1911
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember1. Oktober 1911
Auf ein 100jähriges Bestehen kann morgen, den 1. Oktober, die Firma A. F. Flach, Galanterie-, Kurz- und Spielwaren, Frankfurterstr. 5 zurückblicken. In der politische recht bewegten Zeit, als Guben noch unter der Aegide Sachsens stand, wanderte der Gründer, Franz Flach, aus Warschau ein. Als gelernter Drechsler, eröffnete er am 1. Oktober 1811 sein Geschäft, an der Stelle, wo das Geschäftshaus heute noch steht. Im Laufe der Jahre ging das Geschäft von Sohn auf Sohn über. Zu erst war August Flach, dann Richard Flach sen. und gegenwärtig ist Richard Flach jun. Inhaber des Geschäfts. In der Oeffentlichkeit ist August Flach besonders hervorgetreten, er war lange Jahre Stadtverordneter, einige Jahre Stadtv.-Vorsteher und bis zum Jahre 1888 Stadtrat, wo er seines Alters wegen seine Aemter niederlegte und ihm die Würde eines Stadtältesten verliehen wurde. Im 86. Lebensjahre starb er im Januar vorigen Jahres. Das alte Geschäft ist aus den ursprünglichen soliden Bahnen nicht herausgetreten, möge es auch in dieser Weise das zweite Säkulum, in das es jetzt tritt, vollenden.
3. Oktober 1911
Groß-Breesen, 2. Okt. (Eisenbahnhaltestelle.)
Am Sonntag früh um 6 Uhr 35 Minuten hielt auf unserer neuerrichteten Haltestelle der erste Zug. Die Lokomotiven der beiden ersten Züge waren bekränzt. Zu dem ersten Zuge, der von vielen Kirchgängern aus Breslack, Coschen und Seitwann benutzt wurde, war auch unser Gutsherr und der Pastor erschienen. Der Pastor hielt an die zahlreich aus- und einsteigenden Fahrgäste eine kurze Ansprache, in der er auf die Bedeutung der geschaffenen Verkehrseinrichtung hinwies.
8. Oktober 1911
10. Oktober 1911
12. Oktober 1911
Richtfeiern. Zwei städtische Gebäude, die nach den Plänen des Herrn Stadtbau-Inspektors Römmler erbaut sind und ein architektonischer Schmuck für unsere Stadt sein werden, gehen ihrer Vollendung entgegen : das umfangreiche Schulgebäude für die Volksschule VI an der Crossener Straße und das Museum am Werderturm. Vor einigen Tagen wurde der Dachstuhl des Stadtmuseums gerichtet und gestern die laubfrische Richtkrone am First des Schulgebäudes VI befestigt. Aus diesem Anlaß wurde den an den genannten Bauten tätigen Handwerkern und Arbeitern nach alter Sitte ein Richtschmaus dargeboten, zu dem die Stadtverordneten-Versammlung bekanntlich einen bestimmten Betrag bewilligt hatte. Beim Museumsbau und auch beim Schulhausbau werden die vielen kleinen Innenarbeiten ausschließlich von hiesigen Handwerkern ausgeführt. Wie wir hören, werden die Tischler- und Schlosserarbeiten so vergeben, daß während der sonst fast arbeitslosen Winterzeit die hiesigen Handwerkerbetriebe voll beschäftigt sind, sodaß auf diese Weise einer drückenden Arbeitsnot vorgebeugt wird.
13. Oktober 1911
18. Oktober 1911
Früher Winter. Recht plötzlich ist eine starke Abkühlung erfolgt, und es sieht gerade so aus, als ob sich der Winter in diesem Jahre ungemein früh einstellen wolle. Ein Hochdruckgebiet, das sich Sonnabend über Skandinavien ausgebildet hatte, ist über die Ostsee nach Polen gezogen, hat sich dort mit einem über Südosteuropa befindlichen zweiten Hoch vereinigt und so ein sehr hohes Maximum von über 780 mm erzeugt, das Montag früh den größten Teil Europas beherrschte und schnell eine starke nächtliche Ausstrahlung verursachte. Infolgedessen sind in vorletzter und letzter Nacht in der ganzen östlichen Hälfte Deutschlands Nachtfröste vorgekommen, die an einzelnen Orten, auch in Guben, sehr scharf waren. Die jetzige Luftströmung dürfte eine Verschiebung des kalten Hochdruckgebietes nach Südosteuropa und damit eine langsame Wiedererwärmung ergeben, die allerdings nicht erheblich werden dürfte, angesichts des Umstandes, daß die Luftzufuhr aus Ost- und Südeuropa zunächst noch kalt bleibt. – Sommerliche Wärme herrscht zur Zeit nur noch in Italien und Südfrankreich, wo die Morgentemperaturen vielfach noch 17 Grad Wärme betrugen. Auf die Zufuhr erwärmter Luft aus diesen Gebieten ist aber einstweilen nicht zu rechnen, da dort der Luftdruck am niedrigsten ist, während er am höchsten in dem westrussischen Kältegebiet ist. Es darf daran erinnert werden, daß auch vor drei Jahren in der dritten Oktoberwoche bereits Frost einsetzte, und zwar bei einer gegenwärtigen ziemlich ähnlichen Luftdruckverteilung und bei gleichfalls frischen bis starken Ostwinden. Möglicherweise leitet dieser Oktoberfrost ähnlich wie vor drei Jahren einen frühen und strengen Winter ein, sehr zum Leidwesen unserer Landwirte, wie wir bereits gestern ausgeführt haben.