Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1913

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2. April 1913

Die 5 Millionen-Anleihe der Stadt Guben. 

Wie schon gestern kurz mitgeteilt wurde, liegt der auf Freitag, den 4. d. M., einberufenen Stadtverordneten- Versammlung der Antrag des Magistrats vor, sich damit einverstanden zu erklären, daß zur Deckung des in den nächsten Jahren hervortretenden außergewöhnlichen städtischen Finanzbedarfs eine neue Anleihe  in einer Gesamthöhe von 5 Millionen Mark begründet wird, wovon a) 1 300 000 M für den bereits vollzogenen Ankauf der  Seydell’schen Mühlen; b) 600 000 M für den Neubau eines städtischen Verwaltungsgebäudes; c) 1 000 000 M für Straßenpflasterungen; d) 600 000 M für Grunderwerb und Grundstücksbeleihungen; e) 500 000 M  für Schulbauten; f) 200 000 M für die Weiterführung der städtischen Entwässerung; g) 150 000 M für die Ausgestaltung der städtischen Friedhöfe; h) 100 000 M für die Anlegung  eines neuen Viehmarktes; i) 100 000 M für die Erweiterung der Gasanstalt; k) 200 000 M für den Neubau der großen Neißebrücke; l) 50 000 M für den Umbau des Neißewehres; m) 100 000 M für die Aufwendungen der Stadt bei Durchführung der Eisenbahn-Bauprojekte; n) 85 000 M für die Erweiterung des  Armenhauses;  o)    15 000 M für die Errichtung eines Steigerturmes der Feuerwehr; zusammen 5 000 000 M Verwendung finden sollen.


3. April 1913


8. April 1913

Abschiedsfeier 

In der üblichen Weise hatte das Lehrer-Kollegium  am 5. d. M.  eine Abschiedsfeier für den  aus seinem Amte  geschiedenen  Herrn Prof. Dr. Jentsch veranstaltet. Die Feier fand im engsten Kreise der Amtsgenossen statt, auch waren dazu einige Herrn Prof. Jentsch nahestehende Herren aus anderen Kreisen und Vertreter des Patronats erschienen. In seinem Trinkspruche schilderte Herr Geheimrat Dr. Hamdorff zunächst in launiger Weise den lateinischen Unterricht des scheidenden Amtsgenossen und gedachte dann der Bande langjähriger Freundschaft, die seine und andere Familien mit der des Herrn Prof. Jentsch verknüpften. Geheimrat Dr. Hamdorff  hob namentlich hervor, wie der Scheidende stets ein freundlicher und gefälliger Kollege gewesen, weswegen auch das gesamte Lehrerkollegium ihm zu Ehren erschienen wäre. Der Trinkspruch klang aus in ein Hoch auf die Familie Jentsch. Hieran schloß sich eine Ansprache des Herrn Ersten Bürgermeisters, der Herrn Prof. Dr. Jentsch in seiner Eigenschaft als Museums-Direktor, als „neuen städtischen Beamten“ begrüßte und seiner Freude darüber Ausdruck gab, daß die große Kraft, die Herrn Prof. Jentsch noch immer innewohnt, nunmehr dem neuen Museum ganz  zugute käme. Er bat ihn aber auch, recht genaue Berichte zu erstatten, damit nicht der Bürgermeister wieder einhelligem  Widerspruch begegne, wenn er behaupte, der Meilenstein auf dem ominösen Dreieck stände auf  althistorischer Stelle. (!) – Zum Schluß dankte Herr Prof. Jentsch allen Erschienenen und hob auch seinerseits hervor, wie man vom Anbeginn seiner Tätigkeit an ihm hier in Guben freundlich entgegengekommen wäre und wie leicht es ihm geworden wäre, sich hier einzuleben und Wurzel fassen.  Sein Hoch galt schließlich der Anstalt, der er 44 Jahre angehört habe und deren Gedeihen auch ihm immer am Herzen gelegen habe.  


16. April 1913

Hohe Paten.  Nachdem der Kaiser bei dem am 18. Dezember 1909 geborenen siebenten Sohne des Arbeiters Albert Bramburger und seiner Ehefrau  Hedwig geb. Dietrich hier bereits Patenstelle übernommen und den Eltern zur Taufe des Knaben ein allerhöchstes Gnadengeschenk hat zugehen lassen, hat nunmehr der Kronprinz bei dem am 26. Febr. d. J. geborenen achten Sohne der genannten Eheleute sich als Pate in das Kirchenbuch eintragen und den Eltern gleichfalls ein namhaftes Patengeschenk auszahlen lassen.

Die Berliner Frauenwelt hat ihren Kummer.

Von einer Gubenerin wird uns aus Berlin geschrieben. Heute, am 15. April, ist die Polizei-Verordnung in Kraft getreten, welche das Tragen von hervorstehenden Hutnadeln mit Geldstrafen bis zu 60 M resp. entsprechender Haft ahndet. Außerdem klagen die Frauen, daß sie keine Staubtücher usw. mehr zum Fenster hinaus schütteln und keine Wäsche mehr auf den Balkon legen dürfen. Bei Nichtbeachtung  gibt‘s  ebenfalls Polizeistrafe. Und gehen sie mit dem Wolly, Dackel oder Hektor einmal aus, so werden sie wieder aufgeschrieben, wenn sie die Leine nicht fest in der Hand halten. Es braucht sich also niemand mehr nach der Spree zu sehnen, es sei denn, daß er sich im Polizei-Strafregister verewigt zu sehen wünscht.


