Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1912

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

2. Juni 1912

Aus Guben und Umgebung

Die Orgel in der Evangelischen Klosterkirche soll demnächst einer gründlichen Reparatur unterzogen werden. Die kirchlichen Körperschaften der Klostergemeinde haben am 27. November 1911 beschlossen, den Umbau  vorzunehmen, zu dem die Stadt Guben als Patron zwei Drittel der Kosten zu tragen hat. Die Notwendigkeit der Orgelerneuerung hatte sich schon längst herausgestellt, die Ausführung verzögerte sich jedoch immer wieder der Kosten wegen. Nachdem nun die Stadtverordnetenversammlung die von der Stadt gesetzlich zu leistenden Mittel bewilligt hat, kann der Umbau, den die Firma Gustav Heinze in Sorau ausführen soll, baldigst in Angriff genommen werden. Die Orgel ist im Jahre 1862 aus der Stadt- und Hauptkirche alt übernommen, steht also schon wieder 50 Jahre in dem Gotteshaus der Klostergemeinde. Bei der Uebernahme wurde der Prospekt erneuert und einige Stimmen ersetzt. Jetzt soll hauptsächlich das Werk verbessert werden, dabei soll aber der Spieltisch so gebaut werden, daß der Organist dem Kircheninnern zugewendet spielt. Der Mechanismus wird am Fuße des Spieltisches zum eigentlichen Werk geführt. Diese Einrichtung hat den praktischen Zweck, daß der Organist, der zugleich Leiter des Kirchenchors ist,von seinem Orgelplatz aus den Chor dirigieren kann. Somit wird bei dem Umbau gleich das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden. – Die nächste Kirchenverbesserung dürfte die Heizanlage bringen, die ebenfalls einem Bedürfnis entspricht.


4. Juni 1912


5. Juni 1912

Aus Guben und Umgebung

Für die  Bautätigkeit in Guben ist das Frühjahrswetter äußerst förderlich gewesen. Nicht nur, daß mehrere Bauten aus dem Vorjahre fertiggestellt sind und schon im vorigen Monat bezogen werden konnten, sondern es sind auch die in den ersten Monaten dieses Jahres begonnenen Bauten soweit gefördert worden, daß mit der Fertigstellung in den nächsten Monaten gerechnet werden kann. Besonders rege ist wie immer die Bautätigkeit in den Außenbezirken. Im neuen westlichen Stadtteil, Grünstr., Deulowitzerstr., Pestalozzistr. usw. werden Wohnhäuser vorwiegend mit Wohnungen von 2 bis 4 Zimmern gebaut. Im Innern der Stadt und im Norden, sowie im nordöstlichen und südöstlichen Teil (Bergviertel) entstehen mehrere moderne Häuser im Landhausstil, die größere, mit allen neuzeitlichen Komfort ausgestattete Wohnungen enthalten werden. Einige Fabrik-An- bzw. Neubauten, die früher begonnen, sind jetzt betriebsfähig, während das neue Verwaltungsgebäude der Berlin-Gubener Hutfabrik A.-G. in der Uferstraße im Bau rüstig vorwärts schreitet. Auf der Gr. Wiese wird demnächst der Bau einer Villa in Angriff genommen werden. Die Stadtverwaltung selbst ist zur Zeit an der Bautätigkeit mit dem Bau der 6. Volksschule, ferner mit dem Bau des Stadtmuseums in der Königsstraße und mit dem staatlichen Eichamte an der Gasstraße usw., beteiligt. Ein hiesiger Architekt will in der kleinen Teichbornstraße fünf schmucke Wohnhäuser mit Vorgärten errichten lassen.


