Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1910

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3. Juni 1910


5. Juni 1910

Zirkus Blumenfeld. Das Interesse, das zirzensischen Spielen überall im Volke entgegengebracht wird, ist ein sympathisches Zeichen unserer Zeit, in der die Verweichlichung der Jugend vielfach recht schlechte Blüten zeitigt. Wer an strotzender Körperkraft, Agilität und wohlgestalteten Körperformen, sowie an dem Anblick edler Tierschönheiten Wohlgefallen findet, der besucht immer gern einen Zirkus, vorausgesetzt, daß das betreffende Unternehmen stark aus dem Rahmen der vielen kleinen reisenden Zirkussen heraustritt. Dieses starke Hervortreten bemerkt man auffallend bei dem Zirkus Blumenfeld. Bei ihm wird weniger Wert auf schreiende aufdringliche Reklame, als auf erstklassige Leistungen gegeben. Dieses Prinzip hat dem Unternehmen einen großen Stab von Freunden in allen Orten gesichert, wo es mit seinen Darbietungen auftritt. Seit dem letzten Hiersein vor zwei Jahren hat sich der Zirkus hinsichtlich der Bequemlichkeit und Sicherheit des Publikums noch wesentlich wieder verbessert. Die ganze Aufmachung ist eine durchaus würdige. Die Eröffnungsvorstellung am Sonnabend zeigte eine starke Besucherzahl und über die Darbietungen ist durchweg nur gutes zu sagen. Namentlich treten die Dressuren eines exzellenten Pferdematerials auffallend in die Erscheinung und kein Großstadtzirkus ist in der Lage, etwas besseres vorzuführen. Direktor Blumenfeld mit seinen Freiheitsdressuren, inmitten einer zu immer größerer Zahl anwachsenden herrlichen Gruppe von Tieren, bot ein prächtiges Bild. Das Auge vermag die Fülle in der Manege kaum zu fassen. Eine weitere durchaus neue Dressur, die als ein Erfolg auf diesem Gebiete bezeichnet werden muß, ist die Vorführung der Oldenburger Bullen durch die Gebrüder Blumenfeld. In Gemeinschaft mit einer arabischen Schimmelstute führten die beiden schwerfälligen Tiere exakt ihre Künste vor und erregten die Bewunderung der Zuschauer. Der tüchtige Schulreiter Otto Schumann ist uns schon von früher bekannt; seine Künste im Reiten der hohen Schule haben sich, trotzdem sie früher auf der Höhe waren, noch vermehrt. Das Glanzstück des Programms sind die historischen Ritterspiele, die nach einem Turnier aus dem Jahre 1380 von Direktor H. Blumenfeld arrangiert und inszeniert sind. Sie veranschaulichen unter Entfaltung großer Kostümpracht und kaleidoskopischem Wechsel farbenreicher Bilder den Verlauf der ritterlichen Turniere im Mittelalter. Es wohnt dieser Darstellung ein historischer und erzieherischer Wert inne. Die sonstigen Spezialitäten zeigen hier noch nicht gesehene Triks, eine kleine exotische Seiltänzerin bewegt sich mit einer verblüffenden Sicherheit auf dem straffen und schwankenden Drahtseil. Auch auf dem Gebiet des Zirkusulks wird Gutes geleistet, namentlich sind die Zuschauer von dem Verlauf der „Macht des Tanzes“ bestürzt. Alles in allem kann der Besuch wärmstens empfohlen werden. -  heute abend findet die Abschiedsvorstellung statt, jedoch sei ausdrücklich hervorgehoben, daß diese Vorstellung genau so reichlich und wechselseitig ist, wie die vorhergegangenen Vorstellungen. Es ist dies auch ein besonderer Vorzug des Zirkus Blumenfeld.


