Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1912

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1. Dezember 1912

St. Andreastag  Der heutige 30. November ist der Kalendertag des heiligen Andreas, des Bruders des Petrus, über dessen Wirksamkeit fast gar nichts Bestimmtes bekannt ist. Eine sagenhafte Ueberlieferung verweist ihn nach Synthien, und darum verehren ihn die Russen als Nationalheiligen. Im deutschen Volkstum gilt der Andreastag als einer der wichtigsten Lostage.

Abends wird durch Bleigießen gewahrsagt; in manchen Landgegenden lassen die heiratslustigen Mädchen Nußschalen mit Lichtchen schwimmen und schließen daraus auf die nächste Hochzeit. Im Elsaß  wollen die Dorfschönen das Bild des künftigen Gatten abends im Wasserspiegel schauen. Anderwärts genügt es, einen halben Apfel unter das Kopfkissen zu legen, dann kommt alles Nähere in einem schönen Traume. Wahrscheinlich ist das Vorbild des Andreas der gütige, besonders das eheliche Glück  beschirmende Germanengott Freyr. Das gibt dem Andreasaberglauben immerhin einen poetischen Reiz. 


8. Dezember 1912


10. Dezember 1912

Der kupferne Sonntag brachte gestern zunächst das, was von ihm in erster Linie verlangt wird: Schönes Wetter. Das klare Frostwetter lockte zahlreiche Passanten auf die Straße und in den Hauptverkehrsstraßen herrschte teilweise eine große Fülle.  Ob der Ertrag die Geschäftswelt, die ihre Läden bis 7 Uhr abends offen hielt, befriedigte, kann ohne weiteres nicht gesagt werden, jedenfalls war die Kauflust lebhaft, denn man sah recht viele Leute, die ein und mehrere Pakete nach Hause trugen. Es geht nun auf den silbernen Sonntag zu, von dem man ein noch regeres Geschäft erhofft, die größten Hoffnungen werden jedoch auf den letzten Sonntag vor Weihnachten, den goldenen, gesetzt.


12. Dezember 1912

Zur Elektrizitätsversorgung der Stadt Guben        Wie wir erfahren, ist der unlängst in geheimer Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung durchberatene Vertrag zwischen der Stadt Guben und dem Märkischen Elektrizitäts-Werke, bezw. Der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (A.-E.-G.), Berlin, heute unterzeichnet worden. Damit ist eine für die weitere Entwicklung Gubens äußerst wichtige Angelegenheit zu einem – so hoffen wir - für unsere Stadt günstigen Abschluß gekommen.


15. Dezember 1912

Zur Elektrizitätsversorgung der Stadt Guben  Durch auswärtige Blätter geht die Nachricht, daß der Vertrag mit dem Märkischen Elektrizitätswerk wegen Versorgung der Stadt Guben mit Elektrizität auf vierzig Jahre abgeschlossen sei. Diese Meldung ist falsch. Der Vertrag läuft, wie wir gestern mitgeteilt haben, nur 35 Jahre.


17. Dezember 1912

Der orkanartige Sturm, der gestern  vormittag  einsetzte und während des ganzen Tages anhielt, hat an manchen Stellen erheblichen Schaden verursacht. Zunächst entführte der Wind so manche Kopfbedeckung. Dann rüttelte er gewaltig an den Weihnachtsmarktbuden und riß einige Pläne ab. In der Klosterstraße wurde eine Schaufensterscheibe eingedrückt, in der Lubststraße eine elektrische Straßenlaterne heruntergerissen und in anderen Stadtgegenden wurden verschiedene kleinere Schäden angerichtet. Im Schützenhauspark ist die alte 300jährige Eiche, die erst vor kurzem auf Veranlassung des Gartendirektors Stützvorrichtungen erhalten hat, etwa 1 Meter über der Erde umgebrochen; sie beschädigte im Fallen mehrere andere Bäume. Der Stamm zeigte weit vorgeschrittene Morsche, sodaß der Baum doch bald eingegangen wäre. Ein zweiter gesunder Baum wurde auf dem alten Friedhof entwurzelt. In verschiedenen Privatgärten richtete der Sturm ebenfalls mehr oder weniger Schaden an. Auch zahlreiche Dächer und Schornsteine, sowie Telegraphen- und Telephonleitungen wurden beschädigt.


