Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1907

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3. April 1907

Die Ostertage brachten uns wirkliches, echtes Frühlingswetter, wie man es noch vor einer Woche nicht erhofft hatte. Blau und wolkenlos strahlte der Himmel, den etwas kühlen Ostwind nahm man dabei gerne in Kauf. Es war herrliches Wanderwetter, das die Menschheit ins Freie lockte. In Scharen strömten denn auch die Stadtbewohner hinaus, und in den Berggassen wimmelte es von Menschen wie nur je an einem Baumblütensonntage. Die Vegetation ist noch außerordentlich zurück. Erst einzelne Sträucher zeigen unter der Wirkung der letzten Sonnentage einen grünlichen Knospenflor. Aber nur getrost, wenige Wochen nur und das alte, so oft gesehene und doch immer wieder gepriesene Bild der Wiederverjüngung der Natur zeigt sich der Menschheit aufs Neue.

Die Bergtreppe zwischen Achenbachstraße und Neißestraße wird von Spaziergängern und Anwohnern bereits viel benutzt. Auf 17 Podesten und 136 Stufen erreicht man die Höhe der kleinen Neißestraße. Der Aufstieg ist allerdings in Anbetracht der stattlichen Stufenzahl etwas unbequem, trotzdem stellt die Bergtreppe eine sehr erwünschte Verbindung dar.


13. April 1907

Ein Schiedloer Faust. Das innerhalb der nächsten Jahre verschwindende Dorf Schiedlo hat, wie so manche andere Ortschaft, seinen Spuk-, Zauber- und Hexenmeister gehabt. Er hieß Strohwald, war seines Zeichens ein Schiffer und lebte nach dem dreißigjährigen Kriege. Wenn zur Winterszeit die Schiffahrt auf dem Oderstrome und der Neiße ruhte, wohne  er im Dorfe bei Blümchens (so hießen die Besitzer eine Kossätenwirtschaft). Seine schwarze, unheimliche Kunst schöpfte er aus dem dickleibigen, geheimnisvollen Zauberbuche, das er wie seinen Augapfel hütete. Von seinen neckischen und boshaften  Streichen, seinen Wunderkuren und Künsten weiß man noch heute im Dorfe viel Gruseliges zu erzählen. Da er sich dem „Bösen“ verschrieben hatte, ist seine schwerbeladene  Seele vom Teufel geholt worden. In dem Kiefernwalde zwischen Rampitz und Kräsem fand man ihn eines Tages, entseelt und gräulich anzusehen, auf einem Steine sitzend. Sein Zauberbuch, nach dem man bis zum heutigen Tage vergeblich geforscht hat, hofft man immer noch zu finden.

Gr.-Drewitz. (Schulneubau.) Der hiesige Schulhausneubau, der bereits im vorigen Jahre beschlossen und dessen baldige Ausführung infolge des Bauzustandes und der Räumlichkeiten des jetzigen Schulhauses ein dringendes Bedürfnis ist, soll nach einer jetzt hier eingetroffenen Regierungs-Anordnung sobald als irgend möglich in Angriff genommen werden,. Nachdem das Anerbieten unseres Gutsherrn, das alte Schulgrundstück ganz oder teilweise zu erwerben und eine andere Baustelle zur Verfügung zu stellen, nicht berücksichtigt werden konnte. Das neue Schulhaus soll an der Seite des Schulgrundstücks  aufgeführt werden, wo der Weg nach Henzendorf führt. Dadurch wird es möglich, das jetzige Schulhaus bis zur Fertigstellung des  neuen zu benutzen. Die neue Schulklasse soll besonderen Eingang und Raum für 80 Kinder erhalten. Die Lehrerwohnung besteht im Erdgeschoß aus Küche und drei Stuben, im Dachgeschoß aus einer Stube mit mehreren Kammern und im Kellergeschoß aus Back- und Waschküche.- Zu den Baukosten hat die Staatsregierung eine Beihilfe von 10 000 M. bewilligt.


14. April 1907


19. April 1907

Mit dem Bau des Bismarckturms wird demnächst begonnen werden. Gestern war das Komitee zu einer Sitzung zusammengetreten, an der auch der Architekt Beyer, dessen Entwurf zur Ausführung gelangen soll, teilnahm. Die Arbeiten sollen in den nächsten Tagen ausgeschrieben werden. Morgen wird der Zufuhrweg zum Bauplatz vom Nachtigallenweg aus ausgemessen und abgesteckt werden. – Der Turm wird eine Höhe von 26 Meter erhalten. Oben wird ein Feuerbecken angebracht, von dem aus alljährlich am 1. April die hochlodernde Flamme weithin ins Land leuchten wird.  Unter dem Becken wird ein Rundgang angelegt, von dem aus man einen herrlichen Rundblick nach allen Seiten genießen wird. Es ist erwünscht, daß noch weitere Beiträge für den Turmbau eingehen. Für den Herbst d. J. sind Kriegsspiele in Aussicht genommen, deren Ertrag diesem Zweck zu gute kommen soll.


30. April 1907

Die Baumblüte, die im vorigen Jahre ungewöhnlich früh eintrat, kommt in diesem Jahre ungewöhnlich spät. Obwohl an den frühblühenden Bäumen die Knospen allmählich überall herauskommen, wurde im April noch nirgends von Baumblüte etwas wahrgenommen, eine für unsere Berge ungewöhnliche Erscheinung, denn in günstigen Jahren blühten oft schon Ende März Aprikosen und frühe Kirschen Anfang April. In diesem Jahre werden spätere Sorten, namentlich Aepfel, selbst bei günstiger Witterung, kaum viel vor Pfingsten blühen.