Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1903

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3. November 1903

Unsere Stadt hatte bereits 1752 4356 Einwohner und im Jahre 1803 5467. Im Jahre 1814 war die Einwohnerzahl auf 6720 gestiegen. Das weitere Anwachsen der Einwohnerzahl zeigt sich aus folgenden Zahlen: 1834: 8652, 1844: 10031, 1854: 12650, 1864: 16618, 1867: 19318, 1871: 21665, 1875: 23824, 1880: 25881, 1885: 26982, 1890: 29828, 1895: 31169, 1900: 33085.

Eine neue und höchst praktische Beförderung von lebenden Fischen ist jetzt seitens der Eisenbahnverwaltung für die Stationen Peitz und Kerkwitz eingeführt worden. Die bisherige Beförderung in Tonnen hat außer der hohen Sterblichkeit der Fische viele Unbequemlichkeiten zur Folge. So mußten die Tonnen stets auf Stationen mit größerem Aufenthalt, um den Fischen die nötige Luft zuzuführen, von dazu bestimmten Personen geschüttelt werden. Jetzt wird in den gewöhnlichen Güterwagen ein wasserdichter Plan mittels Haken an den Seitenwänden befestigt, und an den Schiebetüren, um eine Herausfallen des Plans zu verhindern, mit starken Querleisten befestigt. Ein solch ausgerüsteter Wagen wird dann, nachdem in den Plan Wasser gefüllt ist, der Station zugestellt. Dort können dann die Fische in den so geschaffenen Behältern frei hineingegeben und der Bestimmungsstation zugeführt werden. Sie kommen durch diese Art der Beförderung springlebend auf der Empfangsstation an.


7. November 1903

Das Konzert der ungarischen Zigeuner-Kapelle "Voreoes Lajos" hatte gestern ein sehr zahlreiches Publikum zum Hotel Kronprinz gelockt, das der eigenartigen Musik mit vielem Interesse lauschte. Wie bei diesen Naturmusikern üblich, spielten sie ohne Noten. Ihr Leiter erwies sich in seinem Violinsolo als Meister auf der Geige. Dieser Solovortrag sowie ein Czimbalsolo, vorgetragen von einem Mitglied der Kapelle, wurden stürmisch applaudiert und die Vortragenden mußten sich zu Einlagen verstehen. Die Eigenartigkeit der Musik mag manchen zum Besuch des Konzertes veranlaßt haben, sehr zu wünschen wäre, wenn den Konzertender hiesigen Kapellen gleiches Interesse entgegengebracht würde.

Ein komischer Zwischenfall ereignete sich bei einer Taufe in der Londoner Vorstadt. Der Geistliche war offenbar nicht ganz mit den Qualifikationen für die Würde der Patenschaft bei einem der Anwesenden zufrieden, und machte seinem Mißtrauen in den nicht sehr freundlichen aber wahrscheinlich wohlbegründeten Worten Luft: "Sie sind zu jung, um Pate zu stehen, " worauf der angeredete Jüngling bescheiden erwiderte: "Bitte sehr, ich will auch gar nicht Pate stehen, ich bin doch nur der Vater."


10. November 1903

Der Fernsprechverkehr zwischen Guben und München ist zugelassen worden. Die einfache Gesprächsgebühr beträgt 1 Mark.


