1907
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember3. November 1907
Vom Bismarckturm. Der geschäftsführende Ausschuß des Bismarckturm-Komitees trat gestern zu einer Sitzung zusammen. Nach einem Bericht über die bisherigen Arbeiten beschäftigte sich das Komitee mit der Frage der Beschaffung weiterer Geldmittel, da die zur Verfügung stehenden Mittel noch nicht ausreichen. In Aussicht genommen wurde u. a. eine Aufführung im Stadttheater, worüber später weiteres mitgeteilt werden wird. Der äußere Bau des schon jetzt, obwohl noch einige Meter an seiner festgesetzten Höhe fehlen, imposant wirkenden und von weit her sichtbaren Turmes wird, wenn das Wetter es zuläßt, voraussichtlich noch im Laufe des Herbstes vollendet werden. Der Tag der Einweihung ist noch nicht festgesetzt. Auf den nächsten Geburtstag Bismarcks, den 1. April 1908, hat man verzichtet, weil der innere Ausbau bis dahin schwerlich vollendet sein wird, auch die Jahreszeit für eine Feier im Freien, noch dazu an so exponierter Stelle, nicht sehr geeignet erscheint. Voraussichtlich wird Anfang Juni die Einweihungsfeier stattfinden können. Der Turm wird als Wahrzeichen Gubens weit ins Land hinausragen, seine Spitze wird 6 Meter über die Ulrichshöhe hinausragen.
11. November 1907
An das kunstsinnige Publikum der Stadt Guben
Seit dem Jahre 1891, also vor 10 Jahren, zu welcher Zeit mir die Ehre zu Teil wurde, das hiesige Stadt-Theater zu übernehmen, sind die Preise für die Duzendkarten immer dieselben geblieben, obwohl die Anforderungen des Publikums, vor allen Dingen aber die Honorarforderungen der Künstler und Autoren sich von Jahr zu Jahr gesteigert haben.
Zu keiner Stadt von der Größe und Bedeutung Gubens, mögen die künstlerischen Darbietungen des Theaters noch zu geringwertig sein, bestehen erwiesenermaßen so kleine Eintrittspreise für die Duzendkarten wie hier; infolgedessen haben bereits mehrfach hervorragende Kräfte erklärt, sie kämen sehr gern wieder nach Guben, wo Publikum und Direktion ihnen überaus sympathisch wären, aber die zu erzielenden Einnahmen ständen in keinem Verhältnis zu den Offerten anderer Städte von gleicher Größe.
Das kunstsinnige Publikum wird es daher wohl nicht mehr als gerecht finden, wenn die Preise für die Duzendkarten etwas erhöht werden, damit die künstlerischen Leistungen auf der jezigen Höhe erhalten bleiben und der gute Ruf, dessen sich Guben in der ganzen Theaterwelt erfreut, nicht verloren geht.
Mit der höflichen Bitte, dass bisher meiner Direktionsführung geschenkte Vertrauen und Wohlwollen mir auch ferner hin gütig bewahren zu wollen, zeichnet
Hochachtungsvoll
Sascha Hänseler
13. November 1907
Prinz Eitel-Friedrich als Pate. Dem Ziegelmeister Neumann in Germersdorf ist im Sommer dieses Jahres von seiner 42jährigen Ehefrau das 17. Kind geboren worden, der 10. Knabe. Prinz Eitel-Friedrich hat eine Patenstelle bei diesem Knaben angenommen. Von diesen 17 Kindern ist ein Knabe gestorben, während neun Knaben und 7 Mädchen am Leben sind.
