Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1911

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

7. November 1911


8. November 1911

Aus der alten Zeit, da in Guben noch reger Schiffsverkehr herrschte, sind dem Stadtmuseum zwei bemerkenswerte Gegenstände von hiesigen Einwohnern freundlichst überwiesen worden. Herr Töpfermeister Türk stiftete vor einiger Zeit eine große altertümliche Blechlaterne, wie sie früher die Lastkähne als Signallicht führten. Einen schönen Deckel-Zinnkrug mit der Jahreszahl 1776 und dem sehr sorgfältig eingravierten Bilde eines Schiffes schenkte Herr Rentier Noack. Dieser Krug stammt nachweislich aus altgubener Schifferbesitz und erinnert an die fast schon sagenhaft anmutende Zeit, da Gubener Lastkähne nach Warschau und sogar bis nach Odessa ihre Fahrten ausdehnten. – Kleine, bis ins Einzelne genau nachgebildete Modelle dieser Fahrzeuge  fand man früher öfters als hübschen Zimmerschmuck in Schifferwohnungen, es ist leider bisher trotz vieler Bemühungen noch nicht gelungen, solch ein Zeichen eines ehemals sehr blühenden, jetzt ganz erloschenen Gewerbes unserer engeren Heimat wieder aufzufinden.


9. November 1911

Oberbürgermeister Bollmann  †.

Heute gilt es, dem  teuren Manne, der fünfundzwanzig  Jahre lang an der Spitze der Stadtverwaltung gestanden und den uns gestern ein schneller Tod entrissen hat, den letzten Gruß darzubringen. - Am  letzten Freitag unternahm Oberbürgermeister Bollmann in städtischen Angelegenheiten eine Reise nach Berlin zu einer Sitzung des Provinzialausschusses und dann nach der Provinz Preußen, von der er in der Nacht auf  Sonntag stark erkältet zurückkehrte. Zu der Erkältungskrankheit  gesellte sich eine  bedrohliche  Herzschwäche und schon nach zweitägigem  Krankenlager umfingen die Schatten des Todes den nimmer müden Mann, über dessen Arbeitstafel Kaiser Wilhelms I. Ausspruch stand: Ich habe keine Zeit, müde zu sein!

Aus dem Lebenslauf des Verewigten seien folgende Daten erwähnt: Am 19. August 1856 in Magdeburg geboren, bestand Paul Bollmann am Gymnasium zu Schweidnitz die Reifeprüfung, bezog darauf die Universität und studierte in Heidelberg, Freiburg i.B., Leipzig und Berlin Jura und Kameralia. Im September 1880 legte er die erste und im Oktober 1885 die zweite Staatsprüfung in Berlin ab. Darauf war er bis Ende des Jahres 1886 bei der Königl. Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin und gleichzeitig im Finanzministerium als Hilfsarbeiter beschäftigt.

Nach erfolgter Wahl zum Ersten Bürgermeister der Stadt Guben wurde er am 5. Januar 1887 in sein Amt eingeführt. Vier Monate später (im Mai 1887) vermählte er sich und führte an der Seite seiner Gattin ein trautes, glückliches Familienleben. Am 18. Februar 1894 erhielt er den Titel Oberbürgermeister und am 3. Juni 1910 wurde er, wie schon gestern kurz bemerkt, nach Ablauf seiner zweiten Amtsperiode auf Lebenszeit gewählt. Am 5. Januar kommenden Jahres hätte also Oberbürgermeister Bollmann sein 25jähriges Amtsjubiläum feiern können, wozu bereits seitens der Stadt und der Beamtenschaft umfassende Vorbereitungen getroffen wurden…. [ Es folgt eine Darstellung seiner Verdienste.]


