Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1912

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2. Juli 1912

In der Stadtforst entwickelte sich seit Mitte der vergangenen Woche ein reges Leben, galt es doch die Blaubeeren, die alljährlich Tausende hinauslockt in den frischen grünen Wald, einzuheimsen. Leider sieht es damit in diesem Jahre traurig aus. Wo die Trockenheit des vorigen Jahres die alten Stengel nicht zum Eingehen gebracht hat, waren Beeren vorhanden; im allgemeinen ist der Ertrag aber nur ein sehr mäßiger. Beim Durchschreiten des Waldes gewahrt man mit Schrecken Millionen von Raupen, die im Nadelholz und auf den Eichen sitzen oder sich an ihrem Gespinnst auf den Boden herablassen, so daß man bald mit ihnen genaueste Bekanntschaft machen kann. Und erst das Blaubeerkraut: wo es nicht bereits abgefressen ist, sitzen an jedem Stengel einige der gefräßigen Tiere, die auch in allen Größen am Boden umherkriechen. Die ganze Stadtforst vom Schögelner Wege bis an die Chaussee nach Riemaschkleba ist mehr oder weniger von der Raupenplage heimgesucht; wenn auch die Schlupfwespe bereits eifrig am Werke ist, ihre Schuldigkeit zu tun, so ist doch das Ausbreitungsgebiet in diesem Jahre noch größer als im vorigen und das Ende der Kalamität kaum abzusehen.


4. Juli 1912

Aus Guben und Umgebung 

Vor Beginn der großen Schulferien, welche von den Kindern der Gubener Schulen der Hauptsache nach wohl draußen im Freien und besonders in dem Gubener Stadtwalde zugebracht werden, möge noch mal kurz auf die wichtigsten Verhaltungsmaßregeln hingewiesen werden, deren Beachtung im eigensten Interesse der Kinder selbst, sowie deren Eltern liegt.

1. Von der städtischen Forstverwaltung wird lebhaft darüber geklagt, daß die beerensuchenden Kinder allerlei bedenklichen Unfug treiben, u.a. die aufgeschichteten Holzstöße einreißen, um sich aus den Hölzern Hütten zu bauen usw. Das ist eine grobe Unsitte und kostet der Stadt jährlich viel Geld zur Wiederaufrichtung der eingerissenen Holzstöße. Wird dann mal so ein Uebeltäter erwischt, und Anzeige erstattet, so ist Holland in Not, und die bösen Förster sind schuld an der Bestrafung. Also keine Holzstöße einreißen!

2. Auf den Kulturen und in Schonungen dürfen Beeren nicht gesammelt werden, das Betreten derselben ist gesetzlich verboten und wird bestraft.

3. Von Jahr zu Jahr mehren sich die Fälle, daß die Beerensammler junge Rehkitze in hilflosem Zustande finden und aufnehmen, um sie, teils aus Unkenntnis, teils aus anderen Gründen mit sich zu nehmen. Wer dies tut, macht sich des Jagdvergehens schuldig und kann schwer bestraft werden. Die Jagd in der Stadtforst ist soeben erst für einen hohen Geldbetrag verpachtet, und der Pächter kann verlangen, daß seine Rechte geschützt werden. Außerdem ist so ein armes Tierlein fast regelmäßig verloren, da es die Gefangenschaft nicht erträgt. Es wird daher dringend geraten, diese Tierchen unbehelligt zu lassen, die alte Ricke (Mutter) läßt ihr Junges gewiß nicht im Stich.

4. Auf Beerenkarten dürfen eben nur Beeren und Pilze gesammelt werden und niemals Holz. Das Sammeln von Leseholz ist nur Mittwoch und Sonnabend auf Grund besonderer Karten gestattet. Und wieviel  Leseholz wird Sonntags aus dem Walde geschaff! Das ist ein Unrecht und führt zu Bestrafungen.

Das sind so die wichtigsten Punkte, welche in Erinnerung gebracht werden. Es wäre sehr zu wünschen, daß die Eltern und die Schule den Kindern, denen ihre goldene Freiheit gern gegönnt wird, diese Verhaltensmaßregeln einschärfen. Wenn dann noch Jung und Alt dafür sorgen, daß auch im Walde etwas Ordnung aufrecht erhalten wird, daß keine abschreckend wirkenden Papierreste umher liegen bleiben, daß kein übermäßiger Radau gemacht wird, der Hirsche und Rehe flüchtig macht und daß auf keinen Fall geraucht oder sonstwie Feuer im Walde angezündet wird, so sind sie willkommene Gäste und werden im Walde gern gesehen werden.


7. Juli 1912


10. Juli 1912


12. Juli 1912

Kapitalschweine  Kürzlich wurden im städtischen Schlachthofe aus der hiesigen Schweinemästerei durch den Fleischermeister Raschack zwei Schweine geschlachtet, die in einem Alter von nur 12 Monaten das stattliche Lebendgewicht  von 1000 Pfund hatten und ausgeschlachtet noch 850 Pfund wogen. – Eine gewiß seltene Leistung in der Schweinemast, wenn man bedenkt, daß, wie kürzlich gemeldet, die beiden im Spreewalde gemästeten schweren Schweine 2 Jahre alt waren und 1250 Pfund lebend wogen.


