Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1911

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

3. März 1911

Der Gubener Zitherklub veranstaltet am Sonntag, den 5. März, im „Hotel Kronprinz“ ein Konzert. Diese Konzerte, die sich großer Beliebtheit erfreuen, hatten bisher stets einen recht großen Besuch zu verzeichnen. Ein sorgfältig ausgewähltes Programm, in dem zur Abwechslung auch Gesangsvorträge sowie ein echter oberbayerischer Schuhplattler vorkommen, bürgt für einige genußreiche Stunden. Der Besuch kann umsomehr empfohlen werden, als der Reinertrag dem Verschönerungsverein überwiesen wurde.

 


4. März 1911

Die Trinkerheilstätte in Drenzig, die von dem Brandenburgischen Provinzialverein gegen den

Mißbrauch geistiger Getränke unterhalten wird, berichtet jetzt über das 21. Jahr ihres

Bestehens. Die Zahl der aufzunehmenden Patienten ist äußerst beschränkt. Es sind im

Durchschnitt nur 20 Kranke untergebracht, sodaß es dem Anstaltsleiter sowohl als dem

leitenden Arzt möglich ist, sich mit jedem Patienten eingehend zu beschäftigen. Der

Anstaltsaufenthalt der Patienten beträgt im Durchschnitt 6 Monate. Die Verpflegungskosten

betragen 90 – 120 Mark den Monat. Von den im Jahre 1910 entlassenen 30 Patienten sind

24 als geheilt anzusehen, während 2 als gebessert und 4 als rückfällig entlassen wurden.

Dem Berufe nach waren von den 40 Patienten der Anstalt 11 Kaufleute, 8 Postbeamte,

Landwirte, 3 Eisenbahnbeamte, 2 Gastwirte, 2 Bauarbeiter und je ein Schlosser, Polizeibeamter,  Gerichtsvollzieher, Rechtsanwalt, Gerichtssekretär, Professor Dr.

Phil., Berginspektor und Rentier.

 


9.März 1911

Diebstähle. In den letzten Wochen sind fortgesetzt aus Waschküchen in verschiedenen Stadtteilen zur Nachtzeit Diebstähle an verschiedenen Sorten von Frauenschürzen, mit und

ohne Latz und Trägern, sowie verschiedenen Kindersachen und auch zwei großen Bettüchern ausgeführt worden, ohne daß es bisher gelungen ist, des Täters habhaft zu werden. Der Dieb hat aus den gefüllten Waschfässern nur Stücke der vorgenannten Art in nassem Zustande mitgenommen, es müßte also den Mitbewohnern aufgefallen sein,  wenn bei einer verdächtigen Person fortwährend Wäschestücke der vorbezeichneten Art getrocknet werden. Mitteilungen nimmt die Polizeiverwaltung entgegen.


12. März 1911


14. März 1911

Der Zehnstundentag in der Lausitzer Tuchindustrie. In sämtlichen hiesigen, dem Arbeitgeberverband der Lausitzer Tuchindustrie angeschlossenen Fabrikbetrieben erfolgt heute folgender Aushang:

Bekanntmachung

Der unterzeichnete Verband hat beschlossen, vom 1. Oktober ab in sämtlichen Tuchfabriken auch für die männlichen Arbeiter die zehnstündige Arbeitszeit einzuführen. An Sonnabenden und den Tagen vor den gesetzlichen Feiertagen bleibt die bisherige Dauer der Arbeitszeit für Männer und Frauen bestehen. Es wird aber an diesen Tagen über Mittag mit den kürzesten gesetzlichen Pausen durchgearbeitet und nachmittag entsprechend zeitiger Schluß gemacht.

Das Waschen und Ankleiden, auch für die männlichen Mitarbeiter, ist erst nach Schluß der Arbeit zulässig. Die notwendige Aenderung der Arbeitsordnung und die Zeiteinteilung für Sonnabend wird noch bekannt gegeben.

Guben, 13. März 1911.

Der Arbeiterverband der Textil-Industrie zu Guben e.V.

 

Wie dies auch früher bei Kürzungen der Arbeitszeit war, werden durch diese Maßnahmen die im Stundenlohn beschäftigten Arbeiter keinen Lohnausfall erleiden; ihre Leistungen sollen unter Zugrundelegung der abgeänderten Arbeitszeit ab 1. Oktober so umgerechnet werden, daß die gleichen Verdienste wie bisher erzielt werden.


