Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1913

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4. Februar 1913

Ein festlicher Tag  ist der 4. Februar für unsere Stadt. Wird doch an diesem Tage das neue Stadtmuseum in Anwesenheit des Herrn Regierungspräsidenten von Schwerin, des Ehrenbürgers unserer Stadt Sr. Durchlaucht Prinz zu Schoenaich-Carolath, des Herrn Landesdirektors der Provinz Brandenburg und noch vieler anderer hoher Herren und Vertreter angesehener Fachgesellschaften der Provinz Brandenburg und der Lausitz feierlich eingeweiht. Wehende Flaggen und freundliche Grüße werden allen Ehrengästen  bekunden, daß sie in Guben, der alten Hauptstadt der Niederlausitz, herzlich willkommen sind. Viele Jahre haben die wertvollen Sammlungen in unzugänglichen Räumen ein wenig beachtetes Dasein gefristet, bis die Stadt durch die Munifizenz eines hochgeachteten Mitbürgers in die Lage versetzt wurde, ein in edlen Formen gehaltenes eigenes Museums-Gebäude zu errichten, in dem, dank der weisen Raumausnutzung und der übersichtlichen Anordnung der Inneneinrichtung, die mit emsigem Fleiß und großer Sachkunde angehäuften Sammlungen so zur Geltung kommen, wie sie es verdienen.

Praktikantenkrankenhäuser

Dem hiesigen Städtischen Krankenhaus und dem Naemi Wilkestift ist wiederum die Ermächtigung zur Annahme je eines Praktikanten erteilt worden. Im Städtischen Krankenhause beträgt die Zahl der nichtärztlichen Pflegepersonen 9 und die Zahl der Betten 106, im Naemi Wilkestift 10 und 80.

Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge Von dem Herrn Regierungspräsidenten zu Frankfurt a. O. ist auf Widerruf für den Regierungsbezirk vom 1. März d. Js. Ab die Höchstgeschwindigkeit der Kraftwagen ( mit Ausnahme solcher von mehr als 55 Tonnen Gesamtgewicht ) innerhalb geschlossener Ortsteile auf 25 km in der Stunde festgesetzt worden. Durch diese Festsetzung werden die Eigentümer und Führer nicht von der ihnen gesetzlich obliegenden Pflicht entbunden, nach wie vor die Fahrgeschwindigkeit überall da entsprechend herabzumindern, wo der Verkehr ein vorsichtiges Fahren erfordert.