13. Juli 1912

Schau- und Rundflüge Guben- Cottbus- Forst Die bereits seit langer Zeit beabsichtigten Schau- und Rundflüge in Guben sollen nun bestimmt am 20. und 21. d. M. veranstaltet werden. Als Startplatz ist die große Wiese vor dem Restaurant Schulz in der Sprucke ausersehen. Die Garantiesumme von 3000 Mark dürfte aller Voraussicht nach wieder zusammenkommen. Die Grade’schen Flugzeugwerke in Bork unternehmen die Flüge , die von 3-5 Piloten ausgeführt werden. Da aber auch aus Forst  und Cottbus Flieger ankommen, dürfte ein interessantes Luftschauspiel geboten werden. Die Flüge werden am Sonnabend, den 20. Juli, morgens zwischen 5 1/2-8 Uhr abends und am Sonntag, den 21. Juli, morgens zwischen 5-7 Uhr und nachmittags zwischen 5-8 stattfinden.

Ein seltsamer Baum steht im Restaurationsgarten von Engelmanns Berg: eine große Linde, die laut Gedenktafel 1823 mit der Krone in die Erde gepflanzt wurde. Kronenbildung und Wachstum dieses Baumes sind recht merkwürdig und lassen unschwer auf eine Naturwidrigkeit schließen. Die erste Etage der Krone breitet sich quirlförmig  und ziemlich wagerecht abgehend um den Stamm herum aus; sie hat durchweg verhältnismäßig dünne Aeste. In erheblichem Abstande folgt ein zweiter Quirl von stärkeren Aesten, der mehr aufwärts strebt.


17. Juli 1912

Schau- und Rundflug in Guben Heute sind zwei Herren von den Hans Grade-Werken in Bork eingetroffen, die im Centralhotel abgestiegen sind, wo auch evtl. Auskünfte erteilt werden. Wie uns mitgeteilt wird, starten am Sonnabend vier Flieger, die nur Auf- und Abstiege sowie Schauflüge vorführen. Es erscheinen auf dem Flugplatz der Flieger Schauenburg auf einem Wright-Doppeldecker, der Flieger Fischer auf einer Rumplertaube ( mit einem Apparat aus derselben Fabrik gewann bekanntlich der Flieger Hirth den Fernflug Berlin-Wien), der Flieger Falderbaum auf  einer Grade-Tourenmaschine und der Flieger Pentz auf einer Grade-Rennmaschine.

Am Sonntag früh finden wieder Schauflüge statt, an die sich ein Abflug des Rumpler und eines Grade-Apparates nach Forst anschließt. In Forst wird gelandet und wieder aufgestiegen zum Weiterflug nach Cottbus. Am Sonntagnachmittag zwischen 5-8 Uhr Schauflüge der beiden zurückgebliebenen Apparate und Weiterfahrt nach Forst. In Forst wird gelandet und unter Anschluß des dort stationierten Fliegers Wirtz mit einem Grade-Eindecker der Flug nach Cottbus fortgesetzt. Es werden auch Passagierfahrten  ausgeführt, und zwar kosten zwei Runden um den Flugplatz 50 M, der Ueberlandflug bis Forst 100 M und der ganze Flug Guben-Forst-Cottbus 200 M. Ueber diese gibt die Flugleitung den Interessenten gern weitere Auskunft. Nachdem die Flugveranstaltung eine feste Gestalt angenommen hat, bringt man ihr in der ganzen Einwohnerschaft großes Interesse entgegen.


28. Juli 1912


30. Juli 1912

Hitze und Gewitter  Der gestrige Sonntag dürfte für Guben der heißeste des ganzen Sommers gewesen sein. Die Hitze, die schon in den frühen Morgenstunden einsetzte, steigerte sich in den Nachmittagsstunden bis zur Unerträglichkeit. Das Thermometer zeigte 36 Grad im Schatten. Selbst die Abendstunden brachten nicht die gewohnte Abkühlung, und ein kurzes Gewitter, das gegen 10 Uhr abends in der Ferne niederging, vermochte die drückende Schwüle nicht zu beheben. Ueber Hitzschläge  und sonstige Unfälle verlautet hier nichts, dagegen forderte die Hitze in Berlin zahlreiche Opfer. Im Norden, namentlich in Hamburg und Lübeck, gingen schwere Hagelwetter nieder, die großen Schaden anrichteten. Wir verweisen auf den Artikel Gewitter, Blitz- und Hagelschläge. Gegen morgen brachten die in der Umgegend niedergegangenen Gewitter etwas Abkühlung. Unter Gewittererscheinungen fing es heute vormittag gegen 9 Uhr seit wochenlanger Dürre auch in Guben an zu regnen. Alles atmete auf. Leider hielt der Regen nur kurze Zeit an. Es muß noch viel mehr regnen, wenn das Land, insbesondere die Hackfrüchte, davon profitieren sollen.