ und marschierten dann, unter der Leitung des Turnlehrers Herrn Dennstedt, in geschlossenem Zuge mit der brennenden Fackel in der Hand und der Stadtkapelle an der Spitze zunächst durch die Bahnhofstraße. Hier wurde vor dem Hause des Prof. Hoffmann Halt gemacht. Nachdem sich die Reihen ausgerichtet hatten, hielt Primaner Lißner an Herrn Prof. Hoffmann eine kurze Ansprache, in der er ihm in herzlichsten Worten für seine ersprießliche Lehrertätigkeit und sein Wohlwollen dankte. Nach dem allgemeinen Gesange des  Gaudeamus igitur  und einem freundlichen Dankesworte des Herrn Prof. Hoffmann marschierte der Zug unter flotten Marschweisen der Kapelle weiter durch die Frankfurter-, Kloster- und Herrenstraße nach der Königstraße und nahm hier vor der Wohnung des Herrn Prof. Dr. Jentsch Aufstellung. Hier übermittelte Oberprimaner Göbel dem Gefeierten die Glück- und Segenswünsche der Schüler zu seinem 70. Geburtstage, gab dem Gefühle treuer Anhänglichkeit und Dankbarkeit Ausdruck und schloß mit dem Wunsche, daß Prof. Jentsch noch lange Zeit in gleicher Frische und Gesundheit seines Amtes walten möge. [Es folgt ein umfangreicher Bericht über die Ehrungen für Prof. Jentsch an diesem Tage].


27. September 1910