Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1912

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1. August 1912

Mit dem Abbruch der Lubstbrücke wurde bereits heute morgen begonnen, nachdem gestern die Leitungsmasten der Elektrischen Eisenbahn an der Brücke beseitigt bezw. Versetzt worden waren.

Das Untersuchungs-Ergebnis über den Untergang der Titanic am 15. April d. Js. besagt, daß die Katastrophe erfolgte, weil der Dampfer infolge übermäßiger Geschwindigkeit an einem Eisberg scheiterte und überdies die Vorkehrungen in Bezug auf Rettungsmittel, insbesondere die Anzahl sowie die Bemannung und die Flottmachung von Rettungsbooten unzureichend waren. Die eigentliche Ursache des Unterganges der „Titanic“ wird darin gefunden, daß das britische Handelsamt seine gänzlich veralteten, aus dem Jahre 1894 stammenden Bestimmungen über die Sicherungsvorkehrungen der Passagierdampfer nicht in Berücksichtigung der vergrößerten Schiffsdimensionen abgeändert hat. Kapitän Smith habe einen bedauerlichen Fehler begangen, nachts bei Eisberggefahr unter Volldampf zu fahren; doch könne man ihm diesen schlechten Seebrauch nicht als Verschulden anrechnen. Was im übrigen das Verhalten der verantwortlichen Persönlichkeiten angeht, so durfte nach dem Urteilsbefund der Kapitän die Funkspruchmeldung über Eisberggefahr nicht an den White Star-Direktor Bruce Isman weitergeben und letzterer durfte die Meldung nicht in die Tasche stecken. Eine moralische Verpflichtung Ismans, zugunsten von Passagieren auf einen Sitz im Rettungsboot zu verzichten, erkennt das Gutachten nicht an.    Im einzelnen enthält der Spruch über die „Titanic“-Katastrophe ein vernichtendes Urteil über das beispiellose Verhalten des englischen Dampfers „Californian“. So sagte Lord Mersey in seinen weiteren Ausführungen, die Umstände hätten ihn davon überzeugt, daß das von der „Californian“ gesichtete Schiff die „Titanic“ gewesen sei. Die Nacht sei klar, die See ruhig gewesen. Wenn die „Californian“, die die Notraketen der „Titanic“ gesehen habe, durch das Eis hindurchgefahren wäre, wie sie es ohne ernste Gefahr hätte tun können, so hätte sie wahrscheinlich viele, wenn nicht alle Leben der „Titanic“ gerettet. Das Urteil empfiehlt sodann Verbesserungen der Schotteneinrichtungen, betont, daß das Handelsamt die Ermächtigung bekommen müßte, Grundriß und Kostenanschlag der Schiffe bei Beginn ihres Baues zu prüfen, und erklärt, daß der Ausrüstung eines Schiffes mit Rettungsbooten und Notflößen nicht der Tonnengehalt, sondern die Passagierzahl zu Grunde gelegt werden müßte. – Lord Mersey gibt schließlich dem Wunsch Ausdruck, eine internationale Konferenz möge eine gemeinsame Aktion einleiten, die die Ausrüstung der Schiffe einschließlich der  Rettungseinrichtungen und Scheinwerfer sowie die Frage der Aenderung des Kurses bei Eisgefahr zum Gegenstand haben solle.


6. August 1912

Hundstagsmärchen. Von „gut unterrichteter Seite“ will die Märk. Volksstimme erfahren haben, daß der „Kaiserautomat“ in der Herrenstraße hier in ein Bordell umgewandelt werden soll. Das Blatt zerbricht sich den Kopf darüber, was nun aus dem überaus großen Ueberfluß an „holder Weiblichkeit“ in Guben werden soll. – Das Cottbuser Organ der Internationalen braucht das Amt eines Sittenwächters in Guben nicht anzutreten, sintemal an der ganzen Geschichte kein wahres Wort ist; sein Berichterstatter hat sich eben wieder einmal sehr schlecht unterrichtet gezeigt.


8. August 1912


13. August 1912

Der Waldgottesdienst bei Germersdorf war gestern sehr stark besucht, Hunderte lagerten im Waldesschatten an der Berglehne. Stimmungsvolle Musikklänge der Wolffschen Kapelle leiteten zum Gemeindegesange über, mit dem Motetten und Lieder des Kirchenchores der Klosterkirche unter der Leitung des Herrn Kantors Klinkott wechselten. Eine kurze Ansprache von Herrn Pfarrer Lic. Balzer fand willige Hörer. Freiwillige Kräfte aus der Germersdorfer Schuljugend hatten die Waldkanzel mit frischen Laubgewinden sinnig geschmückt.


