Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1903

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2. Juli 1903

Atterwasch. Bei herrlichem Wetter, unter lebhafter Beteiligung auswärtiger Freunde der Sache, wurde am Sonntag im hiesigen mit Blumen und Baumgewinden geschmückten Gotteshause das Missionsfest gefeiert. Herr Lehrer Filensky-Atterwasch hatte zur Hebung der Feier Chorgesänge eingeübt. Die Festpredigt hielt Herr Missionsinspektor P. lie. Trittelvitz-Gr. Lichterfelde, von der Ostafrikamission. In der Nachfeier, die im Freien unter einer großen Linde stattfand, sprachen die Herren Pastoren Rupnow-Schenkendorf, Wendt-Strega und der erwähnte Missionsmann. Die Kollekte zum Besten der Heidenmission betrug 135,69 M. Außerdem wurden Schriften aus diesem Gebiet verkauft.

Fernheizung. Nach dem Vorgange amerikanischer Städte ist nun auch in Deutschland, und zwar in Dresden, ein Fernheizwerk errichtet und in Gebrauch genommen worden. Das Dresdener Fernheizwerk ist in einem stattlichen, auch ästhetischen Ansprüchen Rechnung tragenden Gebäude untergebracht. Das in den Kesselanlagen erzeugte heiße Wasser wird mittels Pumpwerke durch Rohrleitungen dem königl. Schloß, den Ministerialgebäuden, dem Hoftheater, den Museen und anderen Gebäuden zugeleitet.


4. Juli 1903

Ziltendorf: Eine Geflügelkrankheit, von der Gänse, Hühner und Puten befallen werden, hat sich von Brieskow und Krebsjauche auch hierher verbreitet. Die davon befallenen Tiere scheinen wohl noch willig zum Fressen zu sein, können aber das aufgepickte Futter nicht mehr hinunterbringen, lassen Kopf und Flügel hängen und nach einigen Tagen verenden die meisten; nur wenige erholen sich wieder. Mancher Besitzer hat von seiner Gänseherde schon bis gegen 20 Stück eingebüßt.


7. Juli 1903

Die Larve eines Käfers, in dem man den den Kartoffelfeldern so überaus gefährlichen Coloradokäfer zu erkennen glaubte, wurde auf einem Kartoffelfelde auf städtischem Terrain gefunden. Nach den Beschreibungen und Abbildungen des Coloradokäfers schien kaum noch ein Zweifel möglich, daß man es hier mit diesem Feinde der Kartoffel zu tun habe. Ein auf diesem Gebiete bewanderter Herr konnte jedoch, nachdem er weitere Entwicklungsstadien der Larve und den daraus entschlüpften Käfer selbst gefunden hatte, feststellen, daß es nur eine unschädliche Art, ein schottischer Marienkäfer war. Hoffentlich wird dieses zur Beruhigung dienen, da sich das Gerücht vom Funde bereits verbreitet hatte.


11. Juli 1903

Verloren und wiedergefunden. Wenn Trauringe verloren gehen, so ist das immer eine recht mißliche Sache. Im Jahre 1867 führte, so schreibt man dem "B. G. A.", der Landwirt Sch. in St. seine Ehehälfte heim. Die junge Frau verlor beim Tränken der Kühe ihren Trauring, der sich wahrscheinlich in der Flüssigkeit unmerklich abgestreift hatte. Alles Suchen und Nachforschen war erfolglos, der Ring blieb verschwunden, und die junge Frau mußte sich in ihren Verlust fügen. Da, am  30. Juni dieses Jahres, also nach 35 Jahren, fand sich auf dem Acker beim Rübenhacken der Ring, an einem Erdklümpchen haftend, aber blank und unversehrt wieder. Eine der Arbeiterinnen war auf das blinkende Ding unter ihrer Hacke aufmerksam geworden und hatte es gefunden. Der Ring hat wahrscheinlich eine natürliche Wanderung durch den Magen einer Kuh mit dem Stalldünger auf den Acker gemacht, ist 35 Mal untergepflügt und mit der oberen Ackerkrume wieder zutage gekommen, ehe ihn ein menschliches Auge wieder entdeckt hat. Die Echtheit des Ringes wurde durch die Prägung der Buchstaben und Jahreszahl unzweifelhaft dargetan. Begreiflicherweise herrscht in der Familie Sch. große Freude über den wiedergefundenen Ausreißer.


17. Juli 1903

Wie in den meisten älteren Städten der Mark und Lausitz befand sich auch hier bis gegen das Ende des 17. Jahrhunderts in der unmittelbaren Umgebung der Hauptkirche der Gottesacker, und wenn auch schon seit Mitte des bezeichneten Jahrhunderts auf dem sogenannten alten Friedhof vor dem Crossener Tor beerdigt wurde, blieben doch die Gräber auf dem jetzigen Marktplatz noch erhalten. Mit wie geringer Pietät aber die alten Grabsteine behandelt wurden, hat sich wiederholt bei Abbruch von Wohngebäuden, namentlich am Markt gezeigt. So sind unlängst wieder an dessen Südseite bei Niederlegung des Konditor Schulzschen Gebäudes teils im Mauerwerk, teils im Boden des Kellers größere Teile von Denkmälern mit wohlerhaltener Schrift und Verzierung gefunden und vom Besitzer dem städtischen Museum geschenkt worden, in dessen Vorraum sie jetzt zu besichtigen sind. Sie zeigen in großer, wohl lesbarer Schrift die damals üblichen ausführlichen Lebensangaben und berichten, bis auf Stunden berechnet, die Lebensdauer. Interessant ist durch die nur in Konturen eingegrabenen Umrisse einer Rittergestalt eine starke Grabplatte wohl des ausgehenden 15. oder beginnenden 16. Jahrhunderts, die im ehemaligen Hotel "Zum Prinzen Karl" (jetzt Bestandteil des Postgebäudes) als Schwellstein benutzt war und nun im Märkischen Museum zu Berlin ausgestellt worden ist. Das älteste Exemplar aber, das Randstück einer Schmalseite des Denksteins, der, wie im 14. und 15. Jahrhundert gebräuchlich war, eine am Rande rings um die Figur umlaufende Inschrift trug, enthielt in fingerlangen, schmalen Buchstaben abgekürzt die Angabe IOHES (d.h. Johannes) DE CHOTEBVZ: er galt also dem Andenken eines Glie-des der einst mächtigen, in Urkunden oft genannten Familie V. Cottbus (Cotabuz), lange Besitzerin der gleichnamigen Stadt. Dieses Stück ist nach älteren hiesigen Angaben früher als Unterlage vor dem Ausguß des Hausbrunnens Königstraße 9 verwendet und beim Umbau des Gebäudes vor einigen Jahrzehnten mitvermauert woden. Es bestand damals hier wie anderwärts weder Interesse für Erhaltung solcher Gegenstände noch eine Stelle für ihre Aufbewahrung.