22. April 1913

Am gestrigen Baumblütensonntag herrschte eine unbeständige Witterung. Nur kurze Zeit brach die Sonne  durch die grauen Regenwolken hindurch und erwärmte die Erde mit ihren warmen Strahlen. Im übrigen zeigte der Himmel ein unfreundliches Gesicht und öffnete von Zeit zu Zeit seine Schleusen. Der Frost in der Zeit des ersten Blütenansatzes hat den Blüten in ihrer Entwicklung bösen Schaden zugefügt. Von den Aussichtspunkten  sieht man deutlich die charakteristischen Frostmerkmale an den Obstbäumen.  In geschützteren Gegenden jedoch scheinen die kalten Tage weniger Schaden angerichtet zu haben, denn dort sah man gestern die Bäume in ihrem herrlichsten Blütenschmuck prangen. Im allgemeinen dürfte eine einheitliche Blüte, wie wir schon so oft Gelegenheit hatten sie zu bewundern, in diesem Jahre nicht mehr zu erwarten sein. Spillings- und Aprikosenblüten sind teils erfroren, teils bereits abgeblüht, für die Kirsche war wohl gestern der Höhepunkt der Blüteentfaltung erreicht; die Apfelblüte dürfte bei einigermaßen warmen Wetter in dieser Woche zur Geltung kommen. Der Zuzug von Fremden war gestern gering. Die Wirte der Berglokale, die auf zahlreichen Besuch eingerichtet waren, kamen nicht auf ihre Rechnung. Wenn nicht noch in dieser Woche und nächsten Sonntag etwas wettgemacht wird, kann in diesem Jahre von einem Baumblütengeschäft keine Rede sein.


24. April 1913


25. April 1913

Die Baumblüte hat sich unter dem Einfluß des warmen Regens und des prächtigen Sonnenscheins  nunmehr recht günstig entfaltet. In prächtigen Farben schillert die Blütenherrlichkeit  in den hellen Sonnenstrahlen, sodaß  man auch in diesem Jahre , obwohl nach dem Frost der Gesamteindruck etwas gelitten hat, sich noch an dem Anblick dieser reizvollen Naturschönheit ergötzen kann. Namentlich, wo die Bäume in größeren Gruppen und in geschützterer Lage stehen, sieht man kaum die Spuren des zerstörenden Aprilwetters. Wenn sich der bevorstehende Wonnemonat Mai ebenso hält, wie es jetzt  seine Vorboten  verheißen, wird er von den Menschen, bei denen er sich bekanntlich besonderer Beliebtheit erfreut, mit Freuden begrüßt werden. Es ist zu hoffen, daß, falls das Wetter günstig bleibt, nun am kommenden Sonntag noch mit einem größeren Fremdenverkehr gerechnet werden kann, denn verschiedene Gesellschaften haben ihr Kommen bereits in Aussicht gestellt, u.a. der Niederlausitzer Automobilklub, der schon im Sommer 1911 auf seiner Gesellschaftsfahrt nach Crossen bei seiner Durchfahrt durch unsere Stadt die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat.


30. April 1913

Errichtung eines Säuglingsheims   

Auf der Tagesordnung der nächsten Stadtverordneten-Versammlung steht, wie schon kurz vorgemerkt wurde, u. a. auch der Punkt „Annahme von Zuwendungen“. Es handelt sich um die Zuwendungen der Berlin-Gubener Hutfabrik Akt.- Ges. vorm. A. Cohn und des Direktors  der Firma, Herrn Stadtrats Herm. Lewin, im Betrage von je 25 000 M. Am 17. April d. J. konnte bekanntlich die Berlin-Gubener Hutfabrik Akt.-Ges. vorm. A. Cohn das Jubiläum ihres 25jährigen Bestehens feiern. Bei diesem Anlaß hat der Vorstand der Firma in Ausführung eines General-Versammlungs- und Aufsichtsrats-Beschlusses der Gesellschaft vom 29. März 1913  einen Betrag von 25 000 M zur Errichtung eines Säuglingsheims der Stadtgemeinde Guben mit der Maßgabe zur Verfügung gestellt, daß die Firma das Kapital noch 2 Jahre behält und es bis dahin vom 30. April d. J. ab der Stadt mit 8 % verzinst. Am 1. Mai 1915 wird alsdann das Kapital von der Stadt übernommen. Das Säuglingsfürsorgeheimgehört zu den Wohlfahrtseinrichtungen, deren Gründung anläßlich des Regierungsjubiläums Sr. Majestät des Kaisers und Königs geplant ist. Die Verwirklichung des Projekts ist dadurch sicher gestellt, daß auch Herr Stadtrat Lewin hierfür anläßlich seines 25jährigen Jubiläums als Direktor der vorbezeichneten Aktiengesellschaft der Stadt eine dankenswerte Zuwendung von 25 000 M gemacht hat, sodaß also 50 000 M. zur Verfügung stehen. Die Ausführung des Projekts ist bereits mehrfach Gegenstand der Beratung der verstärkten Wohlfahrtsdeputation gewesen. Nähere Bestimmungen über die Errichtung werden nach Einholung der für die Annahme der Schenkung erforderlichen landesherrlichen Genehmigung getroffen.