18. August 1912

Herbstkühle in den Hundstagen. Seit Jahren hat der August  nicht mehr so kaltes und unfreundliches Wetter gebracht wie in der vergangenen Woche. Nachdem es schon in der ersten Monatswoche, vom äußersten Nordosten abgesehen, überall kühl und veränderlich gewesen war, hatte sich das Wetter seit acht Tagen noch weiter verschlechtert, und bei andauernden Regenfällen sank das Thermometer auf Werte herab, die dem Oktober, nicht aber dem August angemessen waren.


23. August 1912

Aus Guben und Umgebung

Die Einführung von Gasautomaten. Nachdem die Einführung von Gasautomaten durch die Stadtverordneten-Versammlung genehmigt worden ist, stellt die städtische Gasanstalt Gasautomaten-Einrichtungen für Leucht- und Kochgas kostenfrei in solchen Wohnungen, Geschäftsräumen, Werkstätten, Lagerräumen usw. her, die in Straßen mit Hauptrohrleitungen liegen. Die Automaten werden unter den folgenden Bedingungen vermietet: Wer eine Gasautomaten-Einrichtung zu erhalten wünscht, hat dies unter Benutzung der von der Gasanstalt zu verlangenden Anmeldung, der die ausgefüllte und unterzeichnete Einwilligung  des Hauseigentümers vor Inangriffnahme der Arbeiten erfolgen muß, bei der Verwaltung der Gasanstalt zu beantragen. Ob eine angemeldete Gasautomaten-Einrichtung ausgeführt werden kann, bleibt lediglich der Gasanstalts-Verwaltung vorbehalten; im allgemeinen ist für die Ausführung maßgebend, daß eine dauernde Benutzung gesichert erscheint und die Anlage nicht unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Anträge auf Herstellung von Gasautomaten-Einrichtungen werden nach Maßgabe der Bedingungen der Reihe nach berücksichtigt, jedoch nur insoweit, als Mittel verfügbar sind. Die von der städtischen Gasanstalt zu stellende Gesamteinrichtung umfaßt: die Rohrleitungen, einen Automaten-Gasmesser, einen Zweilochkocher, zwei Lyren oder Hängearme und einen Wandarm. Bei der erstmaligen Einrichtung werden die erforderlichen Glühkörper, Zylinder, Glocken und Schläuche mitgeliefert. Die Art und Anzahl der zu überlassenden Gasapparate wird ausschließlich und endgültig durch die Gasdirektion bestimmt. Aenderungen und Reparaturen  an der Anlage und Einrichtung dürfen nur mit Genehmigung der Gasanstalt ausgeführt werden. Im Geschäftslokale der Gasanstalt, Gasstraße 11, werden diejenigen Modelle von Gasbeleuchtungsgegenständen und Apparaten gezeigt, die zu den Automaten-Einrichtungen geliefert werden. Die Menge des für den Preis von 10 Pfg. abzugebenden Gases beträgt, wie bereits mitgeteilt, 560 Liter. Durch Beschluß der städtischen Körperschaften kann jederzeit eine Aenderung dieses Gaspreises erfolgen. Der neue Preis ist für die Gasabnehmer verbindlich, sobald er in ortsüblicher Weise bekannt gemacht ist. Der Preis versteht sich einschl. miete für Gasautomat, Leitungen und geliehene Einrichtung. Für die Bezahlung des Gases sind die Angaben des Gasmessers auf dem Zifferblatt der Gasuhr allein maßgebend. Der verschlossene Geldkasten darf nur durch Beauftragte der Gasanstalt, welche eine von dieser ausgestellte Erkennungsmarke vorzeigen müssen, geöffnet werden. Ihnen ist jederzeit zur Geldentnahme Zutritt zu der Einrichtung zu gestatten. Der Gasabnehmer ist verpflichtet, den aus dem Stande des Gasmessers sich ergebenden Geldbetrag zu zahlen bzw. den sich etwa in der Automatenkasse ergebenden Fehlbetrag zu ergänzen. Reklamationen gegen die Richtigkeit des Gasmessers werden nach den darüber geltenden Bestimmungen behandelt.