24. März 1911

In den Gubener Bergen herrscht jetzt ein überaus reges Leben. Überall sieht man die Leute beschäftigt, die Gärten für die Frühjahrspflanzung vorzubereiten. Da wird gegraben, da gejätet, da werden die ersten Pflänzchen dem gut vorbereiteten Boden anvertraut. Ganz besonders ist es der Salat, der, wie wir bereits berichtet haben, jetzt aus den schützenden Frühbeeten, in denen er zu kräftigen Pflanzen heranwächst, ins Freie versetzt wird. Schon viele tausend Schock [altes Zählmaß: 60 Stück] sind bereits gepflanzt worden, und wenn man die Vorbereitungen dazu nimmt, die für den weiteren Anbau getroffen werden, dann gewinnt man schon jetzt ein Bild von der Bedeutung, zu der die Salatzucht für die Gubener Gemüsegärtnerei geworden ist. Hoffentlich ist die Witterung dem Gedeihen des Salats günstig, damit die Hoffnungen, die weite Bevölkerungskreise unserer Stadt auf den Anbau dieses Gemüses setzen, nicht vernichtet worden. Von anderen Gemüsearten fällt noch besonders der Rhabarber auf, dessen rote Neutriebe sich aus dem dunklen Erdreich bohren. Die rote Farbe stellt für ihn eine Schutzfarbe dar, eine Erscheinung, die wir auch bei unseren Getreidearten beobachten können. Auch die Zeichen anderer Arbeiten, die der Gartenbesitzer jetzt und in den vergangenen Wochen vorgenommen hat, werden dem Bergwanderer bemerkbar. Aus den dichten Baumkronen ist mit kundiger Hand alles morsche und überflüssige Holz entfernt worden. Altersschwache Bäume sind gefällt und durch Neuanpflanzungen ersetzt, wenig ertragreiche Stämme umgepfropft worden. Dabei fällt hier in der Gubener Gegend besonders auf, daß mit Vorliebe schon ältere Bäume durch Aufsetzen besserer Sorten veredelt werden. Ein solcher Baum mit seinen zahlreichen, von weißer Leinwand umwundenen Edelreisern gewährt dann einen ganz eigenartigen Anblick. Zahlreiche Stämme tragen noch die Leimgürtel, die im vergangenen Herbst zur Bekämpfung des schädlichen Frostspanners umgelegt wurden. Diese Papiergürtel werden jetzt zweckmäßigerweise entfernt und verbrannt.

 


25. März 1911

Das Naemi Wilke-Stift, Krankenhaus und ev.-luth. Diakonissenanstalt zu Guben teilt aus dem Jahre 1910 folgendes mit: Der Krankenbestand am 31. Dezember  1909 betrug 25 männliche und 20 weibliche, zusammen 45 Personen; der Zugang 1910 betrug 283 männliche und 362 weibliche, zusammen 645 Personen, sodaß im ganzen 690 Kranke verpflegt wurden. Abgänge an geheilten und gebesserten Pfleglingen wurden 290 männl.  und 362 weibl., zusammen 652, Todesfälle 14 männl. und  10 weibl., zusammen 24 verzeichnet. Der Bestand am Ende des Jahres betrug 18 männl. und 20 weibl., zusammen 38 Kranke. In der 1. Klasse wurden 40, in der 2. Klasse 73 und in der 3. Klasse 577 Personen verpflegt, zusammen wie oben 690. Es fanden 212 chirurgische Operationen, 87 am Auge, 100 gynäkologische und 37 an Nase, Hals oder Ohren, zusammen 436 statt.

Herr Dr. Ayrer, der leitende Anstaltsarzt, hatte 368, Herr Dr. Schultze 147, Herr Dr. Balack 116 und Herr Dr. Goldschmidt 41 Patienten.

An Verpflegungstagen sind 16 096, als durchschnittliche Dauer des Aufenthaltes eines Kranken sind 23 Tage gezählt worden.

Die im Laufe des Jahres im Krankenhause wirkenden Praktikanten waren die Kandidaten der Medizin Herr Bühmann, Herr Marsch und Herr Reinhardt.

Das Diakonissenmutterhaus umfaßte infolge der Aufnahme von Aspirantinnen, Einkleidung derselben zu Probeschwestern und Einsegnung zu Diakonissen einerseits, Austritten und Entlassungen andererseits 34 Diakonissen, 21 Probeschwestern und 3 Aspirantinnen, zusammen 58 Schwestern am Ende des Jahres. (1909: 55) Von denselben war etwa der vierte Teil in Guben tätig, die übrigen wirkten auf Außenstationen.

Einige freie Hilfskräfte stellten sich der Anstalt zur Verfügung.

Als Diakonissenmutterhaus trat das Naemi Wilke-Stift dem Kaiserswerther Verbande der Diakonissenmutterhäuser bei. – Im Idiotenhause wurden anfangs 57, Am Schluß 56 Insassen und

20 986 Pflegetage gezählt.

Taubstumme kleine Kinder waren es anfangs 8, am Schluß 6, Pflegetage im ganzen 1728. Berliner Waisenmädchen gab es anfangs 17, am Schluß 24, und ihre Pflegetage beliefen sich auf 7934.

Die Kinderbewahranstalt erfreute sich dauernd eines guten Besuchs, zwischen 30 und 50 Kinder, und eines günstigen Gesundheitszustandes.