Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1912

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1. November 1912

Gerichtssaal   Strafkammer  Guben, 29.Okt.   Der Arbeiter Willy B. , 1893 geboren und vorbestraft, ist wegen Widerstandes zu 14 Tagen  Gefängnis und wegen groben Unfuges zu 4 Tagen Haft, der 1889 geborene Hutarbeiter Max M. aus Guben wegen versuchter Gefangenenbefreiung zu 3 Tagen Gefängnis vom hiesigen Schöffengericht verurteilt worden. Beide haben Berufung eingelegt, sie bestreiten ihre Schuld. Am 4. Juni abends während einer Vorstellung in der Arena auf dem Lubstplatz hat B. eine trockene Birke am Boden herumgeschleppt und durch den aufgewirbelten Staub das Publikum belästigt; als er dies auf Aufforderung nicht unterließ, wurde er verhaftet. M. suchte ihn zu befreien. Der Verteidiger tritt für Freisprechung des M. ein, dessen Schuld nicht sicher erwiesen sei. Die Berufungen werden verworfen, die des M. mit der Maßgabe, daß er wegen Beihilfe zur Gefangenenbefreiung zu 20 M Geldstrafe verurteilt wird.

Vom hiesigen Schöffengericht ist die Arbeiterfrau Marta B. aus Guben wegen gefährlicher Körperverletzung zu 20 M Geldstrafe oder 5 Tagen Gefängnis verurteilt worden. Sie wohnte mit der Frau N. in der Canigerstraße zusammen auf einem Flur und geriet mit ihr am 15. Juni in Streit, der in Tätlichkeiten ausartete und von beiden mit Schrubbern ausgefochten wurde. Die Angeklagte hat Berufung eingelegt, will von Frau N. gereizt und zuerst geschlagen worden sein. Nach Vernehmung von 12 Zeugen wird die Berufung verworfen.


2. November 1912

Einen Seeadler erlegt  Der Königl. Förster Ludwig aus Rampitz  schoß am  Neiskersee einen prächtigen Seeadler von 2,80 Mtr. Flügelspannung und 9 Pfund Gewicht. Es ist dies seit 16 Jahren das erste Mal wieder, daß ein Seeadler in unserer Gegend erlegt wurde.


7. November 1912

Unangenehme Folgen dürfte für einen Herrn aus Berlin nachfolgender Vorfall haben. Der den besseren Kreisen angehörende Herr ging gestern  mittag nach 1 Uhr über die Neißebrücke auf der linken Seite. Der auf der Brücke stehende Polizeisergeant forderte ihn wiederholt auf, rechts zu gehen, welcher Aufforderung der Herr nicht nachkam. Als der Beamte nach dem Namen fragte, verweigerte der Herr die Angabe mit den Worten: “Belästigen Sie mich nicht; kommt man hier nach solchem Nest und wird auf der Straße belästigt.“ Mit Hilfe einer Zivilperson brachte der Beamte den Widerstand Leistenden nach der Wache, wo der Name festgestellt wurde. Es handelt sich um einen Herrn, der zu einem Prozeß als Sachverständiger geladen war.


8. November 1912


10. November 1912


12. November 1912

Ballonlandung   Am Sonntag nachmittag gegen 5 Uhr ging unweit des Dorfes Lübbinchen, am Pinnower See, der Freiballon „Wettin“ nieder, der anläßlich des Ballonwettfliegens in Leipzig, unter Führung des Fahrwarts Adolf Gäbler mit drei Passagieren aufgestiegen war. Die vier Insassen fanden bei Herrn von Köppen auf dem Rittergute Lübbinchen freundliche Aufnahme und traten abends von Guben aus die Rückreise nach Leipzig mit der Bahn an.


14. November 1912

Die Umgestaltung der Schreiberschen Wiesen nach den Plänen des Gartendirektors Brodersen (Berlin) wird zurzeit ausgeführt. Eine drei Meter breite Promenade vom Lubstufer an der Kirschmarktseite die steile Berglehne nach Friedrichshöhe hinauf ist bereits fertig und bietet einen verhältnismäßig bequemen Aufstieg zu den Lubstbergen. Am Fuße des Abhangs ist schon ein Stück der sechs Meter hohen Böschungsmauer hergestellt, die das acht Ar große Zuschauerplateau stützen soll. Vor ihm erhalten durch Einebnung und Planierung die Spiel- und Sportplätze ihren Platz, deren Verbindung mit dem Ammenplatze und dem Kastaniengraben am jenseitigen Lubstufer durch eine einfache Fußgängerbrücke erreicht wird.


15. November 1912

An der neuen Lubstbrücke  im Zuge der Lubststraße ist seit einigen Tagen der Bauzaun gefallen. Wer die Brücke indessen passiert, tut es auf eigene Gefahr. Offiziell ist der Verkehr über die Brücke noch nicht freigegeben.


24. November 1912

Ein Lied an die Lubst  In diesen Tagen wird die neue Lubstbrücke dem Verkehr übergeben. Das lenkt unsere Aufmerksamkeit einmal wieder auf das stille Flüßchen, das Gubens östliche Stadtteile belebt und dessen Ufer durchaus nicht arm an landschaftlichen Reizen sind. Vor Jahrhunderten mögen seine Fluten freilich  noch klarer und seine Umgebungen noch idyllischer gewesen sein. Damals hat die Lubst auch ihren Dichter gefunden in dem Gubener Bürgermeister Johann Franck, dem berühmten Kirchenliederdichter, an den das Denkmal an der Südseite unserer Kirche erinnert. Sein Lied „An die Lubst“- erschienen in den Teutschen Gedichten, Guben 1674 – artet im einseitigen Streben jener Zeit nach Kunstvollendung in spielende Künstelei aus, verwendet alle fünf Vokale zum Preise der Lubst und lautet folgendermaßen: Du Lubest labest uns mit deinen klaren Bächen und bunter Auen Zier, drum dürft‘ ich fast hier sprechen, daß man dich Lubest nennt, weil du so lustig bist und diesen lustig machst, der deinen Strand begrüßt.

Du Lubest lebest gar und liebest unsre Gründe, und tränkst und küssest sie und rauschest sanft und linde. Wozu soll ich denn erst dich loben durch ein Lied? Du Lubest, lobst dich selbst, auch lobt dich, wer dich sieht.

Drum weil, so wie man spricht in klar und wahren Sachen, es nicht von nöten ist , viel Worte her zu machen, so sag‘ ich’s in der Summ‘ und sag‘ es öffentlich: Du labest, lebest, liebst und lobest, Lubst , dich.