23. August 1912

Aus Guben und Umgebung

Die Einführung von Gasautomaten. Nachdem die Einführung von Gasautomaten durch die Stadtverordneten-Versammlung genehmigt worden ist, stellt die städtische Gasanstalt Gasautomaten-Einrichtungen für Leucht- und Kochgas kostenfrei in solchen Wohnungen, Geschäftsräumen, Werkstätten, Lagerräumen usw. her, die in Straßen mit Hauptrohrleitungen liegen. Die Automaten werden unter den folgenden Bedingungen vermietet: Wer eine Gasautomaten-Einrichtung zu erhalten wünscht, hat dies unter Benutzung der von der Gasanstalt zu verlangenden Anmeldung, der die ausgefüllte und unterzeichnete Einwilligung  des Hauseigentümers vor Inangriffnahme der Arbeiten erfolgen muß, bei der Verwaltung der Gasanstalt zu beantragen. Ob eine angemeldete Gasautomaten-Einrichtung ausgeführt werden kann, bleibt lediglich der Gasanstalts-Verwaltung vorbehalten; im allgemeinen ist für die Ausführung maßgebend, daß eine dauernde Benutzung gesichert erscheint und die Anlage nicht unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Anträge auf Herstellung von Gasautomaten-Einrichtungen werden nach Maßgabe der Bedingungen der Reihe nach berücksichtigt, jedoch nur insoweit, als Mittel verfügbar sind. Die von der städtischen Gasanstalt zu stellende Gesamteinrichtung umfaßt: die Rohrleitungen, einen Automaten-Gasmesser, einen Zweilochkocher, zwei Lyren oder Hängearme und einen Wandarm. Bei der erstmaligen Einrichtung werden die erforderlichen Glühkörper, Zylinder, Glocken und Schläuche mitgeliefert. Die Art und Anzahl der zu überlassenden Gasapparate wird ausschließlich und endgültig durch die Gasdirektion bestimmt. Aenderungen und Reparaturen  an der Anlage und Einrichtung dürfen nur mit Genehmigung der Gasanstalt ausgeführt werden. Im Geschäftslokale der Gasanstalt, Gasstraße 11, werden diejenigen Modelle von Gasbeleuchtungsgegenständen und Apparaten gezeigt, die zu den Automaten-Einrichtungen geliefert werden. Die Menge des für den Preis von 10 Pfg. abzugebenden Gases beträgt, wie bereits mitgeteilt, 560 Liter. Durch Beschluß der städtischen Körperschaften kann jederzeit eine Aenderung dieses Gaspreises erfolgen. Der neue Preis ist für die Gasabnehmer verbindlich, sobald er in ortsüblicher Weise bekannt gemacht ist. Der Preis versteht sich einschl. miete für Gasautomat, Leitungen und geliehene Einrichtung. Für die Bezahlung des Gases sind die Angaben des Gasmessers auf dem Zifferblatt der Gasuhr allein maßgebend. Der verschlossene Geldkasten darf nur durch Beauftragte der Gasanstalt, welche eine von dieser ausgestellte Erkennungsmarke vorzeigen müssen, geöffnet werden. Ihnen ist jederzeit zur Geldentnahme Zutritt zu der Einrichtung zu gestatten. Der Gasabnehmer ist verpflichtet, den aus dem Stande des Gasmessers sich ergebenden Geldbetrag zu zahlen bzw. den sich etwa in der Automatenkasse ergebenden Fehlbetrag zu ergänzen. Reklamationen gegen die Richtigkeit des Gasmessers werden nach den darüber geltenden Bestimmungen behandelt.


27. August 1912

Mit dem Aufbau der Luftschiffhalle wird voraussichtlich am 29. d. M. begonnen werden. Heute ist bereits ein Zahlmeister des Luftschifferbataillons Nr. 1 und heute abend sollen Fouriere ankommen, die entsprechende Vorbereitungen treffen. Das Material für die Luftschiffhalle trifft morgen mittels Güterzug ein. Am Mittwoch früh wird dann mit dem Abladen und dem Transport des Materials nach Schenkendöbern begonnen. Das Ab- und Aufladen, das drei Tage dauern dürfte, wird durch Luftschiffer besorgt, während die Ausführung des Transports Herrn Max Hefter übertragen worden ist.