11. November 1903

Bahndamm Guben – Forst: Man hatte gehofft, bis zum November die Erdarbeiten zu vollenden, es wird jedoch noch einige Zeit vergehen, ehe die Strecke vollständig aufgeschüttet sein wird. Freilich liegt das nicht an dem Unternehmer, sondern an den widrigen Verhältnissen; es dauerte länger, als man erwartet hatte, bis mit allen Grundbesitzern ein Einvernehmen erzielt war, wodurch der Unternehmer genötigt war, an mehreren wichtigen Stellen die Arbeit zu unterbrechen und eine neue Teilstrecke zu beginnen. Mit fieberhafter Tätigkeit wird mit Unterstützung einer Dampfmaschine am Bahnhof in Schlagsdorf gearbeitet, um hier die hohen Erdaufschüttungen zu vollenden, sind doch nicht weniger als 15 000 cbm Erdmassen notwendig, um hier den Damm zur erforderlichen Höhe zu bringen.  Da nun auch nach Guben zu über Gubinchener Feldmark gearbeitet wird, so wird die Verbindung mit der Cottbuser Strecke und dadurch mit dem Bahnhof Guben bald hergestellt sein. Von Schlagsdorf müssen die Arbeiten nochmals nach Groß-Gastrose weitergeführt werden, da auch hier noch an 6000 cbm Erdmassen bewegt werden müssen, um den Damm herzustellen. Eine schwere Stelle ist noch auf dem Taubendorfer Gebiet zu überwinden, wo der Untergrund vollständig sumpfig ist und das Wasser erst abgeleitet werden muß. Interessant ist hinter dieser Stelle eine starke Schutzmauer in der Länge von einigen 70 m, die am Fuße eines vorstehenden Berges gezogen worden ist, um den Bahndamm bei starken Regengüssen vor herabstürzenden Sandmassen zu schützen. Jedenfalls ist diese Vorsicht sehr geboten, um die Bahn an jener Stelle vor einer Katastrophe zu bewahren. Zwischen Briesnigk und Horno wird sogar mit zwei Dampfmaschinen und einer Kolonne von 200 Mann gearbeitet, um die Aufschüttungen zu vollenden. Sollte das Wetter noch längere Zeit mild bleiben, so wird man in nicht mehr allzulanger Zeit die Strecke vollständig aufgeschüttet haben. Hat man doch in Forst schon mit dem Oberbau begonnen und ist mit demselben bis Eulo fortgeschritten. Die Bahnhofsgebäude in Schlagsdorf, Groß-Gastrose, Grießen und Briesnigk sind alle schon gerichtet und teilweise auch eingedeckt. Es sind schmucke, mit Dienstwohnungen versehene Häuser, welche der ganzen Bahnhofsanlage und auch den Orten zur Zierde gereichen. Neu ist wohl die Einrichtung, dass dem Hauptgebäude sich gleich der Güterschuppen anschließt und man aus dem Dienstraum sofort in denselben gelangen kann. Mögen die Arbeiten rüstig fortschreiten, damit die langersehnte Bahn endlich ihrer Vollendung entgegengeht.


17. November 1903

Die verspielte Ehefrau: In Krakau hatte ein leidenschaftlicher Kartenspieler all sein Bargeld verspielt und zum Schluß - seine anwesende Ehefrau. Als der glückliche Gewinner aufstand, um sein Recht geltend zu machen, empfing ihn die verspielte Frau mit so fürchterlichen Ohrfeigen, daß er sofort freiwillig auf alle Gewinnrechte verzichtete. Als dies erledigt war, wandte sich die energische "Frauenrechtlerin" an ihren Eheherrn und richtete ihn derartig zu, daß die beiden Männer sich in der Unfallstation verbinden lassen mussten.


18. November 1903

Friedland: Bei der Sonnabend in Reudnitz abgehaltenen Treibjagd wurden in dem 3000 Morgen großen Revier von zwölf Schützen 118 Hasen, 70 Kaninchen und zwei Katzen geschossen.


21. November 1903

Zur Verhütung des Einfrierens der Wasserleitungen wird folgendes Verfahren empfohlen: Man bedeckt die dem Froste ausgesetzte Rohrleitung mit einer dünnen Schicht von Stroh, Sägespänen oder Gerberlohe. Hierauf gibt man eine Schicht faustgroßer Stücke ungelöschten Kalks und darauf wieder eine dicke Lage irgend eines schlechten Wärmeleiters. Die ersterwähnte Schicht hat hauptsächlich den Zweck, die metallische Rohrleitung vor der Berührung mit dem ungelöschten Kalk und damit vor einer etwaigen chemischen Einwirkung zu schützen. Eine solche Packung schützt den betreffenden Rohrstrang den ganzen Winter hindurch vor der Gefahr des Einfrierens und dem meist hierdurch bedingten Bersten. Dasselbe Verfahren läßt sich auch anwenden, sobald es sich um das Auftauen einer Rohrteilstrecke handelt, wenn man sich aus irgend welchen Gründen nicht einer freien Flamme bedienen will oder kann. Man braucht nur den Rohrstrang mit ungelöschtem Kalk zu umgeben und diesen mit Wasser zu benetzen. Die dann frei werdende Wärmemenge genügt, um das Auftauen des Wassers in der Rohrleitung zu bewirken


26. November 1903

Corona-Schröter-Denkmal: In der gestern im Schützenhause abgehaltenen Sitzung des Komitees zur Errichtung eines Corona Schröter-Denkmales hierselbst wurde der Beschluß gefaßt, daß die Büste von Corona Schröter aus weißem Marmor, der Sockel zu derselben aus farbigem Granit hergestellt werden soll. Die Anfertigung des ganzen Denkmals wird dem Kunstbildhauer Professor Carl Danndorf-München, einem Künstler ersten Ranges in seinem Fach, dessen bildhauerische Werke in Berlin, Weimar usw. längst gerechte Bewunderung gefunden haben, übergeben. Das Denkmal wird bekanntlich auf dem nach der Neiße zu gelegenen freien Platze vor dem Theater errichtet.


27. November 1903

Der Name des Künstlers, dem die Ausführung des Corona Schröter-Denkmals übertragen wird, ist gestern entstellt wiedergegeben worden. Er heißt nicht Danndorf, sondern Donndorf.