Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1911

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1. August 1911

Die hellen Nächte haben jetzt ihr Ende erreicht. In unserer Breitenzone tritt der mitternächtige Dämmerungsbogen am nördlichen Horizont zuerst am 15. Mai auf.  Am 22. Juni hat er seine größte Intensivität erreicht und am 20. Juni verschwindet er wieder. Diese Erscheinung erklärt sich daraus, daß die Sonne am 15. Mai weniger wie 18 Grad unter den Horizont tritt, am 22. Juni bei ihrem Untergange den höchsten Stand erreicht und am 29. Juli wieder zum ersten Male volle 18 Grad unter den Horizont sinkt, womit auch für den Norden völlige Dunkelheit eintritt, sofern nicht der Mond mit seinem schwachen Licht diese Dunkelheit mildert. Das Ende der hellen Nächte läßt allmählich den Herbst vorahnen.

 

Bratäpfel frisch vom Baum.

In der Sonnabendnummer unserer Zeitung gaben wir unter „Vermischtes“ eine Zuschrift an die Köln. Ztg. wieder, in der geschildert wird, daß in diesem heißen Sommer das Obst auf der Sonnenseite Brandflecken aufweist, sodaß man von „Bratäpfeln frisch vom Baume“ sprechen könne. Wir waren geneigt, die Erzählung für ein Produkt der Hundstage zu halten, wurden aber durch einen hiesigen Gärtner belehrt, daß in diesem anormal heißen Sommer das Obst tatsächlich auf den Bäumen brate. Herr Gärtnereibesitzer Weber übersandte uns zum Beweise hierfür „frisch vom Baum“ zwei Zuckerbirnen, die zu einem Drittel bis auf das Kerngehäuse gebraten, also nicht etwa angefault oder überreif  waren und die beim Durchschneiden und Essen auch den Geruch und den Geschmack von gebratenen Birnen hatten.


4. August 1911

Eine neue Polizeiverordnung über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Feiertage veröffentlicht der Oberpräsident der Provinz Brandenburg im neuesten Amtsblatt der königl. Regierung zu Frankfurt a.O. Die den selben Gegenstand betreffende Polizeiverordnung vom 4. Juli 1898 wird zugleich aufgehoben. Im § 6 der neuen Verordnung  heißt es:“ Das offene Aushängen und Ausstellen von Waren in und vor den Ladentüren ist an Sonn- und Feiertagen nur während der zulässigen Verkaufszeiten gestattet. Außerhalb dieser Zeiten müssen die Ladentüren zugeschlossen sein.“ – In der alten Verordnung lautete der letzte Satz: Außerhalb dieser Zeiten müssen die Ladentüren geschlossen und die Schaufenster geräumt oder verhängt sein. Die letztere Bestimmung fällt also von jetzt ab – die Verordnung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung in Kraft – fort.


6. August 1911


8. August 1911

Das hiesige  städtische Wasserwerk gibt bei der jetzigen starken Inanspruchnahme einen erfreulichen Beweis seiner Leistungsfähigkeit. Es zeigt sich allen  Ansprüchen gewachsen. Der Grundwasserspiegel hat sich verhältnismäßig wenig gesenkt, etwa 40 Zentimeter. Das Werk besteht seit 1897 und fördert pro Jahr etwa 500 000 Kubikmeter Wasser für hauswirtschaftliche und gewerbliche Zwecke. Im dürren Jahre 1904 betrug die höchste Tagesleistung in 20 Betriebsstunden 3920 Kubikmeter. Das Straßenrohrnetz hat eine Gesamtlänge von etwa 50 Kilometer. Die Wasserversorgung des bergigen Stadtgebietes erfolgt durchzwei Druckzonen; der Hochbehälter der ersten Zone liegt 25 Meter über dem Marktplatz und hält 1240 Kubikmeter, der zweite liegt 51 Meter hoch und hält 470 Kubikmeter.

