Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1916

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5. Mai 1916

Eine Mahnung! Das lange Stehen vor den Fleisch- und Butterläden hat Auswüchse gezeitigt, die sich deutsche Frauen,, deren Männer und Söhne im Felde stehen und für die Existenz des Vaterlandes und damit für die Erhaltung der Familien, für freie Entfaltung deutschen Fleißes und deutschen Könnens kämpfen, nicht schuldig machen sollten. Ueber den Weiberklatsch hat schon manches scharfe Wort gesprochen werden müssen. Angesichts der ernsten Zeit, in der sich das Vaterland befindet, läge es im Interesse der ganzen Bürgerschaft, wenn die Vernunft die Oberhand behielte und jeder Klatsch, der darauf gerichtet ist, die Mitmenschen zu schädigen, ihren Ruf zu untergraben und ihr Ansehen herabzuwürdigen,  unterbliebe. Eine Quelle dieses Klatsches sind die Ansammlungen vor den Fleischer - und sonstigen Lebensmittelläden. Obwohl bekannt ist, daß der Laden erst zu einer bestimmten Stunde geöffnet wird, stehen die Frauen schon mehrere Stunden vor Eröffnung dort und lassen nun ihrem Zungenschlag freien Lauf. Was für ein ungereimtes und unüberlegtes, ja mitunter gehässiges Geschwätz bekommt man da zu hören! Hierbei sollte wirklich etwas mehr Selbstzucht geübt und die Zunge im Zaume gehalten werden. Sind nun die lieben Mitmenschen genügend durchgehächelt, dann wird Umschau unter den Versammelten gehalten, ob auch nicht etwa eine Person darunter ist, die nicht in den allgemeinen Chorus mit eingestimmt hat, oder gar eine Frau, die - einen Hut trägt. Wehe ihr! Sie wird so lange mit unflätigen Redensarten belästigt, bis sie es vorzieht, auf den Einkauf zu verzichten und sich diesen  Anwürfen zu entziehen.

Zu diesem Verhalten eines Teiles der Gubener Frauen darf nicht länger geschwiegen werden. Es ist ganz gewiß bitter zu beklagen, daß wir in Verhältnisse hineingeraten sind, die unsern Frauen die Sorgen für die Ernährung der Familien vergrößern, ja die Sorgen sogar bis zur Not steigern. Glauben aber die schimpfenden Frauen, daß ihre Mitschwestern, die nachgerade lieber zu zuhause bleiben, um sich nicht beschimpfen zu lassen, weil sie vielleicht scheinbar besser dastehen, nicht von denselben Sorgen niedergedrückt werden? Die Zeiten sind für alle Schichten der Bevölkerung hinsichtlich der Ernährungsfrage gleich schwer. Es ist aber immer wieder darauf hinzuweisen, daß  gerade die Nichtkämpfer und auch unsere Frauen den Krieg gegen den Aushungerungsplan Englands führen sollten durch einmütiges und gemeinsames Durchhalten. Gegen unsere Frauen und Kinder richtet sich doch in erster Linie dieser ruch- und rücksichtslose Plan Englands, daher müssen Alle, namentlich aber die Frauen, die Gedanken klar und den Kopf kühl behalten. Mit Schimpfen, Klatsch und Verzweifeln ist nichts getan, Denken und Handeln, das ist für sie notwendig. Und jeder handelt am besten, wenn er darüber nachdenkt, wie er der schwierigen Lage am besten Herr wird.


10. Mai 1916

Polizei und Schaufensterschutz. Von einem Ladeninhaber in R. verlangte die Polizeibehörde die Anbringung starker metallener Schutzstangen an den großen Schaufensterscheiben. Die Polizei befürchtete bei Ansammlungen Schaulustiger oder beim Ausgleiten Vorübergehender das Eindrücken der Scheiben und eine Gefährdung von Menschen. Gegen das polizeiliche Verlangen erhob der Ladeninhaber Verwaltungsklage. Die behauptete Gefährdung sei nur eine angenommene, durch die Wirklichkeit nicht begründete. Selbst in den belebtesten Straßen der Großstädte finde man allerwärts fast bis zum Erdboden reichende Schaufenster ohne jegliche Schutzstange. Das Oberverwaltungsgericht erkannte auf Aufhebung der Verfügung. Zu einem polizeilichen Einschreiten berechtigte nicht schon jede blos denkbare, entfernte Möglichkeit einer Gefahr.


12. Mai 1916


13. Mai 1916


18. Mai 1916


20. Mai 1916


22. Mai 1916


24. Mai 1916


26. Mai 1916

Eine Reichsbuchwoche findet vom 28. Mai bis 3. Juni in ganz Deutschland statt. Unsere Truppen im Felde brauchen dringend gute Bücher und für die Millionenheere ist natürlich der Bedarf auch davon ein ungeheurer. Wer seine Gaben nicht aus dem häuslichen Büchervorrat entnehmen kann, kann schon für 20, 50 und 100 Pfennige vorzügliche Werke der verschiedensten Art kaufen. In den hiesigen Buchhandlungen sind reichlich billige und gute Werke vorhanden. Für die Auswahl der Bücher ist folgendes zu beachten: Geeignet sind namentlich: 1. Unterhaltende Bücher, Romane, Novellen, Kalender, Almanachs, Zeitschriften, besonders illustrierte Familienzeitschriften in Bänden oder Heften; 2. Gedichte und Dramen; 3. Volkstümliche belehrende Schriften aus den Gebieten der Geschichte, Länderkunde, Naturwissenschaft, Technik, auch Bücher über Lebens- und Zeitfragen; 4. religiöse Schriften, die für einen Krieger passen. Ungeeignet sind: a) Schlüpfrige und unsittliche Schriften, sogenannte Schundliteratur, und Detektivromane; b) Streitschriften, namentlich solche im Sinne politischer oder kirchlicher Parteien; c) Jugendschriften, die für ein kindliches Alter oder für Mädchen bestimmt sind (Bücher für größere Knaben sind meist zu verwenden);  d) rein wissenschaftliche und gelehrte Bücher. Es sei noch darauf hingewiesen, daß die Krieger Schriften über den Krieg in der Regel nicht mögen. Sie verlangen besonders unterhaltende Schriften, vor allem humoristische, die ihr Gemüt erheitern und ihre Nerven beruhigen. Auch sind allzu große und schwere Bücher nicht erwünscht. Die Gaben werden mit Dank, auch durch die Vermittlung der Buchhandlungen, von der Zentralstelle des Roten Kreuzes entgegen genommen und weiterbefördert.