1911
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember1. Juni 1911
2. Juni 1911
Der Juni, der von den alten Römern der jungfräulichen Juno geweiht war, zeigt uns das Naturleben in seiner vollkommensten Entwicklung. Im Kalender Karls des Großen heißt er Brachmonat, weil bei der Dreifelderwirtschaft damals das brachliegende Feld bearbeitet wurde. Weil im Juni der Sommer beginnt, wird er auch der Sommermonat genannt, und Rosenmonat heißt er, weil jetzt die Rosen in üppigster Blüte prangen. Sonnig und trocken muß der Juni sein, wenn er dem Landmann gefallen soll; denn
Was im September soll geraten, das muß schon im Juni braten.
Dagegen :
Wenn kalt und naß der Juni war, verdirbt er meist das ganze Jahr.
Der Juni ist bei uns derjenige Monat, der uns, wenn er nicht verregnet, den angenehmsten Aufenthalt im Freien bietet. Im Juni sind die kalten Nächte, die der Mai oft noch bringt, geschwunden, und die allzu glutvolle Hitze, die gewöhnlich im Juli herrscht, kündigt sich erst leise an. Weiter ist er der Monat der Erdbeeren und der Gemüse, die gerade jetzt von reinster Zartheit sind, die Schwelgezeit aller Verehrer einer duftenden Erdbeerbowle – und wer sollte das nicht sein! – die schönste Zeit aller Gemüsefreunde.
3. Juni 1911
8. Juni 1911
Zur Vermeidung von Verletzungen durch Hutnadeln im Eisenbahnverkehr gibt die königliche Eisenbahndirektion in Saarbrücken folgendes bekannt: „Der gegenwärtig bei Frauen beliebte Gebrauch übermäßig langer Hutnadeln kann im Gedränge des Eisenbahnverkehrs sehr leicht schwere Verletzungen anderer Personen verursachen. Die Eisenbahnverwaltung sieht sich genötigt, zum Schutz der anderen Reisenden hiergegen Maßregeln zu ergreifen. Es ergeht daher an alle reisenden oder den Bahnhof betretenden Damen das Ersuchen, ihre Hüte nicht mit solchen durch ungewöhnliche Länge gefährlichen Nadeln zu befestigen, oder wenigstens die gefahrdrohende Spitze durch Schutzhüllen oder sonstwie unschädlich zu machen. Die Eisenbahnverwaltung hat ihr Personal angewiesen, darauf zu achten und, ohne erst Beschwerden anderer Reisenden abzuwarten, Damen mit solchen Hutnadeln zur Entfernung der Nadeln aufzufordern. Wer dieser Anordnung der Bahnbeamten nicht nachkommt kann auf Grund des § 11 ( 1 und 2) der Eisenbahn – Verkehrsordnung von der Mitfahrt ausgeschlossen und zum Verlassen des Bahnhofs aufgefordert werden. Zuwiderhandlungen gegen die Anordnungen der Bahnbeamten können auf Grund §§ 77- 81 der Eisenbahn – Bau – und Betriebsordnung mit Geldstrafen geahndet werden.“ Aehnliche bedankenswerte Hinweise auf die den Reisenden durch Hutnadeln drohende Gefahr hat bereits die Berliner Hoch – und Untergrundbahn mittels Tafeln in den Wagen erlassen.
14. Juni 1911
Wildseuche in der Mark
Unter dem Wild in der Mark Brandenburg herrscht in diesem Jahre eine bedenkliche Krankheit. In verschiedenen Forstrevieren hat man verendetes Wild, namentlich Rehe, aufgefunden, so daß man zunächst annahm, es könne sich nur um eine Massenvergiftung handeln. Das Institut für Jagdkunde in Neudamm hat jedoch die Ursache des Massensterbens festgestellt. Eingesandte Kadaver wurden genau untersucht, wobei als Todesursache Magenwurmseuche ermittelt wurde. Bei dieser seuchenartigen Krankheit, hervorgerufen durch massenhafte Einwanderung des Strongilus contortus Rud (Gedrehten Palisadenwurms), ist der Wildbestand auf das äußerste gefährdet, da die Tiere infolge von Schmerzen im Magen keine Nahrung nehmen, abmagern und schließlich verenden. In den von der Seuche befallenen Forsten sollen dem Rehwild an den Futterstellen Gegenmittel gelegt werden.
20. Juni 1911
23. Juni 1911
Am Werdertor
Wie bedeutend sich das Straßenniveau unserer Stadt im Lauf der Jahrhunderte verändert hat, haben vor Jahren die Ausschachtungen für die Kanalisation ergeben, die bis zu vier Meter Tiefe eindrangen und den alten Knüppeldamm oder Bohlenweg unter den jetzigen Hauptstraßen bloßgelegt haben. Noch ½ Meter tiefer sind die Erdarbeiten für das Stadtmuseum gedrungen, die zum ersten Male auch das Fundament der von 1523 – 41 erneuerten Stadtmauer erschließen. In 4 ½ Meter Tiefe liegen zwei Lagen mächtiger Steinblöcke ohne Mörtel so übereinander gepackt, daß die Zwischenräume mit kleineren Feldsteinen ausgefüllt sind, und erst darüber beginnt das eigentliche Mauerwerk, in dem die Zwischenräume mit Kalkmörtel ausgefüllt sind; er ist im Lauf von fast 4 Jahrhunderten steinhart geworden. Unter dem zur Befestigung aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gehörigen, fast überwölbten Wasserlauf neben der Reichshalle hat sich ein zweites Gewölbe mit schlammigem Boden gefunden; es gehört jedenfalls der Zeit an, in welcher der untere Teil des dicken Turms errichtet wurde, in dem die Zahl 1420 eingegraben ist. Auch dieser Kanal führte unterhalb der Mauer die Abwässer der Straßen dem Stadtgraben zu. Unter anderen ist hier ein grau-bräunlicher kleiner Henkelkrug gefunden, der dem Museum übergeben worden ist.