18. Dezember 1912

Kerkwitz 16. Dez. (Blühender Kirschbaum) Im Garten des Gastwirts Paul Lehmann steht ein Sauer-Kirschbaum in Blüte und Blätterschmuck.


19. Dezember 1912

Das Weihnachtswetter im Sprichwort          Das Weihnachtsfest ist im Volksglauben mit einem so magischen Schimmer umgeben, daß es nur natürlich erscheint, wenn man ihm auch für die Gestaltung des Wetters eine wichtige Bedeutung zuschreibt. Da es überhaupt eine des zunehmenden Lichtes ist, so konstatiert man mit Genugtuung, daß nun wieder die Zeit der wachsenden Sonne beginnt. Das Fest der heiligen Lucia (18. Dezember) gilt im Volksmund für den kürzesten Tag: „Sankt Lucen, macht den Tag stutzen.“ Von St. Lucia bis Weihnachten nimmt der Tag nur „um einen Hahnenschritt“ zu. „An Weihnachten um einen Eselsprung, zu Neujahr um den Schritt eines Gerichtsdieners, und an den Königen wird man’s  gewahr“, sagen die Nordfranzosen. Ueberall behauptet man, daß Frost und Schnee vor Weihnachten nicht viel schaden können: „Bis Weihnachten kann Kälte wenig tun; aber nach Weihnachten verfolgt dich Kälte, Hunger und Schnee.“ Deshalb wünscht man sich weiße Weihnachten, weil dann schon das schlimmste der Winterzeit vorüber ist. Nichts Unerwünschteres kennt das Sprichwort als warme grüne Weihnachten: „Ist das Wetter um Weihnacht gelinde, dann dauert die Kälte bis ins Frühjahr hinein.“ „Winterts vor Weihnachten nicht, so winterts danach.“ Ostern bringt dann Kälte und Elend, wie das allbekannte Wort sagt: „Grüne Weihnachten, weiße Ostern.“ Unzählig sind die Varianten dieser Wetterregel: „Zu Weihnachten Sonne, zu Ostern Kohlen.“-   „ Zu Weihnachten beim Spiel, zu Ostern am Feuer.“-  „Weihnachten in der Sonne, Palmsonntag beim Feuerbrand.“- „Weihnachten im Klee, Ostern im Schnee.“- „ Wenn man zu Weihnachten die Mücken sieht, sieht man zu Ostern die Eisschollen, “ heißt’s in Frankreich. Die Serben warnen: „ An warmer Weihnacht und am Weihnachtsbrot des Freundes  (d.h. wenn man kein eigenes zu backen imstande ist darf man sich nicht freuen,“ und sie setzen hinzu: „Lieber Weihnacht mit der Pest, als mit dem Südwind.“  Auch feuchte Weihnachten sind sehr gefürchtet: „Ist’s  um Weihnachten feucht und naß, so gibt’s leere Speicher und Faß.“  Helles Weihnachtswetter gilt allenthalben als ein günstiges Vorzeichen für die Ernte des nächsten Jahres. „Ist die Christnacht hell und klar, folgt ein höchst gesegnetes Jahr.“ – „Weihnachten klar, gutes Weinjahr.“ – „ Lichte Metten, dunkle Heustädel“, heißt’s in Tirol, und ebenso anderwärts: „Helle Weihnacht, dunkle Scheuer, dunkle Weihnacht, helle Scheuer.“ Wenn die Christnacht sternenreich ist, legen die Hühner reichlich  und das junge Vieh gedeiht gut.  „Ist die Christnacht vor Mitternacht trübe, so gedeiht das vor der Christnacht geborene Vieh nicht; ist sie nach Mitternacht hell, gedeiht das nach dem Christtag geborene“ und umgekehrt. Dagegen soll Schnee in der Christnacht besonders gut für das Gedeihen des Hafers sein