7. Februar 1913

§ Straßenbaukostenprozeß vor dem Oberverwaltungsgericht Nachdem vor ungefähr drei Jahren auf Beschluß der Stadtverordnetenversammlung hin der Kastaniengraben ausgebaut und gepflastert worden war, belastete der Magistrat die Anlieger mit den Straßenbaukosten. Die Besitzer der am vorderen Teile des Kastaniengrabens (vom Schiffchen bis zum Ammenplatz) gelegenen Grundstücke erhoben hiergegen Widerspruch. Nach dessen Abweisung strengte ein Anlieger, gleichzeitig im Interesse der übrigen in Betracht kommenden und zu den Kosten herangezogenen Anlieger, ein Verwaltungsstreitverfahren gegen den Magistrat der Stadtgemeinde Guben an. Der Bezirksauschuß zu Frankfurt a.O. hat nun in seiner Sitzung vom 19. Juni 1912 entschieden: „Der Einspruchsbescheid des Beklagten (also des Magistrats) und die ihm zu Grunde liegende Heranziehungsverfügung wird aufgehoben, der Kläger wird von den von ihm eingeforderten Straßenpflasterungskosten freigestellt. Der Beklagte hat die Kosten zu tragen.“ – Gegen diese Entscheidung legte der Magistrat Berufung an das Oberverwaltungsgericht ein, das sich heute mit der Sache befaßte. Nach einem uns soeben aus Berlin zugegangenen Privat-Telegramm hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Bezirksausschusses wegen Rechtsirrtums aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Der Verein für Feuerbestattung Guben und Umgegend hielt am Montag abend seine Hauptversammlung ab, die eine rege Teilnahme von Mitgliedern und Freunden des Feuerbestattungsgedankens zeigte. Der Vorsitzende, Herr Sanitätsrat Dr. Hörning, begrüßte die Versammlung und erstattete den Jahresbericht. Der Berichterstatter ging zunächst noch einmal auf die Entstehung und Gründung des Vereins ein, die mit 39 Mitgliedern am 12. Juni 1912 erfolgte. Der Vorstand begann hierauf eine rege Tätigkeit. Zunächst galt es, die Satzungen des Vereins auszuarbeiten und dann die Mitgliederzahl zu heben und das Ansehen des Vereins auch nach außen hin  zu fördern. In der Hauptversammlung am 9. September 1912 wurden die Satzungen einstimmig angenommen. Am 26. September 1912 trat der Verein zum ersten Male an die breite Oeffentlichkeit durch einen Vortrag über Feuerbestattung, den Herr Bürodirektor Pauly vom Berliner Verein für Feuerbestattung unter Vorführung eines Krematorium-Modells im Schützenhause hielt. Dieser Vortrag bedeutete für unseren Verein, wie auch für den Gedanken der Feuerbestattung im allgemeinen, einen großen Erfolg. Der große Saal des Schützenhauses war von Damen und Herren bis auf den letzten Platz besetzt. Das Ergebnis des Vortrages war, daß sich sofort 15 neue Mitglieder zum Eintritt in den Verein meldeten. Auch in der Folgezeit erwarben immer mehr Damen und Herren die Mitgliedschaft des Vereins, der nunmehr im raschen Aufblühen steht. Heute zählt der Verein 85 Mitglieder.

Noch eine wichtige Angelegenheit harrt der Erledigung. Das ist die Frage der Errichtung eines Krematoriums in Guben. Der Vorstand läßt jedoch dieses auch in den Satzungen angeführte Ziel nicht aus dem Auge, vielmehr arbeitet er an einer Verwirklichung stetig weiter.


8. Februar 1913

Der evangelische Oberkirchenrat hat in sehr billigenswerter Weise an die königlichen Konsistorien eine Verfügung erlassen, durch welche die Härten ausgeschieden werden sollen, die sich aus dem Bekanntwerden der unehelichen  Geburt eines Kindes ergeben können. In seinem Auftrage ermächtigen gegenwärtig die königlichen Konsistorien die kirchenbuchführenden Geistlichen, in denjenigen Fällen, in denen das betreffende Kind 1. ehelich ist, 2. durch nachfolgende Ehe legitimiert ist und 3. von einem Ehepaar als gemeinschaftliches Kind angenommen ist, wozu auch Adoptiveltern zu rechnen sind, auf Antrag der Beteiligten anstelle des bisher üblichen vollständigen Auszuges aus dem Taufregister einen abgekürzten Auszug zu erteilen. Dieser hat sich nur auf folgende 4 Punkte zu beschränken: Name und Stand des Vaters resp. Des Adoptivvaters, Name und Stand der Mutter resp. der Adoptivmutter, Ort und Zeit der Geburt und Tag der Taufe. Der Vermerk ob ehelich oder unehelich hat also in Zukunft fortzubleiben.


9. Februar 1913

Stadtverordneten-Versammlung Nach Eröffnung der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten durch den Vorsteher, Geh. Reg.-Rat Dr. Hamdorff, wurde sofort in die Tagesordnung eingetreten. Der 1. Punkt betraf Nachbewilligung von 50 M zum Krankenhauskassen-Etat für 1912. Stadtv. Justizrat Koch begründete die Vorlage. Danach handelt es sich um die Anstellung eines Assistenz-Arztes im städtischen Krankenhause. Für den bisher ausgeworfenen Betrag von 1800 M. jährlich war kein Assistenzarzt zu bekommen, weshalb die Verwaltung sich mit einem Medizinalpraktikanten begnügte. Nunmehr beabsichtigt aber der Kultusminister das städt. Krankenhaus aus dem Verzeichnis der zur Annahme von Medizinalpraktikanten ermächtigten Krankenhäuser zu streichen, wenn nicht baldigst die Anstellung eines Assistenzarztes erfolgt. Der Magistrat hat daher die Remuneration auf 2100 M. erhöht und zum 1. Febr. D. Js. Einen Assistenzarzt angestellt. Die hierfür für die Monate Februar und März nachzubewilligenden 50 M. wurden genehmigt.