28. August 1912

Vorbereitungen zur Ankunft des Militärluftschiffs „Parseval 3“ . Wie bereits gestern gemeldet werden konnte, haben die Vorbereitungen zur Stationierung des Militärluftschiffes P.3, das in dem diesjährigen Kaisermanöver an dem Aufklärungsdienst mitwirken wird, begonnen. Während gestern ein Zahlmeister und Vizefeldwebel ihre Dienstgeschäfte aufgenommen, die sich auf Verpflegung der Mannschaften usw. beziehen, sowie die Einrichtung einer Kantine auf dem Platze der Luftschiffshalle in die Wege leiteten, haben bereits am Sonntag die Fouriere vom Eisenbahn-Rgt. Und Luftschiffer-Bat., 10 Mann und ein Offizier, die Quartiere belegt. Gestern sind weitere Hilfsmannshaften vom Kraftfahrtbataillon eingetroffen. Das für den Dienst in Schenkendöbern kommandierte Militär wird heute, Dienstag, die Quartiere beziehen. Belegt wird Schenkendöbern mit 150- 170 Mann, Wilschwitz mit etwa 70 Mann.


31. August 1912

Der Aufbau der Luftschiffhalle bei Schenkendöbern. Die Arbeiten des Aufbaus der „Feldhalle 1“ für das lenkbare Militärluftschiff „Parseval 3“ schreiten rüstig vorwärts.165 Mann von dem Eisenbahn-Regiment 1 und 2 und dem Luftschifferbataillon sind unter der Leitung des Herrn Oberleutnants v. Knobelsdorf, mehrere Offiziere und eines Ingenieurs tätig, dieses interessante Bauwerk fertig zu stellen…

Insgesamt werden 56 eiserne  Hohlmasten (SS-Röhren)benötigt, davon stehen 8 kleinere Masten, also je vier, an den beiden Längsseiten. Die Halle, die von Osten nach Westen gerichtet, 120 Meter lang und 27 Meter hoch ist, wird vollstständig  mit Segeltuch an den Seiten bespannt und bedacht und erhält elektrische Beleuchtung durch Bogenlampen, die auch eine Ausfahrt bezw. Landung in der Dunkelheit ermöglicht. Von den 56 Masten wiegen etwa 48 je 60 Zentner. Die Masten selbst ruhen auf Schienen, stehen in Abständen von je 5 Metern und werden durch Winden hochgestellt. Jeder Mast ist mit Drahtseilen doppelt verankert, sodaß tatsächlich ein gewaltiger Sturm notwendig ist, der Halle Schaden zuzufügen. Obwohl nun der „P.3“ vollständig gefüllt eintrifft, sind doch alle Vorkehrungen zur Nachfüllung getroffen. Es treffen noch etwa 4000 Flaschen mit Wasserstoffgas ein, von denen jede 5 Kubikmeter Gas enthält, sodaß 20 000 Kubikmeter Wasserstoffgas in Reserve vorhanden sind. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß der Ballonlandungsplatz auch an das Telephonnetz angeschlossen ist. Der Landungsplatz liegt direkt auf der Anhöhe, etwa 500 Meter hinter der Seitenchaussee, die von der Bärenklauer Chaussee nach dem Dorfe Schenkendöbern abzweigt.  Fachmänner bezeichnen den Platz als einen ausnehmend guten und für Luftschiffzwecke sehr geeigneten, da er einen weiten Blick gestattet, der nicht durch nahe Waldungen behindert ist. Für das leibliche Wohl sorgt eine Kantine, deren Bedarf täglich durch Gubener Geschäftsleute gedeckt wird. Alle Sorten Getränke, Aufschnittwaren und Würstchen werden verabreicht, sodaß man Durst und Hunger nicht zu erleiden braucht. Bei dem großen Interesse, das man der Luftschiffahrt in allen Kreisen der Bevölkerung entgegenbringt, ist anzunehmen, daß der Ballonlandungsplatz nicht nur von Gubener Einwohnern viel besucht werden wird, sondern sich auch zahlreiche Ausflügler aus den Nachbarstädten einfinden werden, um sich an dem militärischen Leben bei Schenkendöbern zu erfreuen. [Berichte über den Fortgang des Geschehens an den Folgetagen.]