18. November 1911


19. November 1911

Von dem Neubau des städtischen Museums, das Anfang nächsten Jahres eingeweiht werden sollte, ist jetzt das Baugerüst gefallen. Das Gebäude präsentiert sich als ein geschmackvoller Bau moderner Renaissance. Der Unterbau ist in rotem Sandstein gehalten. Vom Parterregeschoß an trägt der Bau sandsteinartigen Putz in ockergelbem Anstrich. An der Seite nach der Werdermauer zeigt der Bau durch die weithin lesbaren Worte: “Stadt-Museum“ seine Bestimmung an. An der Hauptfront in der Königstraße prangt das Sprichwort: “Lern am Vergangenen die Gegenwart verstehen und in dem Heut das Gestern sehen“- Der zweistöckige Bau ist auf das praktischste eingerichtet. Für Baukosten sind rund 80 000 M. vorgesehen. Der Betrag dürfte sich aber wesentlich höher stellen, da man bei der Ausschachtung des Grundes auf Reste der alten Stadtmauer gestoßen ist, wodurch erhebliche Mehrkosten entstanden sein dürften. Die Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde, deren langjähriger Vorsitzender  Prof. Dr. Jentsch (Guben) ist, kann sich nun eines würdigen neuen Heims erfreuen, in dem ihr Archiv und die reichhaltige Bibliothek Unterkunft finden werden. Der Niederlausitzer Gesellschaft ist nämlich für diesen Zweck im obersten Stockwerk ein geräumiges Zimmer überwiesen worden, weil sie Guben als ihren gerichtlich einzutragenden Sitz zu bezeichnen im Jahre 1910 beschlossen  hat. Die Bibliothek steht bis jetzt im Korridor des Gymnasiums.


24. November 1911

Die Schreibersche Wiese als Spielplatz.

Am verflossenen Sonntag weihte der Verein Turnerschaft seinen Spiel- und Turnplatz auf der Schreiberschen Wiese am Kastaniengraben, die ihr seitens der Stadt überlassen worden ist, durch Veranstaltung von verschiedenen Spielen ein. Allerdings bleibt für diesen Spielplatz, wie sich bald herausstellte, noch viel zu tun. Er muß, da er viele Vertiefungen aufweist, eingeebnet werden; vor allen Dingen muß die Senke am Abhange, die vor noch nicht  allzulanger Zeit den Flußlauf der Lubst bildete, zugefüllt werden. Wünschenswert wäre es, wenn das Lubstufer eine Weidenbepflanzung erhielte, damit die Spielbälle nicht so oft aus dem Wasser gefischt werden brauchten. Ueberhaupt ließe sich auf diesem Grundstücke ein wertvoller Spiel- und Sportplatz  schaffen, wie ihn wohl selten eine Stadt in unserer Mark aufzuweisen hätte. Die Wiese liegt inmitten der Stadt am Wasser, ist also leicht von jedermann zu erreichen und doch auch abgeschlossen. Der Bergabhang ist ein von der Natur geschaffener Platz für Zuschauer, wenn er noch stärker bepflanzt und mit Baumgruppen versehen würde. Für den Wintersport könnte auch mit geringen Kosten gesorgt werden, da sich der Abhang in der Richtung von Friedrichshöhe nach dem Ausgange zur Anlage einer Rodelbahn eignet. Auch mit Schneeschuhen wurde die Bergflanke schon vor Jahren befahren, wobei jedoch die Büsche und Bäume ein geschicktes Ausweichen erforderten. Hier könnten sich also unsere Jugend, unsere Schulen und Vereine in frohem Spiele tummeln. Daß ein Bedürfnis vorliegt, konnte jeder Volksfreund im verflossenem Sommer täglich auf dem Spichererplatze sehen. Aber in der Seele weh konnten einem die Spieler tun, die meist in eine dicke Staubwolke gehüllt waren. Wenn die Schreibersche Wiese als idealer Spielplatz eingerichtet würde, könnte die Stadt Guben der Mittelpunkt der Niederlausitzer Wettspiele und Wettkämpfe werden.


25. November 1911