 

Jugendlichen Personen im Alter bis zu 16 Jahren ist der Besuch von Schankstätten und öffentlichen Tanzlustbarkeiten nur in Begleitung Erwachsener gestattet. Nach einer Verfügung des Oberpräsidenten vom 18. Juli d. J. sind jugendliche Personen, die sich der Uebertretung der erwähnten Bestimmung schuldig machen, in Strafe zu nehmen; außerdem machen sich die Inhaber der betreffenden Schankstätten sowie die Veranstalter der Tanzlustbarkeiten strafbar, wenn sie den Aufenthalt jugendlicher Personen dulden. Nach den bisher geltenden Bestimmungen waren die Wirte nur allein für die Uebertretung haftbar.


15. August 1911


16. August 1911

Schmerzloses Töten von Kleinvieh.

Der hiesige Tierschutzverein hat den Apparat zum schmerzlosen Töten mit Gas von Kleinvieh, Hunden, Katzen, Vögeln in der Gasanstalt aufstellen lassen. Der Apparat kann von jedermann unentgeldlich benutzt werden.


23. August 1911


27. August 1911

Was bedeutet der Name „Guben“?

Der viel umstrittene Name  der Stadt Guben macht deshalb Schwierigkeiten, weil die lautlich am nächsten stehenden wendischen Wörter keine annehmbare Deutung ermöglichen. Mit einer Beziehung auf wend. Guba „Mund“ ist gar nichts anzufangen, gegen eine Erklärung aus gulb „Taube“, die sprachlich statthaft wäre, ist einzuwenden, daß von einem so zufälligen Merkmal wie der Anwesenheit von Tauben eine berechtigte Namengebung für die neugegründete Stadt schwerlich herzuleiten ist, da schon im nächsten Jahre nach der Gründung alle diese Tiere verflogen oder verspeist sein konnten und der Ort dann einen Namen ohne Sinn oder einen veralteten gehabt hätte.

Ich leite den Namen mit Berücksichtigung der in wendischen Ortsnamen und überhaupt in wendischen Worten vorkommenden Lautgesetze von liub – y „lieb“ ab, womit außerordentlich viele geographische Bezeichnungen, auch von Gewässern, in der Provinz Brandenburg gebildet sind, aber die Urform des Stadtnamens war nicht direkt Lubin, sondern mit gutturalem Vorschlag Glubin, wobei die  Jotierung des u, wie so oft, geschwunden ist (z.B. Lubochow, Kr. Kalau = wd. Liubochow). Die Endung –in, die auch urkundlich in dem Namen Guben vorkommt, entspricht dem heutigen –en.

Mit demselben Vorschlag findet sich der Name der Stadt  Lychen (Kr. Templin) im Jahre 1248 als Glichen, und dieser Bestandteil ist als die Präposition k‘ „zu“ anzusehen, bis aber z. T. nur zur Bildung von Ortsnamen dient. ( Eine andere derartige Präposition ist z. B. s‘ „mit“; Görlitz i. Schles. Heißt wd. Sgorelz, d.i. eine Stadt „mit Berg“, von wd. Gora „Berg“.) Gliechow n. w. v. Kalau an vielen Wiesen (luka „Wiese“) zeigt sich als ähnliche Bildung. Das k des Anlauts wird in Ortsnamen leicht zu g, man vergleiche Kottbus mit der urkundlichen Form Godebus, oder wd. Kalina und galina „Wasserahorn“ ( poln. Kalina).

Hinter dem vorgesetzten g (oderk) ist nun das l oft erweicht oder ganz  verschwunden, sodaß gl zu g geworden ist. Noch im heutigen Wendischen stehen nebeneinander die Formen glog und gog „Hagebutte“, klobyk, kwobyk und kobyk „der Hut“ u.a., sodaß ein Uebergang von Gluben zu Guben durchaus den wendischen Lautgesetzen entspricht.

Dasselbe Verhältnis der anlautenden Buchstaben findet man z. B. bei Kloppitz und Koppatz, oder bei Glasow, Klasdorf und Kaaso (Dörfer der Prov. Brandenburg).

Guben heißt nach diesen Ausführungen also die „liebe Stadt“ oder „Liebstädt“ und hat sich sicherlich durch seine schöne Lage schon den wendischen Ansiedlern empfohlen.