11. Februar 1913


14. Februar 1913

Dem Stadtmuseum wird demnächst von Herrn Fleischermeister Max Hefter ein Schriftstück aus dem Jahre 1776 überwiesen werden, das eine Aufzeichnung über das große Hochwasser enthält, von dem das Werdertor und die Werdervorstadt am 10. Februar 1776 heimgesucht wurde und wobei viele Ställe und Gebäude dem Element zum Opfer fielen. – Gleichzeitig enthält das Schriftstück  auch einen Entwurf zu einem Testament. Im übrigen ist das alte Dokument auch graphologisch recht interessant.


16. Februar 1913

Die Hinterbliebenen der Teilnehmer der Scottschen Südpolexpedition, die im ewigen Eise ein so tragisches Ende gefunden haben, sollen vom englischen Staate versorgt werden; außerdem haben die privaten Sammlungen bereits mehrere hunderttausend Mark ergeben. In London will man Scott und seinen Begleitern ein Nationaldenkmal errichten. Am Freitag fand in London ein Trauergottesdienst statt, dem außer dem König Georg auch Lord Churchill und der Kriegsminister beiwohnte.


20. Februar 1913


23. Februar 1913

Stadtverordneten-Versammlung  Bezüglich der Annahme einer Schenkung beantragt der Magistrat, die Zuwendung des Herrn Fabrikbesitzer Max Wilke von hier, der das Haus Bahnhofstraße 35 mit dem dazugehörenden Garten und einer Summe von zehntausend Mark für die bauliche Herrichtung des Gebäudes der Stadtgemeinde zur Verwendung zu milden Zwecken als Geschenk angeboten hat, anzunehmen. Ueber die Verwendung der Schenkung sollen erst nach der landesherrlichen Genehmigung nähere Bestimmungen getroffen werden. Der Referent, Stadtv. Hoemann, bezeichnete die Schenkung als eine hocherfreuliche Betätigung des Bürgersinnes. Man möge deshalb die Schenkung unter dem Ausdruck großen Dankes annehmen.

Finanzlage Trotz großer Aufgaben, die der Stadt harren, können wir in finanzieller Hinsicht außer Sorge sein. Die Stadt verfügt über gute Finanzen und möchte auch heute nochmals des Mannes gedenken, der das Finanzwesen der Stadt in so mustergültiger Weise ausgebaut hat: des verstorbenen Oberbürgermeisters Bollmann. Ihm verdanken wir ein gut ausgebildetes Fondssystem. Die verschiedenen Fonds, über die wir verfügen, setzen uns in die Lage, ohne Erschütterung der städtischen Finanzen auch außerordentliche Aufgaben in die Hand zu nehmen. Im abgelaufenen Verwaltungsjahre haben wir zwei neue Fonds geschaffen (einen Reservefonds für die Stadtforst und einen Fonds für die Elektrizitätsversorgung). Ein dritter Fonds, der Stadtverordneten- Dispositionsfonds, soll in den vorliegenden Etat neu eingestellt werden.  Die gesunde Finanzlage der Stadt hat es ermöglicht, daß im abgelaufenen Verwaltungsjahre 87000 M. außergewöhnliche Ausgaben bewilligt werden konnten, darunter 2500 M für die Drucklegung  des Bürgerbuches, 8500 M für größere bauliche Ausführungen im Schützenhause, 15000 M für die gärtnerische Ausgestaltung der Schreiberschen Wiese, 4500 M als Patronatsbeitrag zur Beschaffung einer neuen Orgel für die Klosterkirche, 12000 M für Kultur- und Erneuerungsarbeiten in der Stadtforst usw. . Trotzdem verbleibt noch ein erheblicher Ueberschuß.


26. Februar 1913