Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1911

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2. Mai 1911

Das der Stadtkirche gehörige Bild des Mag. Ernst Colbe, das in Berlin einem Auffrischungsverfahren unterzogen und vortrefflich wiederhergestellt worden ist, befindet sich seit einigen Tagen an seiner früheren Stelle in dem Umgang hinter dem Altarraum. Deutlich tritt die kurz gedrungene Gestalt heraus, das Gesicht von slavischem Typus, das Auge groß und mächtig; ein wohlgepflegter Schnurr- und Kinnbart verstärkt den Eindruck des mannhaften Ritterlichen, das der alte Pastor Primarius durch seinen Gang ins feindliche schwedische Lager im Jahre 1642 betätigte. Nach fast 270 Jahren hat die Kirchengemeinde gleichsam noch einmal ihren Dank dem mutigen und pflichttreuen Mann abgestattet.


4. Mai 1911

Der Polizeihund „Prinz“ bei der Arbeit. In der nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurde bei dem Fleischermeister Sauer in Gersdorf bei Crossen ein Diebstahl verübt. Der Täter war auf ein mit Rasen bewachsenes Dach gestiegen und hatte von hier aus vermutlich mit einer Stange eine größere Anzahl Würste, die in dem Schlachtraume hingen, entwendet. Am Sontag nachmittag ließ man den Polizeihund „Prinz“ aus Guben kommen, der an den auf dem Dache noch vorhandenen Spuren Witterung nahm, dann die Chaussee entlang schnurstracks nach einem ganz am Ende des Dorfes gelegenen Gehöft lief und dort Einlaß begehrte. Man ließ ihn hinein, und nun stellte der Hund von den in einem Zimmer weilenden sechs Personen sogleich den Häusler W., den er andauernd verbellte. Die Untersuchung gegen letzteren, der die Tat bestritt, ist eingeleitet worden.

 


6. Mai 1911

Der Schürzendieb treibt noch immer sein Unwesen. In den letzten Tagen drang er in zwei Waschküchen in der Karrgasse ein und entwendete daraus mehrere Frauenschürzen, die er an anderer Stelle wieder fortwarf, wo sie gefunden worden. Bisher ist es noch nicht gelungen, den Täter zu erwischen. Der Polizeihund „Prinz“ verfolgte eine Spur 2 Km. Weit in die Crossener Chausssee hinaus bis zum Hause eines wenig gut beleumdeten Mannes, der jedoch leugnete, der Schürzendieb zu sein. Auch die Durchsuchung der Wohnung ergab nichts Belastendes.


7. Mai 1911

Willkommen in Guben! Sonderzüge bringen morgen, Sonntag, aus der Reichshauptstadt sowie der näheren und weiteren Umgebung Gubens viele Hunderte von Fremden nach dem „Heidelberg der Mark“, wie unser Guben von vielen, für seine Naturschönheit empfänglichen Leuten so gerne genannt wird.

Der Verkehrsverein bietet alles auf, um den lieben Gästen den Aufenthalt hier möglichst angenehm zu gestalten. Der Berliner Sonderzug trifft vormittags 9 Uhr 23 Min. auf dem Bahnhof ein. Die Berliner werden vom Verkehrsverein mit Musik am Bahnhof empfangen und zunächst nach dem Hotel „Kronprinz“ geleitet, wo eine kurze Begrüßung stattfindet. Dann geht es über die Achenbachbrücke hinauf nach Kaminskys Berg und später weiter durch die „Finstere Gasse“ nach dem Bismarckturm. Dort teilen sich die Ausflügler in mehrere Gruppen, von denen jede ihren Führer durch das Berggelände erhält. Der „Verein der Gubener in Berlin“ vereinigt sich auf Engelmanns Berg zum gemeinschaftlichen Mittagsmahle. Im übrigen haben sich die Berliner Ausflügler an einzelne Lokale nicht binden wollen, sondern freie Führung gewünscht. Nachmittags 3 Uhr erfolgt ein Spaziergang von Engelmanns Berg aus über Schönhöhe, die Schnecke, den Eiserstein nach der Obstweinkelterei von E. Poetko. Der Sammelpunkt am Abend ist das Schützenhaus. Von dort aus geht es zur Bahn. Wie wir weiter hören, trifft am Nachmittage noch ein Sonderzug aus Görlitz ein. Auch für die Görlitzer Gäste stellt der Verkehrsverein Führer durch die Stadt und das Berggelände zur Verfügung. An  einem herzlichen Willkommen fehlt es in Guben nicht, hoffentlich auch nicht an dem ersehnten Sonnenschein… [Bericht wird 9. Mai fortgesetzt]


13. Mai 1911

„Die kalten Heiligen“ sind heuer sehr warmherzigen Gemüts. Pankraz hielt auf blauen Himmel und Sonnenschein; nur in den Abendstunden ließ er sich etwas kühl an. Mamertus war ebenfalls von sonniger Heiterkeit, und der dritte der Gestrengen, Servatius, dem der heutige Tag geweiht ist, bescheerte uns eine wahrhaft sommerliche Wärme, welche die Quecksilbersäule des Thermometers, allerdings an einer sonnigen Straße, heute vormittag bereits auf über 30 Grad Celsius steigen ließ. Nach altem Naturglauben haben wir nun keine Nachtfröste mehr zu befürchten und können getrost und zuversichtlich alle Zimmerpflanzen – auch Palmen und Kakteen – dem Blumenbrett und dem Balkon anvertrauen…


16. Mai 1911


17. Mai 1911

Über das Feuer in der Brauerei Richard Gräfe, Salzmarktstraße 26, das gestern nachmittag gegen 3 Uhr ausgebrochen war, tragen wir noch folgendes nach: Zur angegebenen Zeit bemerkte der Mitbesitzer der Brauerei, Herr Paul Gräfe, aus einigen Fenstern des Gebäudes an der Seite nach der Klostermauer Rauch herauskommen. Er telephonierte sofort nach der Feuerwehr, die alsbald eintraf. Infolge des dicken, grauweißen Qualms, der sich inzwischen entwickelt hatte, war der Angriff erschwert. Das Feuer war, wie bereits mitgeteilt, im Motorraum, wo ein Gasmotor von fünf Pferdestärken untergebracht ist, ausgekommen und verbreitete sich nach dem darüberliegenden Flaschenvorratsraum und der Futterkammer. Der Pferdestall ist unversehrt geblieben. Die Entstehungsursache war noch nicht festzustellen. Die Flaschen waren noch in Stroh verpackt, wodurch sich zum größten Teil der undurchdringliche Qualm entwickelte. Der Gasmotor ist gänzlich zerstört worden, auch der Schaden am Gebäude, den die Elberfelder Feuer-Versicherung zu tragen hat, sowie an Flaschen und anderen Utensilien ist nicht unbedeutend. Der Betrieb ist einstweilen stillgelegt, dürfte jedoch durch Anlage von elektrischer Energie in Kürze wieder aufgenommen werden können.


24. Mai 1911


28. Mai 1911

Der Polizeihund „Prinz“ hat einen neuen Erfolg zu verzeichnen. Einem Besitzer in Wellmitz waren schon wiederholt Baumstämme abgeschnitten und entwendet worden. Als dies vor einigen Tagen wieder geschah, wandte er sich an die hiesige Polizeibehörde, die den findigen „Prinz“ mit seinem Führer aussandte. Kaum hatte der Hund Witterung genommen, als er eine Spur verfolgte und schließlich einen Arbeiter aus Wellmitz als den Dieb stellte. Das gestohlene Holz wurde auf dem Hofraum noch vorgefunden.