15. November 1907
Gestern feierte die städtische höhere Töchterschule ihr fünfzigjähriges Bestehen… Etwa 20 Jahre lang waren mit der mittleren Bürgerschule drei Selektaklassen verbunden, die das Bildungsbedürfnis der Töchter besserer Stände Gubens zu befriedigen hatten. Das Schulgeld betrug 21 bis 33 M jährlich. Auf Drängen der königl. Regierung wurden 1857 die Selektaklassen von der Bürgerschule getrennt und in dem Hause Lindengraben 18 untergebracht. Am 13. November 1857 fand die Einweihung der neuen Töchterschule statt. Die Leitung der Anstalt übertrug der Magistrat der Frau Mackentum und als Lehrkräfte stellt er Fräulein Alisch und die Herren Wirth und Ehrmann ein. Die Schule machte gute Fortschritte, denn bald mußte eine vierte Klasse errichtet werden; auch führte man in der ersten Klasse den englischen Unterricht ein. Als im Jahre 1864 die mittlere Bürgerschule an das Gymnasium angegliedert wurde, übertrug der Magistrat dem bisherigen Rektor der Bürgerschule, Herrn Vogel, die Leitung der Töchterschule. 1868 wurden ihr die bis dahin vom Gymnasium benutzten Räume des Hauses Schulstraße 15 überwiesen. Hier entwickelte sich die Anstalt bald zu einer achtklassigen Schule mit 341 Schülerinnen. Leider beeinträchtigte die Überfüllung einzelner Klassen oft die Erfolge des Unterrichtes; daher gründeten einige Bürger der Stadt eine Privatschule, die der städtischen Töchterschule viele Schülerinnen entzog. Herr Direktor Dupré, der von 1879 bis 1901 die Schule leitete, versuchte die Anstalt neunklassig zu machen, er richtete eine Selekta ein, die aber wegen zu geringer Schülerinnenzahl wieder einging. Als vor drei Jahren die Privatschule aufgelöst wurde und deshalb die Zahl der Schülerinnen der Töchterschule auf 372 stieg, konnte der Herr Direktor Kluth die neunte Klasse in das Schulsystem einfügen. Noch eine 10. Klasse der Schule aufzusetzen, ist vorläufig nicht möglich, da wie ein Versuch gezeigt hat, die Beteiligung zu gering ist. Die Zahl der Schülerinnen beträgt jetzt 350…
23. November 1907
Am Dienstag abend wurde in der Gubener Stadtforst ein Seeadler im Fuchseisen durch den Förster Thiele und den Forstaufseher Müller gefangen. Der Raubvogel hat eine Flügelspannung von 2,10 Meter.
24. November 1907
Gr.-Drewitz. (Neubau des Schulgehöfts.) Der erst im Laufe dieses Jahres in Angriff genommene Neubau des hiesigen Schulgehöfts ist vor kurzem fertiggestellt und mußte, weil der Unterricht im Gasthofe wegen der Raumverhältnisse namentlich im Winter schwierig ist, schon in Benutzung genommen werden. Das neue Schulgehöft, das der Bauunternehmer Karl Triebke aus Frankfurt a. O. ausgeführt hat, macht in seiner gefälligen Bauart einen guten Eindruck und hat auch eine ausreichende Lehrerwohnung. Die gesamten Baukosten belaufen sich auf rund 17 800 M, wozu die königliche Regierung eine Staatsbeihilfe von 10 000 M gewährte, unser Gutsherr als Entschädigung für das herzugebende Bauholz ca. 2400 M und die Gemeinde 3300 M beigetragen hat….
30. November 1907
Taubendorf. (Eisenbahnhaltestelle.) Die in Gemeinschaft mit den Markersdorfer Einwohnern unternommenen Bemühungen auf Errichtung einer Personen-Haltestelle in der Nähe unseres Ortes an der Eisenbahn Guben-Forst scheinen in nächster Zeit Aussicht auf Erfolg zu haben. Wie wir in Erfahrung gebracht haben, sind von der königlichen Eisenbahndirektion Halle a. S. bereits Verhandlungen über die Errichtung eines Personenhaltepunktes zwischen den Stationen Gr.Gastrose und Grießen bei K. 18 ½ eingeleitet worden.