8. Juni 1910

Am 8. Juni steht der 150. Geburtstag eines Mannes bevor, der in den literarischen Kreisen wohlbekannt und der für Guben einst nicht ohne Bedeutung gewesen ist: Carl August Böttiger. Er wurde 1760 zu Reichenbach im Vogtlande geboren. Noch nicht volle 25 Jahre alt, übernahm er im März 1785 das Direktorat des hiesigen Lyzeums, dem er die damals zur Herrschaft gelangte neuhumanistische Richtung gab. Nicht mehr die formale Schulung in den alten Sprachen, sondern der Geist des klassischen Altertums, verbunden mit nationaler Bildung, sollte den Schülern erschlossen werden – eine Richtung, deren Hauptvertreter Herder war. Böttiger hat hier 6 Jahre amtiert und auch, wie damals üblich war, eine private Erziehungsanstalt errichtet, die von Nachbarorten und aus größerer Ferne gut besucht war und viel gerühmt wurde. Von hier aus ging er auf kurze Zeit nach Bautzen als Direktor und dann mit dem Titel Konsistorialrat an das Herzogl. Gymnasium zu Weimar, dessen Ephorus Herder selbst als Generalsuperintendent war. Es konnte nicht ausbleiben, daß der gelehrte und gewandte, zugleich sehr gefällige Mann auch dem Kreise der großen Dichter näher trat, aber nicht zu seinem Vorteil. Wegen seiner Vielgeschäftigkeit, seiner Neigung, überall die Hände im Spiel zu haben, und wegen gelegentlicher Indiskretion wurde er unbeliebt und wird in Briefen als „Herr Ueberall, Herr Ubique“, dann in den Xenien und von Goethe in der klassischen Walpurgisnacht verspottet. Man war daher ganz zufrieden, als er 1804 nach Dresden berufen wurde, zunächst als Studiendirektor der adligen Pagen des Kurfürsten; von 1814 an war er Oberinspektor, d. H. Generaldirektor der Königlichen Museen. In dieser Stellung knüpften sich von selbst zahlreiche Beziehungen zu bedeutenden Fremden an, welche die Residenz und ihre Kunstschätze besichtigten. Als ein in den weitesten Kreisen bekannter und einflussreicher Mann starb Böttiger am 17. November 1835


14. Juni 1910

Mehrere Gewitter gingen im Laufe des gestrigen Nachmittags und abends teilweise mit großer Heftigkeit über unsere Stadt und deren nähere Umgebung hernieder. Nachmittags waren die elektrischen Entladungen zeitweilig von starkem Hagelschlag begleitet, der zwar nur von kurzer Dauer war, in Gärten und Anlagen ziemlich erheblichen Schaden angerichtet hat, da die dicht herniedersausenden Schloßen Haselnußgröße erreichten. Auf den Feldern in der näheren Umgebung der Stadt ist dagegen der angerichtete Schaden nicht übermäßig groß. Mehrfach werden auch Blitzschäden gemeldet, die jedoch einen erheblichen Umfang nicht angenommen haben. Merkwürdig ist, daß die ersehnte Abkühlung nicht schon nach den heftigen Entladungen des nachmittags, sondern erst in den späten Abendstunden eintrat. ….


15. Juni 1910


19. Juni 1910


29. Juni 1910

Am gestrigen Siebenschläfer-Tage hat es gleich hier in fast allen Gegenden des Vaterlandes geregnet und nach dem alten Volksglauben solle es nun 7 Wochen lang regnen. Statistische Erhebungen haben aber ergeben, daß eher das Gegenteil eingetreten ist und auf einen regnerischen Siebenschläfer recht viele schöne sonnige Tage gefolgt sind. Wir wollen deshalb auch diesmal vertrauensvoll in die Zukunft blicken. Der Wettergott wird mit den Ferienreisenden schon ein Einsehen haben und ihnen das rechte Wetter bescheren. Eine diesbezügliche Aussicht scheint auch nach dem Gutachten des bekannten Meteorologen Prof. Dr. Leß zu bestehen, denn auf eine Anfrage des deutschen Landwirtschaftsrates, wie das Wetter im Sommer sein wird, antwortete der Gelehrte: Wenn die warmen östlichen Winde, die bisher geherrscht haben, auch gegenwärtig durch die im Juni besonders kühlen Nordwestwinde abgelöst worden sind, so dürfte immerhin mit der nicht geringen Wahrscheinlichkeit zu rechen sein, daß die Ost- und Südostwinde und mit ihnen die Hitze und Trockenheit noch verhältnismäßig oft  im Laufe dieses Sommers wiederkehren und sich hier jedes Mal während mehr oder weniger langer Zeit behaupten werden.