7. Juni 1912


9. Juni 1912


26. Juni 1912


28. Juni 1912

Aus Guben und Umgebung

Dem Stadtmuseum sind in letzter Zeit von hiesigen Bürgern in dankenswerter Weise wieder eine Anzahl wertvoller Geschenke überwiesen worden. So hat Herr Gasthofbesitzer Oskar Brunsch, Königstraße, die Sammlungen durch Ueberweisung eines Schiffchens, das Wahrzeichen der alten Schifferzunft, bereichert. Frau Rentier Auguste Straße, Werdermauer, hat einen hübschen zinnernen Humpen mit Emblemen der Tuchmacher, der Tuchausschneider, der Handschuhmacher und anderer Zünfte gestiftet. Herr Fabrikbesitzer Wilhelm Köhler, Berliner Straße, schenkte einen Eisen-Untersatz mit kunstvollen mittelalterlichen Schmiedeformen. Außerdem ist durch Erwerb eine Anzahl reich verzierter, mittelalterlicher Beschläge in Barockform in den Besitz des Museums  übergegangen. Man ist gegenwärtig dabei, diese Beschläge, um sie dem Museumsbesucher in anschaulicher Weise vorzuführen, geeigneten Schränken und Vitrinen anzupassen. Wenn auch nicht zu verkennen ist, daß all diese mannigfache Kleinarbeit zeitraubend ist, so ist es andererseits erfreulich, wahrzunehmen, mit welcher Liebe und Sorgfalt und welchem Sachverständnis an der Einrichtung unseres Museums gearbeitet wird, um es zu einem wirklichen Schmuckkästchen zu gestalten.

Der heutige Siebenschläfertag  gilt nach uraltem Volksglauben als Haupt-„Lostag“ für die kommende Sommerwitterung. Wenn es heute regnet, soll es angeblich sieben Wochen regnen; wenn es trocken bleibt, soll der Sommer schön werden. In dieser Form ist der Siebenschläfer-Glaube natürlich krasser Aberglaube, der in den letzten Jahren wiederholt widerlegt worden ist. Den sehr heißen und abnorm dürren Sommern der Jahre 1904 und 1911  ging ein Siebenschläfer mit Regen voraus; auf den sehr schönen und völlig regenlosen Siebenschläfer 1907 folgte hingegen der schauderhafteste Regensommer neuerer Zeit! Also an sich ist es vollkommen gleichgültig, ob es heut regnet oder nicht. Trotz der Gewitterschwüle, die heute hier herrschte, kam es, wenigstens bis zu den Abendstunden, zu keinem Wolkenbruch. Mancherlei Anzeichen sprechen auch dafür, daß wir mit dem Juli, dem Ernte-, Reise- und Ferienmonat, vorwiegend trockenes und warmes Wetter erhalten werden.

Ein Morgenständchen wurde heute dem Herrn Ersten Bürgermeister Dr. Glücksmann anläßlich der Uebersiedlung  seiner Familie nach Guben durch das Gubener Konzert-Orchester unter Leitung des Herrn Musikdirektors A. Luther gebracht. Herr Luther überreichte der Familie ein Programm mit Widmung. Auf Wunsch spielte die Kapelle zum Schluß noch das „Dankgebet“ von Kremser.

Vom Wetter. Während der vergangenen acht Tage blieb die Witterung in ganz Europa sommerlich warm, wenn es zu einer ausgesprochenen Beständigkeit des Wetters auch noch nicht kam. Die Erwärmung hatte sich aber inzwischen bis in den höchsten Norden des Erdteils verbreitet, so daß die Windrichtung, die zeitweilig aus nördlichen Komponenten zusammengesetzt war, die Temperaturverhältnisse nicht mehr sonderlich zu beeinträchtigen vermochte. Im Hinblick auf die gegenwärtige Luftdruckverteilung ist zunächst eine weitere Erwärmung in ganz Mitteleuropa unmittelbar bevorstehend. Die Erhitzung dürfte schon an der Wochenwende in den westlichen Gebietsteilen ziemlich bedeutend werden, worauf wieder Gewitter, die sich ostwärts ausbreiten werden, zu erwarten sind.